Aktivlegitimation Grüne Karte Büro

OLG Hamm, Urteil vom 6.4.2017 — Aktenzeichen: 24 U 110/16

Als erstes Obergericht hatte sich das OLG Hamm mit der Frage zu befassen, wer eine Überzahlung des im Auftrag des Grüne-Karte-Büros tätigen Schadenregulierers zurückfordern kann.

Ausführlich mit Anmerkungen des Verfassers in: VersR 2018, 53 ff.

Leitsatz
Wird durch einen Schadenregulierer, der vom im Inland zuständigen Grüne-Karte-Büro beauftragt wurde, nach einem Verkehrsunfall der Schaden reguliert, bleibt das Grüne-Karte-Büro „Leistender“ i.S.v. § 812 BGB.

Sachverhalt
Nach einem Verkehrsunfall in Deutschland unter Beteiligung des klägerischen LKW aus den Niederlanden und einer in Spanien zugelassenen Sattelzugmaschine, regulierte der vom Grüne-Karte-Büro beauftragte Schadenregulierer einen Pauschalbetrag. In der Folge entstand Streit über die unfallbedingten Beschädigungen, weshalb eine weitere Regulierung abgelehnt worden ist und die pauschale Entschädigung durch das Grüne-Karte-Büro zurückverlangt wird, da eine Abgrenzung zu den Vorschäden nicht möglich sei und daher ein Schadenersatzanspruch nicht bestünde.

Nach dem die Klägerin die Rückzahlung verweigerte und im Klageverfahren einen weiteren Schadenersatz verfolgte, erhob das Grüne-Karte-Büro Widerklage, gerichtet auf Rückzahlung der vollständigen Entschädigung an sich.

Im Rahmen der Beweisaufnahme hat sich bestätigt, dass das klägerische Fahrzeug erhebliche Vorschäden aufgewiesen hat und die Reparaturkosten unterhalb der pauschalen Entschädigung lagen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage teilweise stattgegeben. Die Berufung, die auf die Abwehr der Widerklage beschränkt ist, hatte teilweise Erfolg.

Entscheidung
Ausreichender Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit deutschen Rechts nach Artt. 10 Abs. 1, 4 Abs. 1 Rom-II-Verordnung ist der gemeinsame Unfallort in Deutschland. Dass die beiden unfallbeteiligten Fahrzeuge im EU-Ausland zugelassen sind, ist insoweit für das anzuwendende Recht nicht erheblich.

Da das Grüne-Karte-Büro im Wege der Widerklage eine Regulierung des Schadenregulierers beansprucht, ist zu prüfen, wer „Leistender“ i.S.v. § 812 BGB und mithin aktivlegitimiert ist. Zutreffen hat das OLG die klägerische Ansicht, dass der Schadenregulierer „Leistender“ sein soll, abgelehnt. Denn die Antwort auf die Frage, wer die Leistung erbringt, richtet sich nach der Zweckbestimmung der Beteiligten und hilfsweise nach dem Empfängerhorizont.

Der Direktanspruch der Klägerin bestand unter Berücksichtigung der Passivlegitimation des Grüne-Karte-Büros gerade gegen dieses und nicht gegen den Schadenregulierer, dessen sich das Grüne-Karte-Büro lediglich zu Erfüllung, wenn auch einer nur vermeintlich, bestehenden Forderung bedient.

Insbesondere, so das OLG zutreffend weiter, sollte durch die Einführung des Systems Grüne-Karte die Schadenregulierung bei Auslandsbeteiligung vereinfacht werden. Wenn nun der Geschädigte jedoch von einem bisher unbeteiligten Dritten, entweder dem Schadenregulierer oder dem ausgleichspflichtigen ausländischen Haftpflichtversicherer, auf Rückzahlung einer (vermeintlichen) Überzahlung in Anspruch genommen würde, müsste dieser prüfen, ob diesem tatsächlich ein Anspruch zustünde. Dies sei systemwidrig.

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