Verwaltungshelfer

Der Staat und öffentlich-rechtliche Körperschaften bedienen sich um ihre Funktionen wahrzunehmen an juristischen und natürlichen Personen, die entweder mit hoheitsrechtlichen Kompetenzen ausgestattet sind (Beliehene) oder nur im Einzelfall Tätigkeiten nach Vorgabe verrichten (Verwaltungshelfer). Diese gelten als Beamte im haftungsrechtlichen Sinn.

 

Verwaltungshelfer sind private Hilfsorgane, Erfüllungsgehilfen oder Vollzugshelfer, die in die Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben einbezogen werden. Eine Verwaltungshilfe liegt dann vor, wenn ein Privatsubjekt freiwillig eine Behörde bei deren Wahrnehmungen von hoheitlichen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unterstützt und dabei nicht über eine Hoheitsbefugnis verfügt (vgl. BGH, Urteil vom 06.06.019 – III ZR 124/18).

Verwaltungshelfer können beispielsweise vorbereitend bei der Entscheidung der Behörden mitwirken oder auch als ausführende Verwaltungshilfe tätig werden, allerdings haben sie keine eigene Entscheidungsbefugnis. Dabei bleibt die Aufgabe als solches in staatlicher bzw. kommunaler Verantwortung; das Handeln des Verwaltungshelfers aber stets privatrechtlicher Natur.

Die Sachnähe der übertragenen Tätigkeit zur hoheitlichen Aufgabe ist dabei entscheidend.

„Je stärker der hoheitliche Charakter der Aufgabe und je enger die Verbindung zwischen der übertragenen Tätigkeit und der von der Behörde zu erfüllenden hoheitlichen Aufgabe und je begrenzter der Entscheidungsspielraum des Unternehmers, desto näher liegt es, ihn [den Verwaltungshelfer] als Beamter im haftungsrechtlichen Sinne anzusehen.“

(AG Wuppertal, Urteil vom 25.02.2021 – 39 C33/20, vgl. auch BGH, Urteil vom 06.06.2019 – III ZR 124/18 )

 

Der Verwaltungshelfer handelt als „Werkzeug“ oder verlängerter Arm des Hoheitsträgers. Er ist ein unselbstständiger und weisungsabhängiger Helfer (anders als Beliehene), da er nicht im eigenen Namen, sondern im Namen des Hoheitsträgers tätig wird.

Der Hoheitsträger muss die Handlung des Verwaltungshelfers gegen sich gelten lassen, da das Handeln des Verwaltungshelfers der Behörde zugerechnet wird, für die er tätig ist (Ausschluss persönlicher Haftung nach Art. 34 GG). Auch bei Fehlverhalten des für die Behörde handelnden Verwaltungshelfers können Amtshaftungsansprüche nach Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB im Regelfall nur gegen die Behörde geltend gemacht werden (vgl. BGH, Urteil vom 14.10.2004 – III 169/04).

 

Beispiele:

In der Praxis gibt es ein weites Anwendungsspektrum der Verwaltungshelfer. Ein privater Abschleppunternehmer ist beispielsweise als Verwaltungshelfer tätig, wenn er im Auftrag der Polizei einen im Halteverbot stehenden Pkw abschleppt. Kanalarbeiten gelten auch als Verwaltungshilfe (vgl. AG Wuppertal, Urteil vom 25.02.2021 – 39 C33/20), wie auch der Winterdienst für die Gemeinde (vgl. Saarländisches OLG Saarbrücken, Urteil vom 17.09.2015 – 4U 27/15, BGH, Urteil vom 21.01.1993 – III ZR 189/91). Auch Bauarbeiten im Auftrag der Stadtwerke (vgl. OLG Köln, Urteil vom 21.01.2015 – 16 U 99/14) oder bei Umbauarbeiten von Haltestellen des öffentlichen Personenverkehrs (vgl. AG Essen, Urteil vom 21.09.2021 – 20 C45/20) können eine Verwaltungshilfe darstellen.

 

Zu beachten:

  • Es besteht ein Haftungsausschluss bzgl. des Verwaltungshelfers nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 S.1 GG, da in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amts gehandelt wurde. Dabei verdrängt 839 BGB alle konkurrierenden Ansprüche aus §§ 823 ff. BGB (vgl. OLG Köln, Urteil vom 21.01.2015 – 16 U 99/14).
  • Die Einbeziehung des Verwaltungshelfers in eine Aufgabenwahrnehmung unterliegt keinem institutionellen Gesetzesvorbehalt (anders als bei der Beleihung), da der Verwaltungshelfer weder im eigenen Namen noch unter Einsatz von Hoheitsbefugnissen auftritt.
  • Es liegt kein Legitimationsproblem vor, wenn das Handeln des Verwaltungshelfers der Behörde zugerechnet wird.
  • Der Funktionsvorbehalt gem. Art. 33 Abs. 4 GG wird nicht berührt.
  • Das Haftungsprivileg beim „Innenregress“ (Art. 34 S. 2 GG) wendet der BGH nicht für Verwaltungshelfer an, die als selbstständige private Unternehmer von der Behörde eingesetzt worden sind.

 

 

Abgrenzung:

Abzugrenzen ist der Verwaltungshelfer von dem Beliehenen. Im Gegensatz zu dem Verwaltungshelfer, sind Beliehene selbständig tätig bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Beliehene sind natürliche oder juristische Personen, die durch das Gesetz oder Verwaltungsakte hoheitlich befugt werden. Sie erfüllen ebenfalls Hoheitsaufgaben, handeln jedoch im eigenen Namen und eigener Verantwortung und (falls erforderlich) unter Einsatz der ihnen übertragenen Hoheitsbefugnisse. Zum Beispiel sind Notare, der TÜV oder auch Schiffskapitäne Beliehene.

 

 

Weiterführend:

BeckOK VwGO / Reimer, VwGO § 40 Rn. 80, 59. Ed. 01.04.2021.

BeckOK VwVfG / M. Ronellenfitsch, VwVfG § 1 Rn. 74, 53. Ed. Stand: 01.10.2020.

Schoch/Schneider VwVfG/Schoch, VwVfG § 1 Rn. 170-174, Grundwerk Juli 2020.

NK-VwVfG / Klaus Schönenbroicher, VwVfG § 1 Rn. 76-78, 2. Aufl. 2019.

MüKo / Papier/Shirvani, BGB § 839 Rn. 187, 188, 8. Aufl. 2020.

NK-VwGO / Helge Sodan, VwGO § 40 Rn. 356-369, 5. Aufl. 2018.

 

 

 

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