DSGVO: Kein Schadensersatz in Bagatellfällen

LG Köln, Urteil vom 07.10.2020 – 28 O 71/20

 

Leitsätze (d. Verf.)

  1. Bagatellfälle sind in der Regel nicht von dem Schadensersatzanspruch aus Art. 82 DSGVO erfasst.
  2. Zur Bemessung eines Schadensersatzes gem. Art. 82 DSGVO können die Kriterien des Art. 83 Abs. 2 DSGVO herangezogen werden.

 

Sachverhalt

Die Beklagte versendete versehentlich Duplikate eines sechsseitigen Kontoauszuges der Klägerin – die bei der Beklagten ein Girokonto unterhielt – anstatt an die Rechtsanwaltskanzlei U an Herrn Rechtsanwalt T. Hiervon erfuhr die Klägerin durch einen Brief der Rechtsanwaltskanzlei U. Rechtsanwalt T vertrat in einer Erbstreitigkeit des verstorbenen Vaters der Klägerin im Jahre 2015 die Gegenseite. Die Klägerin trug vor, dass diese Erbstreitigkeit für sie sehr belastend gewesen sei und der von der Rechtsanwaltskanzlei U erhaltene Brief sie an die schreckliche Zeit erinnert habe, was sie zutiefst verletzt und traurig gemacht habe. Dieses Gefühl halte bis heute an. Weiterhin sei es unerträglich, dass gerade Rechtsanwalt T Informationen über ihren Kontostand erhalten habe. Die Klägerin bekomme bei dem Thema Herzrasen, sei nervös und fange an zu zittern und zu weinen.

Die Klägerin verlangt daraufhin von der Beklagten u.a. die Zahlung eines Schmerzensgeldes gem. Art. 82 DSGVO in Höhe von 25.000€.

 

Entscheidung

Grundsätzlich kann nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO im Falle eines Verstoßes Schadensersatz verlangt werden. Für die Bemessung können die Kriterien des Art. 83 Abs. 2 DSGVO, z.B. Art, Schwere, Dauer und Umfang des Verstoßes sowie Art, Umfang oder Zweck der Verarbeitung und die betroffenen Kategorien der persönlichen Daten herangezogen werden.

Im vorliegenden Fall handelt sich nach Art, Dauer, Schwere und Umfang des Verstoßes jedoch nur um einen Bagatellfall, der auch unter Berücksichtigung der weiteren Umstände des Einzelfalls kein Schmerzensgeld nach Art. 82 DSGVO rechtfertigen kann. Der Verstoß war nur einmalig und der Kontoauszug umfasste nur wenige Seiten. Zudem hatte die Klägerin nicht dargelegt, dass Rechtanwalt T auch Kenntnis vom Inhalt des Schreibens erlangt hat. Hiergegen sprachen der Eingangsstempel der Kanzlei U sowie ein durchgestrichenes Adressfeld.

Eine Zuerkennung von Schmerzensgeld auch in Bagatellfällen kann nach Ansicht des LG Köln zu einer übermäßigen Geltendmachung von Ansprüchen nach Art. 82 DSGVO führen, was dessen Sinn und Zweck widersprechen würde.

Die Klägerin steht daher trotz einer subjektiv empfundenen Belastung kein Schadensersatzanspruch gem. Art. 82 DSGVO zu.

 

Anmerkung

Aufgrund der mit Art. 82 DSGVO beabsichtigten abschreckenden Wirkung können nach dem LG Köln jedoch insb. bei einer fehlenden Kommerzialisierung hin und wieder ausnahmsweise auch Bagatellfälle vom Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO erfasst sein.

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