Recht im Winter – Winterreifen im Rahmen des Schadensersatzanspruchs

Winterreifenaufschlag beim Mietwagen ein Schaden?

AG Wuppertal, Urteil vom 23.02.2021 – 31 C 102/20 – 

 

Es war streitig, ob ein Geschädigter, der schadenbedingt (z.B. nach einem Verkehrsunfall) einen Mietwagen anmieten muss, Anspruch auf die Kostenposition „Winterreifen‟ hat.

Das Landgericht Essen urteilte im Jahr 2009, dass ein im Winter angemieteter Mietwagen Winterreifen haben müsse. Diese könnten mithin nicht gesondert abgerechnet und in Rechnung gestellt werden:

„Winterreifen gehören bei einem im Dezember gemieteten Fahrzeug zur Grundausstattung; sie rechtfertigen daher keine Aufschlag.‟

vgl. LG Essen, Urteil vom 13.01.2009 – 15 S 265/08

Abweichend sah es das Landgericht Karlsruhe (Urteil vom 27.09.2013 – 10 O 122/13), welches neben dem Normaltarif ungeprüft auch die Aufschläge für Winterreifen zusprach.

Nachvollziehbar führte das LG Düsseldorf zu der heute herrschenden Rechtsansicht aus, dass es darauf ankomme, ob der örtliche Markt üblicherweise gesondertes Entgelt für Winterreifen verlangt oder nicht. Dies sei entscheidend für die Frage, ob diese Kostenposition nach § 249 BGB einen Schaden darstelle:

„bb) Hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten für die Winterbereifung besteht Streit. Die Klägerin fordert in den Fällen, 2, 3, 5, 8 und 9 diese Kosten. Nach Ansicht des Gerichts sind diese Kosten ebenfalls grundsätzlich erstattungsfähige Nebenleistungen. Denn gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB haben die Geschädigten Anspruch auf die zur Naturalrestitution erforderlichen Mittel. „Erforderlich“ ist demnach der Geldbetrag, der nach den Marktgegebenheiten für eine solche Anmietung aufgewandt werden muss. Wenn auf dem Mietwagenmarkt Mietfahrzeuge mit Winterbereifung nur gegen Zahlung eines Zuschlags für dieses Ausstattungsmerkmal angeboten werden, dann ist der zusätzliche Kostenaufwand für die Ausstattung mit Winterreifen erforderlich i. S. v. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Vorausgesetzt ist dabei, dass die Winterbereifung ihrerseits erforderlich ist, um den Verlust der Nutzungsmöglichkeit des eigenen Kfz auszugleichen. Dies ist nicht nur stets dann der Fall, wenn das verunfallte Kfz mit Winterreifen ausgestattet war, sondern auch in allen Fällen, in denen während der Mietdauer ernstlich mit der Möglichkeit von Wetterlagen gerechnet werden muss, die mit Rücksicht auf § 2 Abs. 3a StVO a.F. eine Winterausrüstung des Mietwagens erforderlich machen. Da der Mieter Verantwortung für fremdes Eigentum übernehmen muss, ist ihm in der kalten Jahreszeit die Haftung für den Mietwagen ohne Winterreifen selbst dann nicht zuzumuten, wenn er sein eigenes Fahrzeug nicht mit Winterreifen ausgerüstet hat.

Das Argument, in der Winterzeit sei die Ausrüstung eines Mietwagens mit Winterreifen eine „Selbstverständlichkeit“, die mit dem Normaltarif abgegolten sei, trägt dann nicht, wenn der Markt dies gerade nicht als „selbstverständlich“ voraussetzt. Dass dies so ist, ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus dem Umstand, dass die Schwacke-Liste aufgrund der Erhebungen bei unzähligen Autovermietern Winterreifen als typischerweise gesondert zu vergütende Zusatzausstattung ausweist.‟

vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 23.04.2014 – 7 O 143/13

Dieser Ansicht folgten richtigerweise beispielsweise auch das OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. April 2015 – I-1 U 114/14, und das AG Wuppertal, Urteil vom 23.02.2021 – 31 C 102/20.

Dieser Anspruch soll sogar dann bestehen können, wenn das Fahrzeug des Geschädigten keine Winterreifen montiert hat:

Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit der Winterreifen ist dabei aber stets, dass diese ihrerseits erforderlich gewesen sind, um den Verlust der Nutzungsmöglichkeit des eigenen Kfz auszugleichen. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn das verunfallte Kfz mit Winterreifen ausgestattet war, sondern in allen Fällen, in denen während der Mietdauer ernstlich mit der Möglichkeit von Wetterlagen gerechnet werden muss, die mit Rücksicht auf § 2 Abs. 3a StVO eine Winterausrüstung des Mietwagens erforderlich machen. Da der Mieter Verantwortung für fremdes Eigentum übernehmen muss, ist ihm in der kalten Jahreszeit die Haftung für den Mietwagen ohne Winterreifen selbst dann nicht zuzumuten, wenn er sein eigenes Fahrzeug nicht mit Winterreifen ausgerüstet hat (vgl. OLG Stuttgart, NZV 2011, 556 ff.).

vgl. AG Königswinter, Schlussurteil vom 29.11.2022 – 10 C 23/22

Die Anmietung des Ersatzfahrzeuges mit Winterreifen wird in der Regel auch noch im März erforderlich sein, wenn jedenfalls partiell mit Winterwetter gerechnet werden muss.

 vgl. AG Waldbröl, Urteil vom 18.06.2020 – 15 C 10/20

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