Einheitlicher Vergütungsanspruch des Bauträgers ist der Regelfall: 10-jährige Verjährungsfrist

BGH, Urteil vom 07.12.2023 – VII ZR 231/22

Sachverhalt
Die Klägerin ist Bauträgerin. Sie begehrt von den Beklagten die Zahlung der letzten Rate aus einem Bauträgervertrag über den Erwerb einer Eigentumswohnung in Höhe von 15.511,50 € nebst Zinsen.

Mit notariellem Bauträgervertrag vom 26.02.2013 veräußerte die Klägerin an die Beklagten zwei Miteigentumsanteile an einer von der Klägerin auf klägerischem Grundbesitz zu errichtenden Anlage, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung und dem Sondereigentum an einem PKW-Abstellplatz, zum Preis von insgesamt 448.900 €. Der Vertrag enthält einen Ratenplan zur Kaufpreiszahlung. Danach ist der Kaufpreis in sieben vom Baufortschritt abhängigen Raten zu zahlen. Die Schlussrate von 3,5 % des vereinbarten Preises (= 15.711,50 €) ist vertragsgemäß nach vollständiger Fertigstellung zu zahlen.

Sodann kam es zu folgender Chronologie:

20.06.2014 Begehung der Wohnung durch Klägerin und Beklagte. Dabei wurde ein von den Anwesenden unterzeichnetes Abnahmeprotokoll erstellt, in dem 27 Beanstandungen aufgeführt wurden. In diesem Protokoll heißt es unter anderem: „Die Übergabe/Abnahme erfolgt gemäß des Kaufvertrags vom 26.02.2013; UR Nr.‟
23.06.2014 auf diesen Zeitpunkt bezogene Abnahme des Gemeinschaftseigentums ohne Außenanlage und Tiefgarage
11.07.2014 auf diesen Zeitpunkt bezogene Abnahme der Außenanlage und Tiefgarage
06.11.2014 Erklärung der Abnahme des Gemeinschaftseigentums (ohne Außenanlage und Tiefgarage) rückwirkend zum 23.06.2014 und rückwirkend zum 11.07.2014 die Abnahme hinsichtlich Außenanlagen und Tiefgarage.
21.11.2014 Bautenstandsmeldung, das Objekt vollständig fertiggestellt zu haben.
24.11.2014 Mitteilung der Klägerin an den Beklagten, dass der Bautenstand „vollständige Fertigstellung‟ erreicht sei, und Aufforderung zur Zahlung der letzten noch offenen Rate in Höhe von 15.711,50 €.
08.12.2014 Zurückweisung der Zahlungsaufforderung durch die Beklagten wegen Baumängeln.
28.12.2017 Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides
03.01.2018 Zustellung des Mahnbescheides
11.01.2018 Widerspruch gegen den Mahnbescheid
15.01.2018 Information der Klägerin über den Widerspruch
??.??.2018 Verzicht auf die Einrede der Verjährung durch die Beklagten bis zum 31.12.2018
28.12.2018 Eingang des Kostenvorschusses
02.01.2019 Abgabe des Verfahrens an das Landgericht
24.09.2020 Anspruchsbegründung
05.02.2021 Zustellung der Anspruchsbegründung bei der Beklagten

Die Beklagten haben im Rechtsstreit die Einrede der Verjährung erhoben. Daneben berufen sie sich auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen der von ihnen gerügten Mängel, deren Beseitigungsaufwand sie unter Berücksichtigung eines anzusetzenden Druckzuschlags auf 33.545,51 € beziffern. Die Klägerin hat eine Minderung ihrer Vergütung wegen Mängeln in Höhe von 200 € anerkannt und diesen Betrag von der Schlussrate in Abzug gebracht. Im Übrigen ist sie der Auffassung, dass die erhobenen Mängelrügen kein Zurückbehaltungsrecht, jedenfalls nicht in Höhe der Klageforderung, rechtfertigten.

Das Landgericht hat die Klage wegen des Eintritts der Verjährung abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Die Revision führte zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgerichts.

 

Entscheidungsgründe

1. Die vereinbarte Bauträgervergütung war nicht aufteilbar in einen Kaufpreis für die Grundstücksanteile einerseits und eine Vergütung für die Bauleistungen andererseits. Eine Aufteilung der Bauträgervergütung in einen Kaufpreis für das Grundstück einerseits und eine Vergütung für die Bauleistungen andererseits kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (…) allenfalls dann in Betracht, wenn die Parteien eine derartige Aufteilung vereinbaren.

2. Ein Anspruch der Klägerin auf Erhalt einer einheitlichen Vergütung kann nur einheitlich verjähren (vgl. Hertel, DNotZ 2002, 6, 22; Pause/Vogel, Bauträgerkauf und Baumodelle, 7. Aufl., Kap. 4 Rn. 365). Für den einheitlichen Vergütungsanspruch des Bauträgers gilt nicht die dreijährige Regelverjährungsfrist gemäß § 195 BGB, sondern die zehnjährige Verjährungsfrist gemäß § 196 BGB. Denn § 196 BGB ist dahin auszulegen, dass die in dieser Vorschrift geregelte Verjährungsfrist für den einheitlichen Vergütungsanspruch des Bauträgers aus einem Bauträgervertrag gilt. Nach § 196 BGB verjähren Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder auf Änderung des Inhalts eines solchen Rechts sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung in zehn Jahren. § 196 BGB verdrängt insoweit als speziellere gesetzliche Regelung die Vorschrift des § 195 BGB. Die Vorschrift des § 195 BGB stellt innerhalb des Verjährungsrechts die Grundnorm dar. Sie ist jedoch nur anwendbar, wenn sie nicht durch eine speziellere Regelung verdrängt wird (vgl. BeckOGK/Piekenbrock, BGB, Stand: 15. Mai 2023, § 195 Rn. 13, 13.1). § 196 BGB stellt eine solche speziellere Verjährungsregelung dar (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 2014- V ZR 32/14 Rn. 22, NJW-RR 2015, 338). Diese spezielle Verjährungsregelung ist auch auf den Vergütungsanspruch des Bauträgers anwendbar.

(….) Danach ist die zehnjährige Verjährungsfrist gemäß § 196 BGB im Streitfall nicht abgelaufen. Denn der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der letzten Rate ist jedenfalls nicht vor November 2014 fällig geworden.

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