Zahlung der vollen Miete trotz coronabedingten Umsatzeinbußen?

Michael PeusMichael Peus

BGH, Urteil vom 13.07.2022 – XII ZR 75/21

 

Sachverhalt

Die Beklagte hat von dem Kläger für knapp 3.500 Euro monatlich ein Ladenlokal gemietet, das sie für ein Café nutze. Dieses musste sie aufgrund der Coronaschutzverordnung vom 22. März 2020 bis zum 19. April 2020 schließen. Daraufhin forderte sie den Vermieter im Mai 2020 zu einer befristeten Anpassung des Mietvertrags in Höhe von 20 % auf, da die Mieterin der Ansicht war, sie müsse wegen der erheblichen Umsatzeinbußen aufgrund der behördlichen Maßnahmen die Miete nicht in voller Höhe zahlen. Eine Vertragsanpassung wies der Vermieter jedoch zurück und fordert nun die Zahlung der restlichen Miete aus Mai 2020 in Höhe von 627 Euro.

 

Entscheidung

Zuvor hatten das AG und LG Düsseldorf der Beklagten ein Recht auf Minderung abgesprochen. Die hoheitlichen Beschränkungen zur Eindämmung der Pandemie würden sich nicht gegen die Vermietung von Räumen, sondern gegen die Öffnung für den Publikumsverkehr richten. Gegen dieses Urteil legte die Mieterin beim BGH Revision ein, jedoch ohne Erfolg.

Der BGH schließt sich den Vorinstanzen an. Nach § 535 II BGB habe der Vermieter gegen die Mieterin einen Anspruch auf Zahlung der restlichen Miete für den Monat Mai. Die Miete wurde weder gemindert gem. § 536 I BGB, noch sei die Mieterin aufgrund von Unmöglichkeit nach §§ 275 I, 326 I BGB von ihrer Zahlungspflicht befreit.

Des Weiteren stehe der Mieterin auch keine Anpassung des Mietvertrages aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 I BGB zu. Ein Umsatzrückgang von 20 % im Monat Mai würde noch keine Unzumutbarkeit der vollständigen Zahlung der geschuldeten Miete begründen. Zudem habe die Mieterin nicht erklärt, inwieweit sie durch staatliche Hilfen und notwendige Kurzarbeit Lohnkosten gespart hatte.

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Begründung des Wiedereinsetzungsantrags

Michael PeusMichael Peus

BGH, Beschl. v. 28.07.2022 – III ZB 65/21

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Wiedereinsetzungsantrag muss eine substantiierte, in sich schlüssige Darstellung der entscheidungserheblichen Tatsachen enthalten. Hierzu zählen auch Angaben, worin das Versehen, auf dem die Fristversäumnis beruht, besteht.

 

Sachverhalt

Der Kläger legte form- und fristgerecht Berufung ein. Die Berufungsbegründung ging beim Oberlandesgericht über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach ein, jedoch war diese mit einer ungültigen qualifizierten elektronischen Signatur des Prozessbevollmächtigten versehen. Im gerichtlichen Prüfprotokoll hieß es: „Die mathematische Prüfung der Signatur ist fehlgeschlagen. Die Inhaltsdaten oder die Signatur wurden nach der Signatur verändert.“

Nach einem Hinweis des Gerichts, beantragte der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und führte zur Begründung aus, dass die Fristversäumung auf einem Versehen einer stets zuverlässigen, regelmäßig geschulten und stichprobenartig überprüften Kanzleiangestellten beruhe. Sie habe die Berufungsbegründung nach der Signierung durch den Prozessbevollmächtigten und die Signaturdatei per beA an das Gericht geschickt und den Sendebericht kontrolliert. Dieser wies aus, dass die Berufungsbegründung übersandt worden war. Fehler waren hieraus nicht ersichtlich.

Das Oberlandesgericht wies den Wiedereinsetzungsantrag zurück und verwarf die Berufung als unzulässig. Eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Berufungsbegründung sei innerhalb der Frist nicht eingegangen. Der eingereichte Schriftsatz genüge den Voraussetzungen des § 530 Abs. 5 i.V.m. 130a Abs. 1 und 3 ZPO nicht. Gem. § 130a Abs. 3 ZPO muss ein elektronisches Dokument über einen sicheren Übermittlungsweg eingereicht und eine qualifizierte elektronische Signatur enthalten. Die Signatur sei nach dem Prüfungsprotoll ungültig. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht zu gewähren, da ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten nach dem klägerischen Vortrag nicht ausgeschlossen sei. Worin das Versehen der Angestellten zu sehen sei, werde nicht dargelegt. Weiterhin fehle es an Angaben, wie es zu der fehlerhaften Signatur kam und wer dafür verantwortlich sei, dass das Dokument nach der Signatur noch verändert wurde.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.

 

Entscheidung

Der BGH verwarf die Rechtsbeschwerde als unzulässig.

Es fehlt an einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Berufungsbegründung, da keine gültige qualifizierte elektronische Signatur vorlag.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist gem. § 233 ZPO zu gewähren, wenn das Fristversäumnis nicht auf einem Parteiverschulden beruht. Dabei wird das Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Partei gem. § 85 Abs. 2 ZPO zugerechnet.

Der Wiedereinsetzungsantrag muss die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten, § 236 Abs. 2 S. 1 ZPO. Hierfür ist eine verständliche, geschlossene Schilderung der Abläufe erforderlich, aus der sich ergibt, worauf das Fristversäumnis konkret beruht und auf wie und durch wessen Verschulden es dazu kam. Wenn auch nur die Möglichkeit besteht, das das Fristversäumnis auf einem Verschulden des Prozessbevollmächtigten beruht, kann keine Wiedereinsetzung gewährt werden.

Daher kann vorliegend keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Der Wiedereinsetzungsantrag enthält keine substantiierte, in sich schlüssige Darstellung der entscheidungserheblichen Tatsachen. Es fehlen Angaben dazu, worin das Versehen der Kanzleiangestellten bestanden haben soll.

Es ist nicht erwähnt, dass es sich um einen für den Benutzer nicht ersichtlichen technischen Fehler gehandelt haben könnte. Eine technische Fehlerursache, die in den Verantwortungsbereich des Gerichts fällt oder auf das Übermittungsmedium zurückzuführen ist, kann nicht ohne Weiteres angenommen werden.

Deshalb kann nicht ausgeschlossen werden, dass den Prozessbevollmächtigten ein (Mit-)Verschulden trifft, dass das Dokument nach der Signatur entsprechend dem Prüfprotokoll verändert worden ist und die Signatur deshalb ungültig war.

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Hinterbliebenengeld (XVIII) im Mordfall

Michael PeusMichael Peus

zur tabellarischen Übersicht Stand 08/2022zur textlichen Darstellung, Stand 08/2022

LG Amberg, Urt. v. 19.08.2021 – 11 Ks 100 Js 6315/20

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die Bemessung des Hinterbliebenengeldes sind die persönlichen Kontakte und Verhältnisse zwischen Antragsteller und Verstorbenem maßgeblich.

 

Sachverhalt

Nach einem zweifachen Mord (27.06.2020) verlangen der erwachsene Sohn einer Getöteten und die erwachsene Tochter eines anderen Getöteten ein angemessenes Hinterbliebenengeld gem. § 844 Abs. 3 BGB.

 

Entscheidung

Das Landgericht spricht dem Mann für den Verlust seiner Mutter ein Hinterbliebenengeld i.H.v. 12.500€ und der Tochter für den Verlust ihres Vaters ein Hinterbliebenengeld i.H.v. 10.000€ zu.

