Kein Mangel trotz abrede- sowie regelwidriger Ausführung!

  1. Ein Mangel ist zu verneinen, wenn ein Auftragnehmer anderes als das vereinbarte Baumaterial verwendet, das vereinbarte Baumaterial jedoch ungeeignet ist.

 

  1. Ein Mangel ist zu verneinen, wenn zwar ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik vorliegt, sich dieser Verstoß aber nicht auswirkt in der Funktionsfähigkeit.

 

OLG Brandenburg, Urteil vom 28.09.2023 – Az.: 10 U 21/23

 

Sachverhalt

Die Klägerin begehrt Werklohnanspruch nach Herstellung einer Horizontalsperre zur Abdichtung eines Wohnhauses. Die Beklagten machen Gewährleistungsansprüche geltend. Das Werk sei mangelhaft, da – was unstreitig ist – nicht das vereinbarte Material verwendet worden sei. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen entsprochen, insbesondere einen Mangel nicht bejaht. Das ursprünglich vereinbarte Mittel sei nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens ungeeignet. Ausgeführt worden sei zwar entgegen den anerkannten Regeln der Technik (Voruntersuchung, Bauzustandsanalyse fehlten), doch habe die Beweisaufnahme ergeben, dass die Abdichtung erfolgreich und ohne Gebrauchsnachteile für die Beklagten sei.

 

Die Beklagten haben Berufung gegen dieses Urteil eingelegt.

 

Entscheidung

Das OLG Brandenburg hat die Berufung der Beklagten im überwiegenden Umfang zurückgewiesen.

 

Ein Mangel des Gewerkes der Klägerin liege nicht darin, dass anstelle des vertraglich vereinbarten Injektionsmittel ein anderes Mittel verwendet worden sei. Allerdings müsse der Vertrag nach §§ 133, 157 BGB so ausgelegt werden, dass das Interesse der Beklagten als Besteller sich erschöpfe im werkvertraglich geschuldeten Erfolg, nämlich der Herstellung der ordnungsgemäßen nachträglichen Einbringung der Horizontalsperre. Dieser geschuldete Werkerfolg habe mit dem Einsatz der vertraglich vereinbarten Mittel nicht erreicht werden können, da ausweislich des Sachverständigengutachtens dies für die bauliche Situation des Einfamilienhauses nicht geeignet gewesen sei.

 

Auch führe die regelwidrige Herstellung der Horizontalsperre durch die Klägerin nicht zur Annahme eines Mangels. Zwar widerspreche das Unterlassen von Voruntersuchungen und der Bauzustandsanalyse den anerkannten Regeln der Technik. Ein Mangel sei dennoch ausnahmsweise nicht anzunehmen, da der Verstoß sich nicht nachteilig ausgewirkt habe. Der Sachverständige habe bestätigt, dass zwar ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik vorliege, jedoch diese Verstöße sich nicht nachteilig ausgewirkt hätten.

 

Praxishinweis

Unzutreffend ist die Annahme, dass bei Verwendung eines anderen als des vereinbarten Materials ein Mangel nicht vorläge. Wird die Verwendung eines bestimmten Materials vereinbart, so ist dieses einzubauen. Bei Einbauen des anderen Materials liegt ein Mangel vor. Wenn das ursprünglich vereinbarte Material ungeeignet sein sollte, hat der Auftragnehmer die Möglichkeit des Bedenkenhinweises.

 

Wenn darüber hinaus eine Ausführung der Arbeiten entgegen den anerkannten Regeln der Technik erfolgt, liegt gleichfalls ein Mangel vor. Dies gilt auch dann, wenn sich der Ausführungsfehler nicht nachteilig ausgewirkt hat, so ein Funktionsmangel nicht gegeben ist. Eine ganz andere Frage ist, ob sich aus der Ausführung entgegen den anerkannten Regeln der Technik für einen solchen Fall Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers herleiten lassen, was allerdings lediglich eine Frage der Rechtsfolgen wäre.

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