Zu Streupflichten auf öffentlichen Parkplätzen

Oberlandesgericht München, Urteil vom 10.10.2012 — Aktenzeichen: 1 U 2408/12

Leitsatz
Die von winterlichen Wetterverhältnissen ausgehenden Gefahren fallen nicht in den Risikobereich des Verkehrssicherungspflichtigen, sondern in das allgemeine Lebensrisiko des Nutzers der Verkehrsfläche. Der Verkehrssicherungspflichtige schuldet, dies gilt erst recht für einen Parkplatz, keine perfekten Lösungen, sondern er muss lediglich im Rahmen des ihm Zumutbaren der von winterlichen Verhältnissen ausgehenden Gefährdung begegnen.

Sachverhalt
Die Klägerin kam auf einem öffentlichen Parkplatz zu Fall, als sie auf Glatteis stürzte. Dabei hätte sie die glatte Stelle meiden können. Es gab nämlich einen Zebrastreifen, der hätte benutzt werden können. Daher gab´s am Ende kein Schadensersatz.

Entscheidung
Das Oberlandesgericht hat Folgendes entschieden:

Ein öffentlicher Parkplatz ist kein Gehweg. Aus diesem Grund dürfen an die Räum- und Streupflicht auf öffentlichen Parkplätzen auch nicht die Anforderungen angelegt werden, die für Fußgängergehwege gelten. Ein Parkplatz ist in erster Linie zur Aufnahme des ruhenden Kfz-Verkehrs bestimmt. Da ein Parkplatz aber auch von den Fahrzeuginsassen als Fußgänger benutzt werden muss, darf ein Parkplatz andererseits rechtlich nicht einfach wie eine Fahrbahn behandelt werden. Deshalb muss der Verkehrssicherungspflichtige auch auf einem Parkplatz, jedenfalls wenn dieser belebt ist, in gewissem Umfang für die Sicherheit der Fußgänger sorgen. Die Situation des Fußgängers auf einem Parkplatz ist sach- und rechtsähnlich wie das Überqueren der Fahrbahn durch Fußgänger gelagert. Der Verkehrssicherungspflichtige muss deshalb jedenfalls für eine Möglichkeit zum gefahrlosen Verlassen des Parkplatzes bzw. zum gefahrlosen Wiedererreichen des geparkten Fahrzeuges sorgen.

Deshalb muss sich die Klägerin entgegenhalten lassen, dass sie die Parkplatzstraße nicht über den Zebrastreifen, sondern abseits von diesem abkürzend überquert hat.

Da die Beklagten auf dem Parkplatz nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur einen (!) sicheren Weg bereithalten mussten, hat die Klägerin die Straße abseits des Zebrastreifens auf eigenes Risiko hin abkürzend gequert. Die Klägerin ist damit, was einer Haftung der Beklagten von vorneherein entgegensteht, in einem nicht sicherungspflichtigen Bereich gestürzt. Die vom Bundesgerichtshof gezogene Sach- und Rechtsanalogie zur Überquerung der Fahrbahn durch Fußgänger lässt keinen Zweifel daran, dass der Zebrastreifen und nur dieser zu sichern war. Den durch Pfosten abgetrennten Eingangsbereich des Marktes, für den die vorgenannten Grundsätze der Parkplatzrechtsprechung nicht gelten, hatte die Klägerin zum Zeitpunkt des Sturzes nicht erreicht.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die von winterlichen Wetterverhältnissen ausgehenden Gefahren nicht in den Risikobereich des Verkehrssicherungspflichtigen, sondern in das allgemeine Lebensrisiko des Nutzers der Verkehrsfläche fallen. Der Verkehrssicherungspflichtige schuldet, dies gilt erst recht für einen Parkplatz, keine perfekten Lösungen, sondern er muss lediglich im Rahmen des ihm Zumutbaren der von winterlichen Verhältnissen ausgehenden Gefährdung begegnen. Im Übrigen muss sich der Nutzer selbst vorsehen.

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