Seine Bemessung stützt das Gericht auf die persönlichen Kontakte und Verhältnisse, differenziert ausschließlich anhand der anerkannten Kriterien und zeigt mit der unterschiedlichen Bemessung, dass es auch bei dem faktisch selben Haftungssachverhalt in der haftungsausfüllenden Kausalität zu Unterschieden bei identischem Verwandtschaftsverhältnis kommen kann:

Der Sohn hatte zu seiner Mutter regelmäßigen, persönlichen Kontakt und war oft zu Besuch, insb. sonntags zum Mittagessen. Weiterhin bestand bei Familienfesten ein persönlicher Kontakt. Zuletzt trafen sie sich an beiden Wochenenden vor der Tat, wohnten jedoch nicht mehr in einem gemeinsamen Haushalt.

Die Tochter lebte ebenfalls nicht mehr mit ihrem getöteten Vater in einem gemeinsamen Haushalt. Zwar bestand regelmäßiger Kontakt; in den letzten Jahren fanden aber keine persönlichen Treffen statt. Der Kontakt beschränkte sich bis Januar 2020 auf monatliche Telefonate bzw. Textnachrichten. Ab Januar 2020 wurde der Kontakt etwas enger und sie telefonierten/schrieben sich wöchentlich.

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Hinterbliebenengeld (XVII) bei Partnerschaften

Michael PeusMichael Peus

zur tabellarischen Übersicht Stand 08/2022zur textlichen Darstellung, Stand 08/2022

LG Münster, Urt. v. 07.09.2020 – 2 Ks-30 Js 119/20-06/20 

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Hinterbliebenengeld kann trotz einer kurzen Dauer einer Partnerschaft zugestanden werden; indes ist es moderat zu bemessen.

 

Sachverhalt

Die Partnerin des 22-jährigen Verstorbenen beantragt gem. § 844 Abs. 3 BGB Hinterbliebenengeld i.H.v. 3000€. Dieser wurde von ihrem Ex-Mann mit einem Messer in Tötungsabsicht angegriffen und starb an den Verletzungsfolgen. Die Beziehung dauerte bis zum Zeitpunkt des Todes des Partners zwei Monate an.

 

Entscheidung

Das LG Münster verurteilte den Ex-Mann der Antragstellerin wegen Totschlags gem. § 212 StGB und sprach ihr antragsgemäß ein Hinterbliebenengeld i.H.v. 3.000€ zu. Zu den Bemessungsgründen des führte es aus, dass ein Hinterbliebenengeld i.H.v. 3.000€ aufgrund der vergleichsweise kurzen Dauer der Beziehung angemessen sei.

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Hinterbliebenengeld – Darstellung (Stand 08/2022)

Michael PeusMichael Peus

zur tabellarischen Übersicht 08/2022

Die Regelungen zum Hinterbliebenengeld wurden am 17.07.2017 in dem „Gesetz zur Einführung eines Anspruchs auf Hinterbliebenengeld‟ vom Bundestag beschlossen. So heißt es in § 844 Abs. 3 BGB:

(3) Der Ersatzpflichtige hat dem Hinterbliebenen, der zur Zeit der Verletzung zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stand, für das dem Hinterbliebenen zugefügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Ein besonderes persönliches Näheverhältnis wird vermutet, wenn der Hinterbliebene der Ehegatte, der Lebenspartner, ein Elternteil oder ein Kind des Getöteten war.

 

1. normative Grundlagen

In verschiedenen Gesetzen wurde diese Regelung eingeführt:

  • § 844 III BGB (Bürgerliches Gesetzbuch),
  • § 86 III AMG (Arzneimittelgesetz),
  • § 32 IV GenTG (Gentechnikgesetz),
  • § 7 III ProdHaftG (Produkthaftungsgesetz),
  • § 12 III UmweltHG (Umwelthaftungsgesetz),
  • § 28 III AtG und § 15 III AtG (Atomgesetz),
  • § 10 III StVG (Straßenverkehrsgesetz),
  • § 5 III HaftPflG (Haftpflichtgesetz),
  • § 35 III LuftVG und
  • § 72 VI LuftVG (Luftverkehrsgesetz).

 

2. zeitlicher Anwendungsbereich

Die Überleitungsvorschrift findet sich im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch unter Art. 229 § 43 EGBGB. Diese Regelungen gelten für zum Tod führende Verletzungen, die nach dem 22.07.2017 eingetreten sind. Hinterbliebenengeld kommt somit in Betracht für Sachverhalte, in denen die zum Tod führende Verletzung ab dem 22.07.2017 eingetreten ist (zutreffend: OLG München; Anwendungsbereich verkannt: LG Limburg). Wie das OLG Düsseldorf verdeutlicht, hat die Einführung des Hinterbliebenengeldes auch keine mittelbare Auswirkung auf alte Sachverhalte vor Einführung des Hinterbliebenengeldes. Auch der BGH bestätigt, dass über den Sinn und Zweck des Hinterbliebenengeldes hinaus keine neuen gesetzgeberischen Intentionen unterstellt werden können; damit verbleibe es dabei, dass Geldentschädigungsansprüche wegen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts im Grundsatz nicht vererblich seien (BGH im Teil-Urteil vom 29.11.2021, VI ZR 258/18).

 

3. Ausschluss nach SGB VII !

Die Frage war umstritten. Nunmehr hat der BGH (VI ZR 3/21) entschieden, dass eine Privilegierung des Schädigers nach §§ 104, 105 SGB VII auch zu einem Ausschluss des Anspruchs auf Hinterbliebenengeld führt. Damit gelangte der Bundesgerichtshof zum selben Ergebnis, wie wir bereits vertreten haben. Dem OLG Koblenz erteilt der BGH mithin eine klare Absage und teilt die Rechtsansicht des LG Koblenz und LG Mainz, weiter dazu hier.

 

4. Bemessungskriterien

Hinterbliebenengeld (§ 844 Abs. 3 BGB oder § 10 Abs. 3 StVG) fügt sich der Höhe nach in den gesetzgeberisch vorgesehenen Rahmen bzw. die bisherigen Entscheidungen zum Schmerzensgeld ein. Entsprechend der Rechtsprechung zum Schmerzensgeld muss ein Anspruchsteller nur einen Mindestbetrag fordern, ohne dass das Gericht durch diesen an einer höheren Bewertung gehindert wäre (vgl. LG München II). Darin liegt kein Verstoß gegen § 308 Abs. 2 ZPO (ne ultra petita).

Eine wirtschaftliche Abhängigkeit zu dem verstorbenen Elternteil bleibt bei der Bemessung des Hinterbliebenengeldes unberücksichtigt. Zudem kann das Hinterbliebenengeld nicht mit Härteleistungen für Opfer terroristischer und extremistischer Taten verglichen werden, welchen bei Verlust eines Elternteils die Möglichkeit der Zahlung von Härteleistungen in Höhe von pauschal 30.000 € zusteht. Bei diesen Entschädigungen handelt es sich um eine freiwillige und besondere Solidaritätsleistung des Staates und entspricht daher schon nicht dem Regelungszweck des Hinterbliebenengeldes (vgl. OLG Köln, Urteil vom 05.05.2022 – 18 U 168/21).

Falls ein Geschädigter (auch) Schmerzensgeldansprüche besitzt, erhöht das Vorliegen beider Anspruchsgrundlagen nicht den Gesamtanspruch. Vielmehr geht sonst der eine Anspruch in dem anderen auf bzw. ist der Anspruch auf Hinterbliebenengeld in der Höhe subsidiär, vgl. LG BonnLG Regensburg, OLG Koblenz und OLG München.

