Recht im Winter – Sommerreifen bei Winterwetter

AG Lüdinghausen, Urteil vom 29.09.2023, Az. 11 C 65/22  

Sachverhalt Unfall mit Sommerreifen bei Winter

Fahrer F fuhr mit seinem Pkw, auf welchem Sommerreifen montiert waren, bei Winterwetter (leichter Schneefall) im öffentlichen Straßenverkehr. Er konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und kollidierte mit dem Fahrzeug des A, welches seinerseits bereits vor diesem Zusammenstoß in einen Unfall verwickelt war und daher am Unfallort auf der Fahrbahn stand. Streitig war – und konnte letztlich auch nicht durch Sachverständigengutachten geklärt werden –, ob sich die erste Kollision in einem erheblichen Zeitraum vor der zweiten Kollision (F in A) ereignete, sodass die verminderte Bremswirkung der Sommerreifen unfallursächlich war oder ob die erste Kollision sich derart ereignete, dass sie unmittelbar im Fahrweg des F erfolgte, daher der Bremsweg verkürzt wurde und F selbst im Falle von montierten Winterreifen nicht mehr unfallvermeidend hätte bremsen können.

Der Kfz-Haftpflichtversicherer von F regulierte 2/3 des Schadens des A, der aus dem zweiten Unfall entstand. A klagte gegen F und seinen Kfz-Haftpflichtversicherer auf das übrige Drittel.

Entscheidungsgründe

Das Gericht wies die Klage ab. Der Kläger hatte keine weitergehenden Ansprüche, da seine Ansprüche durch Erfüllung (§ 362 BGB) erloschen waren.

Da zwei Kraftfahrzeuge beteiligt waren, welche jeweils der Betriebsgefahr unterlagen und das Unfallereignis für niemanden unabwendbar war (, wobei auf den Idealfahrer abzustellen ist, OLG Hamm, Urteil vom 11. September 2012, I-9 U 32/12), hin die Haftungsverteilung gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 StVG davon ab, inwieweit der Unfall von dem einen oder anderen verursacht worden ist. Nur unstreitige oder erwiesene Tatsachen konnten hier Berücksichtigung finden.

Unstreitig war, dass das Fahrzeug des F mit Sommerreifen ausgestattet war, obwohl die Wetterverhältnisse Winterreifen erfordert hätten (vgl. § 2 Abs. 3a StVO). Das führt zur Erhöhung der Betriebsgefahr des Fahrzeuges des F.

Aufgrund des Sachverhaltes stand nicht fest, ob diese Pflichtverletzung (Sommerreifen statt Winterreifen) unfallursächlich gewesen ist. Dies war auch durch einen Sachverständigen nicht feststellbar.

Daher bestand kein Anspruch des A über den regulierten Teil hinaus.

 

Anmerkung

Ob A überhaupt 2/3 verlangen konnte, musste das Gericht nicht mit Rechtskraft entscheiden. Es führte aus, dass es die vorgerichtliche Regulierung als zutreffend ansähe. Hierüber könnte man indes streiten. Denn eine Pflichtverletzung, welche sich nicht kausal ausgewirkt hat (vgl. BGH NJW 1995, 1029 zur absoluten Fahruntüchtigkeit), müsste unbeachtet bleiben. Dann wäre die Quote 50-50 gewesen. Darauf kam es indes vorliegend nicht an.

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