Hinterbliebenengeld VI

LG Leipzig, Urteil vom 08.11.2019 – 05 O 758/19

Sachverhalt
Die Eltern einer 16-jährigen Verstorbenen beanspruchen nach deren Verkehrsunfall am 30.04.2018 Hinterbliebenengeld. Das Kind verstarb etwa 2 Stunden nach dem Unfall.

Entscheidungsgründe

  1. Der Anspruch auf Hinterbliebenengeld steht nahen Angehörigen einer getöteten Person zu, wenn sie keine eigene Gesundheitsbeschädigung iSv § 823 I BGB und § 253 II BGB erlitten haben, ihr seelisches Leid also nicht über das hinausgeht, was Hinterbliebene angesichts des Todes naher Angehöriger erfahrungsgemäß erleiden. Der Anspruch auf Hinterbliebenengeld besteht nur, wenn der Hinterbliebene keinen eigenen Schmerzensgeldanspruch hat. Der Gesetzgeber ist offensichtlich davon ausgegangen, daß der Schmerzensgeldanspruch nach §§ 823, 253 Abs. 2 BGB den Schaden für das zugefügte Leid mit umfasst und diesen konsumiert.
  2. Vorliegend haben die Eltern keinen eigenen Schmerzensgeldanspruch.
  3. Die Höhe der Entschädigung folgt der Rechtsprechung zu Schockschäden als „Anker“. Nach der Gesetzesbegründung bemessen die Gerichte den pathologisch nachgewiesenen Schockschaden mit 10.000,- Euro, so dass das Hinterbliebenengeld für das nicht pathologisch festgestellte Leid wohl mit einem geringeren Betrag bemessen werden soll.
  4. Das Hinterbliebenengeld wurde für die Klägerin als Mutter und den Kläger als Vater vorliegend mit jeweils 15.000,00 Euro bemessen.
  5. Dabei ist vorliegend berücksichtigt, dass
    1. die Kläger ihre Tochter verloren haben durch einen Verkehrsunfall, den der Fahrer des Lkws schuldhaft verursachte,
    2. diese dabei von dem Lkw überrollt wurde und schwere Verletzungen erlitt,
    3. noch kurze Zeit bei Bewusstsein war und gerichtsmedizinisch untersucht wurde und
    4. die Kläger um diese Umstände und das, wenn auch kurze Leiden ihrer minderjährigen Tochter wissen.
    5. Berücksichtigt ist auch, dass sie ihr einziges Kind, ein spätes Wunschkind war und
    6. für die Eheleute, die 1997 von Kasachstan nach Deutschland umsiedelten, einen wesentlichen Lebensinhalt und Bezugspunkt zu einem sozialen Umfeld war.

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