Ein Mitverschulden des Verstorbenen ist anspruchsmindernd (bis anspruchsausschließend, LG Limburg; arg. ex. OLG Hamm, Beschluss vom 08.03.2022 – 9 U 157/21) zu berücksichtigen, vgl. OLG Koblenz.

 

5. Angehörige: auch der Nasciturus!?

Was ist mit Hinterbliebenengeld für ein zum Verletzungszeitpunkt gezeugtes, aber noch nicht geborenes Kind? Nach dem Gesetzestext ist auf den Zeitpunkt der Verletzung abzustellen:

„Der Ersatzpflichtige hat dem Hinterbliebenen, der zur Zeit der Verletzung zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stand, für das dem Hinterbliebenen zugefügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Ein besonderes persönliches Näheverhältnis wird vermutet, wenn der Hinterbliebene der Ehegatte, der Lebenspartner, ein Elternteil oder ein Kind des Getöteten war.‟
vgl. z.B. § 844 Abs. 3 BGB

Nach § 1 BGB beginnt die Rechtsfähigkeit des Menschen mit der Geburt. Entsprechend den hiesigen Erwägungen in der Übersicht 07/2021 hat das OLG München entschieden, dass dem Nasciturus kein Hinterbliebenengeld zusteht.

 

6. Exkurs: Strafrecht

Falls ein Angehöriger einen Anspruch auf Hinterbliebenengeld hat, ist er in einem Strafverfahren gegen den Schädiger Verletzter im Sinne des § 403 StPO (Geltendmachung eines Anspruchs im Adhäsionsverfahren), vgl. BGH im Beschluss vom 05.09.2019 – 4 StR 178/19. Er ist jedoch kein Verletzter im Sinne des § 46a StGB (Täter-Oper-Ausgleich, Schadenswiedergutmachung), vgl. BGH im Beschluss vom 06.06.2018 – 4 StR 144/18.

 

7. Höhe
zur tabellarischen Übersicht 08/2022

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Hinterbliebenengeld – Übersicht (Stand 08/2022)

