,

Recht im Winter II – der gelieferte Weihnachtsbaum

OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.11.2022 – 22 U 137/21

Leitsatz

Wird ein Vertrag über die Lieferung und Aufstellung eines Weihnachtsbaumes geschlossen, so trifft beide Vertragsparteien die Verkehrssicherungspflicht. Sie haften im Schadensfall im Außenverhältnis als Gesamtschuldner, § 421 BGB. Im Innenverhältnis kann indes auch nur der Lieferant haften.

Sachverhalt

Die Beklagte bot Eigentümern und Betreibern eines Einkaufszentrums an, einen Weihnachtsbaum auf ihrem Grundstück gegen eine „Spende“ von 1.500 – 2.100€ aufzustellen. Dies wurde umgesetzt. Der 6m hohe Baum wurde mit Ständer angeliefert und im Eingangsbereich draußen aufgestellt. Der Baum war in einem ca. 1 Tonne schweren Betonständer mit Holzstücken verkeilt.

Der Baum kippte infolge starken Windes (Beaufort 6) um. Noch vor Beginn der Geschäftszeiten am nächsten Tag (8 Uhr) war der Baum wieder aufgerichtet. Von wem der Baum wieder aufgerichtet wurde, ist streitig.

Am Morgen des 24.12. kippte der Baum infolge eines Sturmes (Beaufort 8) erneut um, und traf eine Kundin, die sich eine Fraktur am Knöchel zuzog.

Entscheidung

Der Centerbetreiber hat Ansprüche gegen die Beklagte aus Vertrag gem. §§ 437 Nr. 3, 280, 281, 249 BGB. auch wenn im Außenverhältnis beide verkehrssicherungspflichtig sind, haftet im Innenverhältnis der Lieferant alleine.

  1. Bei dem Vertrag selbst handelte es sich um einen typengemischten (vorwiegend kaufvertraglichen) Vertrag über die Lieferung und Montage eines Weihnachtsbaumes mit späterem Abtransport und Entsorgung. Die Aufforderung zur „Spende“ stellt hierbei nur eine unerhebliche „Falschbezeichnung“ dar. (Anmerkung: falsa demonstratio non nocet)
  2. Die Verkehrssicherungspflicht des Centerbetreibers bestand darin, dass das Publikum das Gelände des Einkaufszentrums sowie dessen Außenbereich gefahrlos betreten könnten. Den Ersatz für den durch diese Pflichtverletzung entstandenen Schaden kann sie von der Beklagten gem. § 426 Abs. 1, 2 BGB ersetzt verlangen.
  3. Die Beklagte war als Lieferantin, die auch den Ständer zu stellen und die Aufstellung zu besorgen hatte, verpflichtet, den Baum sicher aufzustellen. Diese Pflicht verletzte sie vorwerfbar. Denn eine bewegliche Einrichtung muss so aufgestellt werden, dass sie den Windlasten standhält, die üblicherweise im Stadtgebiet erwartet werden können. Der Baum war nicht standsicher aufgestellt, denn er fiel aufgrund des starken Windes am 24.12. und nicht ausschließbar auch am 05.12. des Jahres. Dafür, dass der Baum infolge von Vandalismus oder durch Manipulation Dritter umgekippt ist, gibt es keine Anhaltspunkte. Wodurch der Baum letztlich umgekippt ist, braucht nicht festgestellt werden. Ein Gebäude oder Werk muss den Witterungseinflüssen standhalten, sodass die Ablösung von Teilen hiervon durch die Witterung die fehlerhafte Errichtung bzw. mangelhafte Unterhaltung beweist. Dies gilt entsprechend für einen Weihnachtsbaum. Die mangelnde Standsicherheit wurde von den Mitarbeitern der Beklagten verschuldet, was der Beklagten gem. §§ 280, 281, 278 BGB zugerechnet werden kann.
  4. Wegen der Zahlung des Centerbetreibers (Anm.: hier hat dessen Versicherer geleistet und regressiert, vgl. § 86 VVG). Befriedigt einer der Gesamtschuldner den Gläubiger und kann er von den übrigen Gesamtschuldnern Ausgleich verlangen, geht die Forderung des Gläubigers auf ihn über. Die Höhe dieser Forderung richtet sich grds. nach dem zwischen den Gesamtschuldnern bestehenden zu tragenden Anteil im Innenverhältnis, § 426 Abs. 1 S. 1 BGB. Im Rahmen von Schadensersatzansprüchen richtet sich dies nach dem Maß der Verursachung und hilfsweise dem Verschulden, § 254 BGB.
  5. Vorliegend wurde das Umstürzen des Baumes durch die Beklagte verursacht und das Aufstellen durch die Beklagte initiiert. Es war die Aufgabe der Beklagten, für eine sichere Aufstellung des Baumes zu sorgen. Hierfür verfügte sie auch über geschultes Personal. Der Centerbetreiber verfügte hingegen über kein geschultes Personal, was die Beklagte auch wusste. Dies begründet im Innenverhältnis eine alleinige Haftung der Beklagten.
image_pdf