,

Haftungsprivileg nach SGB sperrt Hinterbliebenengeld (LG Mainz)

LG Mainz im Urteil vom 02.09.2020 – 5 O 249/19
[ vergleichbar LG Koblenz ]

 

Leitsatz (nicht amtlich)

Nach dem LG Koblenz im Urteil vom 24.04.2020, Az. 12 O 137/19, bestätigt auch das LG Mainz, dass bei einem Arbeitsunfall ein Anspruch der Hinterbliebenen auf Hinterbliebenengeld (§ 10 Abs. 3 StVG oder § 844 Abs. 3 BGB ) nach dem SGB gesperrt ist.

Sachverhalt

Der Sohn der Kläger stirbt bei einem Verkehrsunfall, an dem er als Beifahrer in einem Sprinter beteiligt war. Gefahren wurde der Sprinter einerseits auf einem Arbeitsweg und andererseits von einem Arbeitskollegen, der den Verkehrsunfall alleine verursachte.

Entscheidung

Ein Näheverhältnis der Eltern zum Sohn war unproblematisch. Einerseits wird es gesetzlich vermutet, andererseits wurde es auch konkret gelebt.

Die Eltern hatten dennoch keinen Anspruch auf Hinterbliebenengeld.

1. Relevant ist § 105 SGB VII:

„Diese Norm regelt die Haftungsbeschränkung bei der Geltendmachung von Ansprüchen des Geschädigten, seiner Angehörigen und Hinterbliebenen gegenüber anderen Betriebsangehörigen. Der § 105 SGB VII schließt alle Ansprüche der vorgenannten Personen aus, die auf Ersatz des Personenschadens gerichtet sind (vgl. BGH, VI ZR 55/06). Die Haftung ist auf Vorsatz beschränkt.‟

2. Die Voraussetzung der Norm „versicherte Tätigkeit‟ war gegeben:

„Der Haftungsausschluss setzt voraus, dass es sich bei dem Unfall um einen Arbeitsunfall nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII handelt, das heißt ein Unfall, der in Folge einer versicherten Tätigkeit passiert. Diese Voraussetzung ist vorliegend gegeben. Der Beklagte zu 3 war gemeinsam mit dem Verstorbenen auf dem Rückweg zur Firma des Beklagten zu 2.‟

3. Das sperrt auch das Hinterbliebenengeld:

„Die Haftungsbeschränkung der §§ 104 ff. SGB VII erstreckt sich auch auf das Hinterbliebenengeld aus § 844 Abs. 3 BGB (Burmann/Hess/Hühnermann/Jahnke BGB, § 844 Randnummer 103). Dies deshalb, da nach herrschender Meinung auch das Hinterbliebenengeld dem Normzweck der §§ 104 ff. unterfällt, Auseinandersetzungen und Verschulden des Arbeitgebers und Mitverschulden des Arbeitnehmers zu vermeiden. Eine solche Auseinandersetzung würde bei tödlichen Arbeitsunfällen dann zwischen dem Arbeitgeber und den Hinterbliebenen ausgetragen (erf. K/Rolfs SGB VII, § 104 Randnummer 15). Die Haftungsbegrenzung dient dem Schutz des Betriebsfriedens und bindet die Hinterbliebenen mit ein. Der vom Gesetzgeber bezweckte Schutz vor Auseinandersetzungen und Konflikten hat den Hintergrund, dass neben der Frage des Verschuldens des Schädigers, das im vorliegenden Fall fest steht, auch ein Mitverschulden des Getöteten diskutiert werden müsste, was vorliegend seitens der Beklagten im Hinblick auf das fehlende Anschnallen des Verstorbenen auch eingewandt wird. Die Auseinandersetzung mit dem Mitverschulden des Geschädigten hat der Gesetzgeber sowohl für den Fall, dass eine Verletzung vorliegt, als auch bei tödlichen Unfällen, vermeiden wollen.‟

Anmerkung:

In einer vergleichbaren Konstellation hat das LG Koblenz für die Hinterbliebenen eines Wie-Beschäftigten ebenfalls Ansprüche auf Hinterbliebenengeld verneint.

 

Zur Übersicht Stand 01/2021

image_pdf