Michael PeusMichael Peus

zur allgemeinen textlichen Darstellung

Betrag Näheverhältnis Bemessungsgründe Haftungsgrund Gericht
0 Nasciturus (Vater verstarb vor der Geburt)
kein Näheverhältnis
Nasciturus ist nach § 1 BGB noch nicht rechtsfähig; eine Ausnahme – wie in § 844 Abs. 2 BGB – hat der Gesetzgeber nicht gemacht; von einer ungewollten Regelungslücke ist nicht auszugehen. Verkehrsunfall in 2017 OLG München im Endurteil vom 05.08.2021, Az. 24 U 5354/20
0 Sohn einer Getöteten kein Anspruch auf Hinterbliebenengeld wegen des zeitlichen Anwendungsrahmens (ab 22.07.2017) Krebsbehandlung in 2015 OLG München im Endurteil vom 25.03.2021, Az. 1 U 1831/18
[eingefügt 17.09.2021]
0 Mutter einer Getöteten kein Anspruch auf Hinterbliebenengeld, weil Schmerzensgeldanspruch höher ist und dem Hinterbliebenengeld vorgeht Mord am 29.06.2019 LG Bonn, Urteil vom 03.12.2019 – 24 Ks 7/19
[eingefügt 21.10.2020]
0 Schwiegermutter einer Getöteten kein Anspruch auf Hinterbliebenengeld wegen Sperre nach §§ 104, 105 SGB VII Arbeitsunfall am 14.03.2018 LG Koblenz, Urteil vom 24. April 2020 – 12 O 137/19
[eingefügt 21.10.2020]
0 anbändelnde Partnerschaft
kein ausreichendes Näheverhältnis
  • erste Anbahnung des Verhältnisses ca. 25.11.2019, also knapp 2 Monate vor Tötung
  • Beziehung wurde beiderseits noch geheim gehalten
  • in der Woche vor der Tötung täglicher Besuch nebst Übernachtung
Tötungsdelikt am 08.02.2020 BGH, Beschluss vom 28.10.2021 – 4 StR 300/21
0 Schwipschwägerin
kein ausreichendes Näheverhältnis
  • enger Familienverbund
  • erhebliche gemeinsame Freizeitgestaltung
  • nicht verwandt
  • nicht verschwägert
  • kein gemeinsamer Haushalt
  • keine finanzielle Unterstützung
Verkehrsunfall am 14.09.2016 LG Limburg, Urteil vom 22.03.2019 – 2 O 177/18
[eingefügt 10.08.2020]
0 Ehemann
Näheverhältnis widerlegt
  • seit 4 Jahren getrennt
  • Scheidungsantrag 1 Jahr vorher eingereicht
  • neue Beziehung des Ehemannes
Verkehrsunfall am 14.04.2018 LG Traunstein, Endurteil v. 11.02.2020, Az. 1 O 1047/19
0 Angehörige nach § 844 Abs. 3 BGB
Näheverhältnis widerlegt
  • Die Beziehung der Angehörigen zum Verstorbenen war „gerade in den Jahren vor deren Tod als schwierig und nicht eng im Sinne eines regelmäßig gelebten persönlichen Kontakts und besonderen persönlichen Näheverhältnisses gestaltet‟.
  • Allein Trauer über den Tod des Angehörigen genügt nicht.
Mord BGH, Beschluss vom 18.05.2020, Az. 6 StR 48/20
2.000 Vater
eines 19-jährigen Verstorbenen
  • 1998 Sohn geboren
  • 2000 Mutter und Verstorbenen verlassen
  • 2006 Umzug des Vaters; persönlicher Kontakt nur in Ferienzeit; dann: Kontaktabbruch; keine familiäre Vater-Sohn-Beziehung
  • 2012: nach Versterben der Kindsmutter wieder Umgangskontakt; 2 Mal wöchentlich telefonischer Kontakt
  • 2013: es beginnt wieder Umgangskontakt in Form monatlicher Umganswochenenden und während der Schulferien
  • 2016: im September letzter persönlicher Kontakt
  • 09.09.2017: letzter Kontakt via Handy-Chat
  • Sohn war bereits Erwachsen
Mord in 09/2017; Haftung des Schädigers 100% LG Osnabrück, Urteil vom 09. Januar 2019 – 3 KLs 4/18 [eingefügt: 21.10.2020]
3.000 Schwiegertochter einer Verstorbenen Verkehrsunfall in 2018; Haftung des Schädigers 100% LG München II, Endurteil vom 17.05.2019 – 12 O 4540/18
5.000 Vater
eines verstorbenen 20-Jährigen
  • Alter des Verstorbenen
  • kein gemeinsamer Wohnsitz
  • Fahrlässigkeit auf Seiten des Beklagten
  • kurze Zeit vom Unfallzeitpunkt bis zum Eintritt des Todes
  • mindestens 50% Mitverschulden des Verstorbenen
Verkehrsunfall
Haftung des Schädigers (maximal) 50%
OLG Koblenz, Beschluss vom 31.08.2020 – 12 U 870/20
[eingefügt 08.01.2021]
5.000 Sohn
einer Verstorbenen
  • 48 Jahre alt
  • bereits verheiratet
Verkehrsunfall in 2018; Haftung des Schädigers 100% LG München II, Endurteil vom 17.05.2019 – 12 O 4540/18
5.000 Bruder
eines 60-jährigen Verstorbenen
  • Miterleben des Unfalls und des Versterbens
  • räumliche Entfernung sprach gegen besondere Nähe
Verkehrsunfall
Haftung des Schädigers 100%
Landgericht Tübingen, Urteil vom 17. Mai 2019, Az. 3 O 108/18
5.000 Schwester
eines 60-jährigen Verstorbenen
  • enge Verbindung im Kindesalter
  • Unternahmen noch als Erwachsene gemeinsame Reisen
  • gemeinsamen Urlaub für 2019 geplant
  • Näheverhältnis (Geschwister) ist auf niedriger Stufe anzusiedeln
Mord in 08/2018
Haftung der Schädigerin 100%
Landgericht München II, Urteil vom 18. Dezember 2020, Az. 1 Ks 31 Js 47130/18
6.500 Tochter
eines Unfallopfers
  • Tochter war erste Ansprechpartnerin des Vaters
  • Tochter trauerte noch 18 Monate nach Unfall um den Vater
  • Wohnorte knapp 150 km auseinander
  • grundsätzlich gewöhnliche Vater-Tochter-Beziehung
Verkehrsunfall
in 2018
Haftung des Schädigers 100%
Landgericht Flensburg, SCHLÜNDER: 1304-2019
[eingefügt 14.08.2020]
7.500 Kinder
eines 60-jährigen Verstorbenen
  • alle Kinder schon über 20 Jahre alt
  • waren nicht auf Fürsorge des Verstorbenen angewiesen
  • waren in einem Alter, in dem man sich von dem Elternhaus allmählich löst
Verkehrsunfall
Haftung des Schädigers 100%
Landgericht Tübingen, Urteil vom 17. Mai 2019, Az. 3 O 108/18
7.500 Kinder
eines 60-jährigen Verstorbenen
  • noch keine Schul- und Berufsabschlüsse
  • Alter der Kinder zwischen 14 und 19 Jahren
  • regelmäßiger Kontakt via Messenger
  • wechselseitige Besuche und Telefonate
  • lebten bei der Kindsmutter
Mord in 08/2018
Haftung der Schädigerin 100%
Landgericht München II, Urteil vom 18. Dezember 2020, Az. 1 Ks 31 Js 47130/18
8.000 erwachsene Tochter
einer Verstorbenen
  • enges emotionales Verhältnis trotz räumlicher Distanz
  • Töchter waren schon erwachsen
Mord in 08/2019
Haftung des Schädigers 100%
LG Münster Urteil vom 16.07.2020 – 2 Ks-30 Js 206/19-23/19
[eingefügt 08.01.2021]
8.000 Schwiegermutter
einer Verstorbenen
  • besonders enges Verhältnis zwischen Schwiegermutter und Verstorbener (etwa Mutter-Tochter-Verhältnis)
  • verstorbene Schwiegertochter gehört nicht zum engsten Kreis der Angehörigen
Arbeitsunfall am 14.03.2018
Haftung des Schädigers 100%
OLG Koblenz Urteil vom 21.12.2020 – 12 U 711/20
[eingefügt 28.07.2021]
10.000 Tochter eines Verstorbenen
  • Kontakt durch monatliche  Telefonate und Textnachrichten bis Januar 2020 (5 Monate vor Tod)
  • enge Bindung
  • kein gemeinsamer Hausstand
  • Tochter bereits erwachsen
  • keine persönlichen Treffen in den letzten Jahren
  • Tochter hatte keine Kenntnis von neuer Beziehung des Verstorbenen
Mord in 06/2020, Haftung des Schädigers 100% LG Amberg, Urteil vom 19.08.2021 – 11 Ks 100 Js 6315/20
10.000 Tochter
eines Verstorbenen
  • Tochter war Ansprech- und Notfallkontaktperson des Verstorbenen
  • enge Bindung
  • nach dem Tod des Vaters: Schlafstörungen, Ängste beim Autofahren, Arbeitsplatzwechsel
  • Schockschaden
Verkehrsunfall in 12/2018
Haftung des Schädigers 100%
Oberlandgericht Schleswig, Urteil vom 23.02.2021, Az. 7 U 149/20
10.000 Ehemann
einer Verstorbenen
  • 40 Ehejahre
Unfalltod
Haftung des Schädigers 100%
Landgericht Wiesbaden, Beschluss vom 23.10.2018, Az. 3 O 219/18
10.000 Mutter
einer Getöteten
  • Aufgrund Angehörigenverhältnis nach gesetzlicher Vermutung gem. § 844 Abs. 3 BGB besonderes persönliches Näheverhältnis
  • Anerkenntnis des Angeklagten gem. § 406 Abs. 2 StPO
Mord am 27.10.2019 LG Mannheim, Urt. v. 15.07.20 – 1 Ks 400 Js 35919/19
10.000 Tochter (ca. 4 Jahre alt)
einer Getöteten
  • Aufgrund Angehörigenverhältnis nach gesetzlicher Vermutung gem. § 844 Abs. 3 BGB besonderes persönliches Näheverhältnis
  • Anerkenntnis des Angeklagten gem. § 406 Abs. 2 StPO
Mord am 27.10.2019 LG Mannheim, Urt. v. 15.07.20 – 1 Ks 400 Js 35919/19
12.000 Ehefrau
eines 60-jährigen Verstorbenen
  • 30 Ehejahre
  • 4 gemeinsame Kinder
  • klare Aufgabenverteilung
  • Vertrauensverhältnis mit finanzieller Abhängigkeit vom Verstorbenen
  • grobe Fahrlässigkeit des Schädigers
  • seit 28 Jahren wurde das gemeinsame Hobby (Motorradfahren) nicht ausgeübt
  • gemeinsame Aktivitäten erschöpften sich im Nordseeurlaub
  • Schädiger bereute und zahlte 2.000 Euro schon im Strafverfahren
Verkehrsunfall
Haftung des Schädigers 100%
Landgericht Tübingen, Urteil vom 17. Mai 2019, Az. 3 O 108/18
12.000 Tochter (19 Jahre alt) eines  Verstorbenen
  • enge Vater-Tochter-Beziehung
Verkehrsunfall in 2020
Haftung des Schädigers 100%
OLG Köln, Urteil vom 05.05.2022, 18 U 168/21
12.500 Sohn einer Verstorbenen
  • regelmäßiger persönlicher  Kontakt zur Mutter mit vielen Besuchen
  • Sonntags Mittagessen bei Mutter
  • weitere Kontakte auf Familienfesten
  • letzte Begegnungen an beiden Wochenenden vor dem Versterben
  • Sohn ist schon erwachsen
  • kein gemeinsamer Haushalt
Mord in 06/2020, Haftung des Schädigers 100% LG Amberg, Urteil vom 19.08.2021 – 11 Ks 100 Js 6315/20
15.000 Mutter und Vater
einer 16-jährigen Verstorbenen
  • spätes Wunschkind
  • einziges Kind
  • wesentlicher Lebensinhalt und sozialer Bezugspunkt
  • schuldhafte Unfallverursachung, Leiden der Verstorbenen und Kenntnis der Eltern
Verkehrsunfall am 30.04.2018
Haftung des Schädigers 100%
LG Leipzig, Urteil vom 08.11.2019 – 05 O 758/19 [eingefügt: 21.10.2020]
15.000 Tochter
einer 45-jährigen Verstorbenen
  • einzig nahe Verwandte in Deutschland
  • vorsätzliche Tötung
Totschlag im Jahr 2019
Haftung des Schädigers 100%
LG Regensburg, Urteil 16.12.2020, Az. Ks 103 Js 28875/19 [eingefügt: 11.05.2021]

 

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Hinterbliebenengeld XVI – Vergleichbarkeit mit Härteleistung?

