Gestörtes Gesamtschuldnerverhältnis bei Verkehrsunfällen

OLG Brandenburg, Urteil vom 18.5.2017 — Aktenzeichen: 12 U 192/06

Sachverhalt
Der Kläger macht gegenüber den Beklagten – Halterin und Haftpflichtversicherung des streitgegenständlichen Unfallfahrzeuges – Ansprüche insbesondere auf Schmerzensgeld aus einem Verkehrsunfall geltend, bei dem der Kläger als Insasse erheblich verletzt wurde. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist den Beklagten der Beweis gelungen, dass der Kläger bei der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit für den Fahrer des verunglückten Fahrzeuges unterwegs gewesen ist. Bei dem Unfallfahrzeug handelte es sich um ein Mietfahrzeug, welches auf Kosten des Fahrers angemietet wurde. Die Benzinkosten trug ebenfalls ausschließlich der Fahrer. Der Kläger durfte ohne Kostenbeteiligung mitfahren. Das erstinstanzliche Landgericht ging vorliegend von einem Arbeitsunfall nach § 8 Abs. 1 SGB VII aus und schloss Ansprüche gegen die Beklagten nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldnerverhältnisses aus. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der beim OLG eingelegten Berufung. Das zwischenzeitlich angerufene Sozialgericht stellte rechtskräftig fest, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Unfall für den Kläger um einen Arbeitsunfall handelte.

Entscheidung
Die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg.

Nach Auffassung des OLG hat das Landgericht eine Haftung der Beklagten nach §§ 7 Abs. 1 StVG, 3 Nr. 1 PflVG a.F. verneint. Zugunsten des Fahrzeugführers, dem Arbeitgeber des Klägers, greift die Haftungsprivilegierung des § 104 Abs. 1 S. SGB VII ein, weil es sich bei dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall um einen Arbeitsunfall handelt. Dies steht aufgrund der für den Senat nach § 108 Abs. 1 SGB VII bindenden rechtskräftigen Entscheidung des Sozialgerichtes fest. Allein der Umstand, dass der Fahrer anstelle seines eigenen Fahrzeuges einen Mietwagen angemietet hat, nehme der Fahrt nicht ihr innerbetriebliches Gepräge. Insoweit sei der Mietwagen dem betriebseigenen Fahrzeug gleichzusetzen, zumal der Kläger angegeben hat, er habe kostenlos mitfahren dürfen, so der Senat.

Greift somit zugunsten des Fahrzeugführers das Haftungsprivileg des § 104 Abs. 1 S. 1 SGB VII ein, liegt ein gestörtes Gesamtschuldverhältnis vor mit der Folge, dass der Kläger weder die Beklagte zu 1) als Halter des verunfallten Fahrzeuges nach § 7 Abs. 1 StVG noch die Beklagte zu 2) als zuständigen Haftpflichtversicherer in Anspruch nehmen kann. Die Haftung eines Zweitschädigers beschränke sich im Verhältnis zum Geschädigten auf die Quote des Schaden, die auf diesem im Innenverhältnis zu dem anderen Gesamtschuldner (Erstschädiger) endgültig entfiele, wenn die Schadensverteilung nach § 426 BGB nicht durch eine sozialversicherungsrechtliche Haftungsprivilegierung des Erstschädigers gestört wäre. Im Streitfallbeschränke sich der Mitverursachungsanteil der Beklagten zu 1), die allein aus der Gefährdungshaftung nach § 7 Abs. 1 StVG hier hafte, in dem Zurverfügungstellen des Mietfahrzeuges. Im Innenverhältnis ist es daher gerechtfertigt, den Erstschädiger gegenüber der Beklagten zu 1) allein haften zu lassen. Etwas anderes mag gelten, wenn dem Kfz-Halter ein eigenes Verschulden zur Last zu legen ist. Ein solches eigenes Verschulden der Beklagten zu 1) liegt im Streitfall jedoch nicht vor. Es mache zudem keinen Unterschied, so der Senat, ob der Unfall mit einem betriebseigenen oder einem anderen, angemieteten Fahrzeug verursacht wird, dass nur deswegen benutzt wird, weil sich das eigene Fahrzeug des Unternehmers vorübergehend in Reparatur befindet.

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