OLG Schleswig, Urteil vom 16. Juli 2024, Az.: 7 U 89/23 (Revision zugelassen)

 

Leitsätze

Die Verjährung des Regressanspruchs aus § 110 Abs. 1 SGB VII läuft kenntnisunabhängig ab dem Tag der Feststellung der Leistungspflicht für den gesetzlichen Unfallversicherungsträger, wobei diese Feststellung auch für andere Sozialversicherungsträger – namentlich Rentenversicherungsträger – maßgeblich ist.

 

Sachverhalt

Die Parteien stritten um die Feststellung eines Regressanspruchs aus § 110 Abs. 1 SGB VII. Die Klägerin ist gesetzlicher Rentenversicherer des Geschädigten. Der bei der Beklagten beschäftigte Geschädigte erlitt am 14.05.2015 bei der Arbeit als landwirtschaftlicher Helfer einen schweren Arbeitsunfall. Am 24.05.2017 erließ die zuständige gesetzliche Unfallversicherung gegenüber dem Geschädigten einen Bescheid, mit dem der Unfall vom 14.05.2015 als Arbeitsunfall anerkannt und eine Rente als vorläufige Entschädigung gewährt wurde. Unter dem 06.08.2021 beantragte der Geschädigte die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bei der Klägerin. Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Bescheid der zuständigen Berufsgenossenschaft binde auch die Klägerin i. S. d. § 113 S. 1 SGB VII, so dass der Anspruch aus § 110 Abs. 1 SGB VII verjährt sei.

 

Entscheidung

Das OLG stimmt der Beklagten zu: Die bindende Feststellung für den UVT auch für andere SVT maßgeblich ist. Diese Auffassung finde ihre Stütze in der Rechtsprechung des BGH, Urteil vom 08.12.2015, Az. VI ZR 37/15. Dort führte der BGH – obiter dictum – als Argument, dass für den Beginn der Verjährung gemäß § 113 S. 1 SGB VII eine Feststellung der Leistungspflicht dem Grunde nach (und nicht der Höhe nach) genüge, den Umstand an, dass „die für den UVT bindende Feststellung der Leistungspflicht nicht nur Voraussetzung für die Verjährung seiner eigenen Ansprüche ist, sondern auch für die Verjährung der Ansprüche anderer SVT“ (BGH, a.a.O.). Das OLG argumentiert wie der BGH mit dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes argumentiert, wonach die Regelung für alle SVT gelte Dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung drohe zwar die Verjährung seiner Regressansprüche, wenn er nach der Feststellung des Versicherungsfalls durch den UVT nicht innerhalb der ab diesem Zeitpunkt laufenden Verjährung Kenntnis vom Schadenfall erhält. Der Wortlaut des § 110 Abs. 1 SGB VII unterscheide jedoch nicht zwischen verschiedenen SVT, während § 113 S. 1 SGB VII für den Verjährungsbeginn allein auf die Feststellung der Leistungspflicht für den UVT abstelle. Die Regelung sei vom Gesetzgeber offenbar bewusst auch im Zuge diverser Anpassungen nicht grundlegend verändert worden. Eine planwidrige Regelungslücke oder ein redaktionelles Versehen sei demnach nicht erkennbar. Vielmehr stelle sich die Regelung als eine gesetzgeberische Grundentscheidung bei der Abwägung dar, bis wann das Interesse des nach § 110 Abs. 1 SGB VII Haftenden an Rechtssicherheit noch dem Interesse der Versichertengemeinschaft an einer Durchsetzung dieser Regressansprüche vorgehen soll.

 

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