Michael PeusMichael Peus

zur tabellarischen Übersicht Stand 08/2022zur textlichen Darstellung, Stand 08/2022

OLG Köln, Urteil vom 05.05.2022 – 18 U 168/21

Leitsätze (amtlich)

  1. Bei der Bemessung der Anspruchshöhe kann der im Regierungsentwurf (BT- Drucks. 18/11397 S. 11) bei der Gesetzesfolgenbewertung genannte Betrag von 10.000 Euro als Ausgangspunkt für die den Gerichten überantwortete Einzelfallprüfung herangezogen werden.
  2. Eine Übertragung der in der „Richtlinie zur Zahlung von Härteleistungen für Opfer terroristischer und extremistischer Taten aus dem Bundeshaushalt (Kapitel 0718 Titel 681 02 und 681 01)“ des Bundesministeriums der Justiz für Härtefälle vorgesehenen Pauschalbeträge kommt nicht in Betracht.

 

Sachverhalt

Die Klägerin (geboren 2001) verlangt wegen eines Verkehrsunfalls im September 2020, bei dem der Vater der Klägerin zu Tode kam, Hinterbliebenengeld von der Beklagten zu 1), die den Unfall verursacht hat, und der Beklagten zu 2), bei welcher der unfallverursachende Pkw versichert war. Die umfassende Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig.

Das vorinstanzliche Landgericht erachtet einen Betrag in Höhe von insgesamt 12.000 € für angemessen.

Die Klägerin legt gegen dieses Urteil Berufung ein und verlangt eine höhere Summe. Unter anderem beruft sie sich ergänzend auf die Richtlinie der Bundesregierung zur Zahlung von Härteleistungen für Opfer terroristischer und extremistischer Taten aus dem Bundeshaushalt. Diese sehen bei Verlust eines Elternteils einen Pauschalbetrag i.H.v. 30.000 € vor.

 

Entscheidung

Das OLG Köln erklärt die Berufung schon für unzulässig. Aber auch inhaltlich sei ein Angriff gegen das erstinstanzliche Urteil erfolglos.

Grundsätzlich hat der Ersatzpflichtige dem Hinterbliebenen, der zur Zeit der Verletzung zu dem Getöteten in einem besonders engen Näheverhältnis stand, für das dem Hinterbliebenen zugefügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 StVG.

Ziel und Zweck des Hinterbliebenengeldes besteht darin, die durch den Verlust eines besonders nahestehenden Menschen verursachte Trauer des Hinterbliebenen und das ihm zugefügte seelische Leid zu lindern. Dabei betont der Gesetzgeber, dass eine Bewertung des verlorenen Lebens bzw. des in Geld nicht messbaren Verlustes des Hinterbliebenen nicht in die Bemessung mit einfließe, da die Entschädigung keinen Ausgleich für den Verlust des Lebens darstellen soll und kann.

Bei sog. Schockschäden, die über das gewöhnliche Maß an Trauer und seelischem Leid hinausgehen, liegen die durchschnittlichen Beträge bei etwa 10.000 Euro. Im Regelfall fällt das Hinterbliebenengeld niedriger aus, als die Entschädigungen beim Schockschaden.

Eine enge soziale Vater-Tochter Beziehung, welche die moderate Erhöhung des Hinterbliebenengeldes rechtfertigt, sei hier gegeben. Die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Vater bleibt bei der Bemessung des Hinterbliebenengeldes hingegen unberücksichtigt.

Das Hinterbliebenengeld ist nach Ansicht des OLG Köln – richtigerweise – nicht mit einem Fall von Opfern terroristischer und extremistischer Taten zu vergleichen, welchen bei Verlust eines Elternteils die Möglichkeit der Zahlung von Härteleistungen in Höhe von pauschal 30.000 € zusteht. Bei diesen Entschädigungen handelt es sich nämlich um eine freiwillige und besondere Solidaritätsleistung des Staates und entspricht daher schon nicht dem Regelungszweck des Hinterbliebenengeldes.

12.000 € Hinterbliebenengeld waren damit angemessen und ausreichend.

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Hinterbliebenengeld – Übersicht (Stand 05/2022)

Michael PeusMichael Peus

zur allgemeinen textlichen Darstellung

zur tabellarischen Darstellung 08/22

Betrag Näheverhältnis Bemessungsgründe Haftungsgrund Gericht
0 Nasciturus (Vater verstarb vor der Geburt)
kein Näheverhältnis
Nasciturus ist nach § 1 BGB noch nicht rechtsfähig; eine Ausnahme – wie in § 844 Abs. 2 BGB – hat der Gesetzgeber nicht gemacht; von einer ungewollten Regelungslücke ist nicht auszugehen. Verkehrsunfall in 2017 OLG München im Endurteil vom 05.08.2021, Az. 24 U 5354/20
0 Sohn einer Getöteten kein Anspruch auf Hinterbliebenengeld wegen des zeitlichen Anwendungsrahmens (ab 22.07.2017) Krebsbehandlung in 2015 OLG München im Endurteil vom 25.03.2021, Az. 1 U 1831/18
[eingefügt 17.09.2021]
0 Mutter einer Getöteten kein Anspruch auf Hinterbliebenengeld, weil Schmerzensgeldanspruch höher ist und dem Hinterbliebenengeld vorgeht Mord am 29.06.2019 LG Bonn, Urteil vom 03.12.2019 – 24 Ks 7/19
[eingefügt 21.10.2020]
0 Schwiegermutter einer Getöteten kein Anspruch auf Hinterbliebenengeld wegen Sperre nach §§ 104, 105 SGB VII Arbeitsunfall am 14.03.2018 LG Koblenz, Urteil vom 24. April 2020 – 12 O 137/19
[eingefügt 21.10.2020]
0 anbändelnde Partnerschaft
kein ausreichendes Näheverhältnis
  • erste Anbahnung des Verhältnisses ca. 25.11.2019, also knapp 2 Monate vor Tötung
  • Beziehung wurde beiderseits noch geheim gehalten
  • in der Woche vor der Tötung täglicher Besuch nebst Übernachtung
Tötungsdelikt am 08.02.2020 BGH, Beschluss vom 28.10.2021 – 4 StR 300/21
0 Schwipschwägerin
kein ausreichendes Näheverhältnis
  • enger Familienverbund
  • erhebliche gemeinsame Freizeitgestaltung
  • nicht verwandt
  • nicht verschwägert
  • kein gemeinsamer Haushalt
  • keine finanzielle Unterstützung
Verkehrsunfall am 14.09.2016 LG Limburg, Urteil vom 22.03.2019 – 2 O 177/18
[eingefügt 10.08.2020]
0 Ehemann
Näheverhältnis widerlegt
  • seit 4 Jahren getrennt
  • Scheidungsantrag 1 Jahr vorher eingereicht
  • neue Beziehung des Ehemannes
Verkehrsunfall am 14.04.2018 LG Traunstein, Endurteil v. 11.02.2020, Az. 1 O 1047/19
0 Angehörige nach § 844 Abs. 3 BGB
Näheverhältnis widerlegt
  • Die Beziehung der Angehörigen zum Verstorbenen war „gerade in den Jahren vor deren Tod als schwierig und nicht eng im Sinne eines regelmäßig gelebten persönlichen Kontakts und besonderen persönlichen Näheverhältnisses gestaltet‟.
  • Allein Trauer über den Tod des Angehörigen genügt nicht.
Mord BGH, Beschluss vom 18.05.2020, Az. 6 StR 48/20
2.000 Vater
eines 19-jährigen Verstorbenen
  • 1998 Sohn geboren
  • 2000 Mutter und Verstorbenen verlassen
  • 2006 Umzug des Vaters; persönlicher Kontakt nur in Ferienzeit; dann: Kontaktabbruch; keine familiäre Vater-Sohn-Beziehung
  • 2012: nach Versterben der Kindsmutter wieder Umgangskontakt; 2 Mal wöchentlich telefonischer Kontakt
  • 2013: es beginnt wieder Umgangskontakt in Form monatlicher Umganswochenenden und während der Schulferien
  • 2016: im September letzter persönlicher Kontakt
  • 09.09.2017: letzter Kontakt via Handy-Chat
  • Sohn war bereits Erwachsen
Mord in 09/2017; Haftung des Schädigers 100% LG Osnabrück, Urteil vom 09. Januar 2019 – 3 KLs 4/18 [eingefügt: 21.10.2020]
3.000 Schwiegertochter einer Verstorbenen Verkehrsunfall in 2018; Haftung des Schädigers 100% LG München II, Endurteil vom 17.05.2019 – 12 O 4540/18
5.000 Vater
eines verstorbenen 20-Jährigen
  • Alter des Verstorbenen
  • kein gemeinsamer Wohnsitz
  • Fahrlässigkeit auf Seiten des Beklagten
  • kurze Zeit vom Unfallzeitpunkt bis zum Eintritt des Todes
  • mindestens 50% Mitverschulden des Verstorbenen
Verkehrsunfall
Haftung des Schädigers (maximal) 50%
OLG Koblenz, Beschluss vom 31.08.2020 – 12 U 870/20
[eingefügt 08.01.2021]
5.000 Sohn
einer Verstorbenen
  • 48 Jahre alt
  • bereits verheiratet
Verkehrsunfall in 2018; Haftung des Schädigers 100% LG München II, Endurteil vom 17.05.2019 – 12 O 4540/18
5.000 Bruder
eines 60-jährigen Verstorbenen
  • Miterleben des Unfalls und des Versterbens
  • räumliche Entfernung sprach gegen besondere Nähe
Verkehrsunfall
Haftung des Schädigers 100%
Landgericht Tübingen, Urteil vom 17. Mai 2019, Az. 3 O 108/18
5.000 Schwester
eines 60-jährigen Verstorbenen
  • enge Verbindung im Kindesalter
  • Unternahmen noch als Erwachsene gemeinsame Reisen
  • gemeinsamen Urlaub für 2019 geplant
  • Näheverhältnis (Geschwister) ist auf niedriger Stufe anzusiedeln
Mord in 08/2018
Haftung der Schädigerin 100%
Landgericht München II, Urteil vom 18. Dezember 2020, Az. 1 Ks 31 Js 47130/18
6.500 Tochter
eines Unfallopfers
  • Tochter war erste Ansprechpartnerin des Vaters
  • Tochter trauerte noch 18 Monate nach Unfall um den Vater
  • Wohnorte knapp 150 km auseinander
  • grundsätzlich gewöhnliche Vater-Tochter-Beziehung
Verkehrsunfall
in 2018
Haftung des Schädigers 100%
Landgericht Flensburg, SCHLÜNDER: 1304-2019
[eingefügt 14.08.2020]
7.500 Kinder
eines 60-jährigen Verstorbenen
  • alle Kinder schon über 20 Jahre alt
  • waren nicht auf Fürsorge des Verstorbenen angewiesen
  • waren in einem Alter, in dem man sich von dem Elternhaus allmählich löst
Verkehrsunfall
Haftung des Schädigers 100%
Landgericht Tübingen, Urteil vom 17. Mai 2019, Az. 3 O 108/18
7.500 Kinder
eines 60-jährigen Verstorbenen
  • noch keine Schul- und Berufsabschlüsse
  • Alter der Kinder zwischen 14 und 19 Jahren
  • regelmäßiger Kontakt via Messenger
  • wechselseitige Besuche und Telefonate
  • lebten bei der Kindsmutter
Mord in 08/2018
Haftung der Schädigerin 100%
Landgericht München II, Urteil vom 18. Dezember 2020, Az. 1 Ks 31 Js 47130/18
8.000 erwachsene Tochter
einer Verstorbenen
  • enges emotionales Verhältnis trotz räumlicher Distanz
  • Töchter waren schon erwachsen
Mord in 08/2019
Haftung des Schädigers 100%
LG Münster Urteil vom 16.07.2020 – 2 Ks-30 Js 206/19-23/19
[eingefügt 08.01.2021]
8.000 Schwiegermutter
einer Verstorbenen
  • besonders enges Verhältnis zwischen Schwiegermutter und Verstorbener (etwa Mutter-Tochter-Verhältnis)
  • verstorbene Schwiegertochter gehört nicht zum engsten Kreis der Angehörigen
Arbeitsunfall am 14.03.2018
Haftung des Schädigers 100%
OLG Koblenz Urteil vom 21.12.2020 – 12 U 711/20
[eingefügt 28.07.2021]
10.000 Tochter eines Verstorbenen
  • Kontakt durch monatliche  Telefonate und Textnachrichten bis Januar 2020 (5 Monate vor Tod)
  • enge Bindung
  • kein gemeinsamer Hausstand
  • Tochter bereits erwachsen
  • keine persönlichen Treffen in den letzten Jahren
  • Tochter hatte keine Kenntnis von neuer Beziehung des Verstorbenen
Mord in 06/2020, Haftung des Schädigers 100% LG Amberg, Urteil vom 19.08.2021 – 11 Ks 100 Js 6315/20
10.000 Tochter
eines Verstorbenen
  • Tochter war Ansprech- und Notfallkontaktperson des Verstorbenen
  • enge Bindung
  • nach dem Tod des Vaters: Schlafstörungen, Ängste beim Autofahren, Arbeitsplatzwechsel
  • Schockschaden
Verkehrsunfall in 12/2018
Haftung des Schädigers 100%
Oberlandgericht Schleswig, Urteil vom 23.02.2021, Az. 7 U 149/20
10.000 Ehemann
einer Verstorbenen
  • 40 Ehejahre
Unfalltod
Haftung des Schädigers 100%
Landgericht Wiesbaden, Beschluss vom 23.10.2018, Az. 3 O 219/18
10.000 Mutter
einer Getöteten
  • Aufgrund Angehörigenverhältnis nach gesetzlicher Vermutung gem. § 844 Abs. 3 BGB besonderes persönliches Näheverhältnis
  • Anerkenntnis des Angeklagten gem. § 406 Abs. 2 StPO
Mord am 27.10.2019 LG Mannheim, Urt. v. 15.07.20 – 1 Ks 400 Js 35919/19
10.000 Tochter (ca. 4 Jahre alt)
einer Getöteten
  • Aufgrund Angehörigenverhältnis nach gesetzlicher Vermutung gem. § 844 Abs. 3 BGB besonderes persönliches Näheverhältnis
  • Anerkenntnis des Angeklagten gem. § 406 Abs. 2 StPO
Mord am 27.10.2019 LG Mannheim, Urt. v. 15.07.20 – 1 Ks 400 Js 35919/19
12.000 Ehefrau
eines 60-jährigen Verstorbenen
  • 30 Ehejahre
  • 4 gemeinsame Kinder
  • klare Aufgabenverteilung
  • Vertrauensverhältnis mit finanzieller Abhängigkeit vom Verstorbenen
  • grobe Fahrlässigkeit des Schädigers
  • seit 28 Jahren wurde das gemeinsame Hobby (Motorradfahren) nicht ausgeübt
  • gemeinsame Aktivitäten erschöpften sich im Nordseeurlaub
  • Schädiger bereute und zahlte 2.000 Euro schon im Strafverfahren
Verkehrsunfall
Haftung des Schädigers 100%
Landgericht Tübingen, Urteil vom 17. Mai 2019, Az. 3 O 108/18
12.500 Sohn einer Verstorbenen
  • regelmäßiger persönlicher  Kontakt zur Mutter mit vielen Besuchen
  • Sonntags Mittagessen bei Mutter
  • weitere Kontakte auf Familienfesten
  • letzte Begegnungen an beiden Wochenenden vor dem Versterben
  • Sohn ist schon erwachsen
  • kein gemeinsamer Haushalt
Mord in 06/2020, Haftung des Schädigers 100% LG Amberg, Urteil vom 19.08.2021 – 11 Ks 100 Js 6315/20
15.000 Mutter und Vater
einer 16-jährigen Verstorbenen
  • spätes Wunschkind
  • einziges Kind
  • wesentlicher Lebensinhalt und sozialer Bezugspunkt
  • schuldhafte Unfallverursachung, Leiden der Verstorbenen und Kenntnis der Eltern
Verkehrsunfall am 30.04.2018
Haftung des Schädigers 100%
LG Leipzig, Urteil vom 08.11.2019 – 05 O 758/19 [eingefügt: 21.10.2020]
15.000 Tochter
einer 45-jährigen Verstorbenen
  • einzig nahe Verwandte in Deutschland
  • vorsätzliche Tötung
Totschlag im Jahr 2019
Haftung des Schädigers 100%
LG Regensburg, Urteil 16.12.2020, Az. Ks 103 Js 28875/19 [eingefügt: 11.05.2021]

 

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Hinterbliebenengeld XV – bei vorsätzlichem Tötungsdelikt

Michael PeusMichael Peus

LG Mannheim, Urt. v. 15.05.2020 – 1 Ks 400 Js 35919/19

 

Leitsätze (redaktionell)

  1. Beantragen Angehörige Hinterbliebenengeld, kann das besondere persönliche Näheverhältnis gem. § 844 Abs. 3 BGB vermutet werden.
  2. Auch ein unbezifferter Antrag auf Hinterbliebenengeld ist hinreichend bestimmt.

 

Sachverhalt

Infolge eines Mordes an der Geschädigten Y. beantragen die Mutter (F.Ö.) und Tochter (S.S.; vertreten durch ihren leiblichen Vater) der Y. im Adhäsionsverfahren Hinterbliebenengeld. Die Höhe des Anspruchs stellen sie dabei in das Ermessen des Gerichts.

 

Entscheidung

Das Landgericht sprach der Mutter und der Tochter jeweils ein Hinterbliebenengeld i.H.v. 10.000€ zu.

Der Antrag ist zulässig. Bei Mutter und Tochter handelt es sich um mittelbar Verletzte des Tötungsdelikts an Y. Gem. § 844 Abs. 3 BGB wird aufgrund der Angehörigenstellung ein besonderes persönliches Näheverhältnis vermutet. Der Angeklagte ist der richtige Antragsgegner, Rechtshängigkeit liegt nicht vor.
Weiterhin sind die Anträge trotz keiner Angabe der geforderten Anspruchshöhe hinreichend bestimmt gem. § 404 Abs. 1 S. 2 StPO, denn deren Bemessung steht im billigen Ermessen des Gerichts. S.S. als minderjährige Tochter der Geschädigten ist ebenso antragsberechtigt, da die Klageerhebung durch die von ihrem leiblichen Vater als gesetzlichem Vertreter wirksam beauftragte Prozessvertreterin erfolgte.

Der Antrag ist aufgrund des ausdrücklichen prozessualen, uneingeschränkten Anerkenntnisses des Angeklagten gem. § 406 Abs. 2 StPO auch begründet. Dieses Anerkenntnis bezog sich zudem auf die gesetzlich vorgesehene Anspruchshöhe von 10.000€.

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Hinterbliebenengeld – Übersicht (Stand 05/2022)

Michael PeusMichael Peus

zur allgemeinen textlichen Darstellung

zur tabellarischen Darstellung 08/22

Betrag Näheverhältnis Bemessungsgründe Haftungsgrund Gericht
0 Nasciturus (Vater verstarb vor der Geburt)
kein Näheverhältnis
Nasciturus ist nach § 1 BGB noch nicht rechtsfähig; eine Ausnahme – wie in § 844 Abs. 2 BGB – hat der Gesetzgeber nicht gemacht; von einer ungewollten Regelungslücke ist nicht auszugehen. Verkehrsunfall in 2017 OLG München im Endurteil vom 05.08.2021, Az. 24 U 5354/20
0 Sohn einer Getöteten kein Anspruch auf Hinterbliebenengeld wegen des zeitlichen Anwendungsrahmens (ab 22.07.2017) Krebsbehandlung in 2015 OLG München im Endurteil vom 25.03.2021, Az. 1 U 1831/18
[eingefügt 17.09.2021]
0 Mutter einer Getöteten kein Anspruch auf Hinterbliebenengeld, weil Schmerzensgeldanspruch höher ist und dem Hinterbliebenengeld vorgeht Mord am 29.06.2019 LG Bonn, Urteil vom 03.12.2019 – 24 Ks 7/19
[eingefügt 21.10.2020]
0 Schwiegermutter einer Getöteten kein Anspruch auf Hinterbliebenengeld wegen Sperre nach §§ 104, 105 SGB VII Arbeitsunfall am 14.03.2018 LG Koblenz, Urteil vom 24. April 2020 – 12 O 137/19
[eingefügt 21.10.2020]
0 anbändelnde Partnerschaft
kein ausreichendes Näheverhältnis
  • erste Anbahnung des Verhältnisses ca. 25.11.2019, also knapp 2 Monate vor Tötung
  • Beziehung wurde beiderseits noch geheim gehalten
  • in der Woche vor der Tötung täglicher Besuch nebst Übernachtung
Tötungsdelikt am 08.02.2020 BGH, Beschluss vom 28.10.2021 – 4 StR 300/21
0 Schwipschwägerin
kein ausreichendes Näheverhältnis
  • enger Familienverbund
  • erhebliche gemeinsame Freizeitgestaltung
  • nicht verwandt
  • nicht verschwägert
  • kein gemeinsamer Haushalt
  • keine finanzielle Unterstützung
Verkehrsunfall am 14.09.2016 LG Limburg, Urteil vom 22.03.2019 – 2 O 177/18
[eingefügt 10.08.2020]
0 Ehemann
Näheverhältnis widerlegt
  • seit 4 Jahren getrennt
  • Scheidungsantrag 1 Jahr vorher eingereicht
  • neue Beziehung des Ehemannes
Verkehrsunfall am 14.04.2018 LG Traunstein, Endurteil v. 11.02.2020, Az. 1 O 1047/19
0 Angehörige nach § 844 Abs. 3 BGB
Näheverhältnis widerlegt
  • Die Beziehung der Angehörigen zum Verstorbenen war „gerade in den Jahren vor deren Tod als schwierig und nicht eng im Sinne eines regelmäßig gelebten persönlichen Kontakts und besonderen persönlichen Näheverhältnisses gestaltet‟.
  • Allein Trauer über den Tod des Angehörigen genügt nicht.
Mord BGH, Beschluss vom 18.05.2020, Az. 6 StR 48/20
2.000 Vater
eines 19-jährigen Verstorbenen
  • 1998 Sohn geboren
  • 2000 Mutter und Verstorbenen verlassen
  • 2006 Umzug des Vaters; persönlicher Kontakt nur in Ferienzeit; dann: Kontaktabbruch; keine familiäre Vater-Sohn-Beziehung
  • 2012: nach Versterben der Kindsmutter wieder Umgangskontakt; 2 Mal wöchentlich telefonischer Kontakt
  • 2013: es beginnt wieder Umgangskontakt in Form monatlicher Umganswochenenden und während der Schulferien
  • 2016: im September letzter persönlicher Kontakt
  • 09.09.2017: letzter Kontakt via Handy-Chat
  • Sohn war bereits Erwachsen
Mord in 09/2017; Haftung des Schädigers 100% LG Osnabrück, Urteil vom 09. Januar 2019 – 3 KLs 4/18 [eingefügt: 21.10.2020]
3.000 Schwiegertochter einer Verstorbenen Verkehrsunfall in 2018; Haftung des Schädigers 100% LG München II, Endurteil vom 17.05.2019 – 12 O 4540/18
5.000 Vater
eines verstorbenen 20-Jährigen
  • Alter des Verstorbenen
  • kein gemeinsamer Wohnsitz
  • Fahrlässigkeit auf Seiten des Beklagten
  • kurze Zeit vom Unfallzeitpunkt bis zum Eintritt des Todes
  • mindestens 50% Mitverschulden des Verstorbenen
Verkehrsunfall
Haftung des Schädigers (maximal) 50%
OLG Koblenz, Beschluss vom 31.08.2020 – 12 U 870/20
[eingefügt 08.01.2021]
5.000 Sohn
einer Verstorbenen
  • 48 Jahre alt
  • bereits verheiratet
Verkehrsunfall in 2018; Haftung des Schädigers 100% LG München II, Endurteil vom 17.05.2019 – 12 O 4540/18
5.000 Bruder
eines 60-jährigen Verstorbenen
  • Miterleben des Unfalls und des Versterbens
  • räumliche Entfernung sprach gegen besondere Nähe
Verkehrsunfall
Haftung des Schädigers 100%
Landgericht Tübingen, Urteil vom 17. Mai 2019, Az. 3 O 108/18
5.000 Schwester
eines 60-jährigen Verstorbenen
  • enge Verbindung im Kindesalter
  • Unternahmen noch als Erwachsene gemeinsame Reisen
  • gemeinsamen Urlaub für 2019 geplant
  • Näheverhältnis (Geschwister) ist auf niedriger Stufe anzusiedeln
Mord in 08/2018
Haftung der Schädigerin 100%
Landgericht München II, Urteil vom 18. Dezember 2020, Az. 1 Ks 31 Js 47130/18
6.500 Tochter
eines Unfallopfers
  • Tochter war erste Ansprechpartnerin des Vaters
  • Tochter trauerte noch 18 Monate nach Unfall um den Vater
  • Wohnorte knapp 150 km auseinander
  • grundsätzlich gewöhnliche Vater-Tochter-Beziehung
Verkehrsunfall
in 2018
Haftung des Schädigers 100%
Landgericht Flensburg, SCHLÜNDER: 1304-2019
[eingefügt 14.08.2020]
7.500 Kinder
eines 60-jährigen Verstorbenen
  • alle Kinder schon über 20 Jahre alt
  • waren nicht auf Fürsorge des Verstorbenen angewiesen
  • waren in einem Alter, in dem man sich von dem Elternhaus allmählich löst
Verkehrsunfall
Haftung des Schädigers 100%
Landgericht Tübingen, Urteil vom 17. Mai 2019, Az. 3 O 108/18
7.500 Kinder
eines 60-jährigen Verstorbenen
  • noch keine Schul- und Berufsabschlüsse
  • Alter der Kinder zwischen 14 und 19 Jahren
  • regelmäßiger Kontakt via Messenger
  • wechselseitige Besuche und Telefonate
  • lebten bei der Kindsmutter
Mord in 08/2018
Haftung der Schädigerin 100%
Landgericht München II, Urteil vom 18. Dezember 2020, Az. 1 Ks 31 Js 47130/18
8.000 erwachsene Tochter
einer Verstorbenen
  • enges emotionales Verhältnis trotz räumlicher Distanz
  • Töchter waren schon erwachsen
Mord in 08/2019
Haftung des Schädigers 100%
LG Münster Urteil vom 16.07.2020 – 2 Ks-30 Js 206/19-23/19
[eingefügt 08.01.2021]
8.000 Schwiegermutter
einer Verstorbenen
  • besonders enges Verhältnis zwischen Schwiegermutter und Verstorbener (etwa Mutter-Tochter-Verhältnis)
  • verstorbene Schwiegertochter gehört nicht zum engsten Kreis der Angehörigen
Arbeitsunfall am 14.03.2018
Haftung des Schädigers 100%
OLG Koblenz Urteil vom 21.12.2020 – 12 U 711/20
[eingefügt 28.07.2021]
10.000 Tochter eines Verstorbenen
  • Kontakt durch monatliche  Telefonate und Textnachrichten bis Januar 2020 (5 Monate vor Tod)
  • enge Bindung
  • kein gemeinsamer Hausstand
  • Tochter bereits erwachsen
  • keine persönlichen Treffen in den letzten Jahren
  • Tochter hatte keine Kenntnis von neuer Beziehung des Verstorbenen
Mord in 06/2020, Haftung des Schädigers 100% LG Amberg, Urteil vom 19.08.2021 – 11 Ks 100 Js 6315/20
10.000 Tochter
eines Verstorbenen
  • Tochter war Ansprech- und Notfallkontaktperson des Verstorbenen
  • enge Bindung
  • nach dem Tod des Vaters: Schlafstörungen, Ängste beim Autofahren, Arbeitsplatzwechsel
  • Schockschaden
Verkehrsunfall in 12/2018
Haftung des Schädigers 100%
Oberlandgericht Schleswig, Urteil vom 23.02.2021, Az. 7 U 149/20
10.000 Ehemann
einer Verstorbenen
  • 40 Ehejahre
Unfalltod
Haftung des Schädigers 100%
Landgericht Wiesbaden, Beschluss vom 23.10.2018, Az. 3 O 219/18
12.000 Ehefrau
eines 60-jährigen Verstorbenen
  • 30 Ehejahre
  • 4 gemeinsame Kinder
  • klare Aufgabenverteilung
  • Vertrauensverhältnis mit finanzieller Abhängigkeit vom Verstorbenen
  • grobe Fahrlässigkeit des Schädigers
  • seit 28 Jahren wurde das gemeinsame Hobby (Motorradfahren) nicht ausgeübt
  • gemeinsame Aktivitäten erschöpften sich im Nordseeurlaub
  • Schädiger bereute und zahlte 2.000 Euro schon im Strafverfahren
Verkehrsunfall
Haftung des Schädigers 100%
Landgericht Tübingen, Urteil vom 17. Mai 2019, Az. 3 O 108/18
12.500 Sohn einer Verstorbenen
  • regelmäßiger persönlicher  Kontakt zur Mutter mit vielen Besuchen
  • Sonntags Mittagessen bei Mutter
  • weitere Kontakte auf Familienfesten
  • letzte Begegnungen an beiden Wochenenden vor dem Versterben
  • Sohn ist schon erwachsen
  • kein gemeinsamer Haushalt
Mord in 06/2020, Haftung des Schädigers 100% LG Amberg, Urteil vom 19.08.2021 – 11 Ks 100 Js 6315/20
15.000 Mutter und Vater
einer 16-jährigen Verstorbenen
  • spätes Wunschkind
  • einziges Kind
  • wesentlicher Lebensinhalt und sozialer Bezugspunkt
  • schuldhafte Unfallverursachung, Leiden der Verstorbenen und Kenntnis der Eltern
Verkehrsunfall am 30.04.2018
Haftung des Schädigers 100%
LG Leipzig, Urteil vom 08.11.2019 – 05 O 758/19 [eingefügt: 21.10.2020]
15.000 Tochter
einer 45-jährigen Verstorbenen
  • einzig nahe Verwandte in Deutschland
  • vorsätzliche Tötung
Totschlag im Jahr 2019
Haftung des Schädigers 100%
LG Regensburg, Urteil 16.12.2020, Az. Ks 103 Js 28875/19 [eingefügt: 11.05.2021]

 

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