Wer trägt das Risiko von Stahlpreiserhöhungen?

OLG Hamburg, Urteil vom 28.12.2005 — Aktenzeichen: 14 U 124/05

Der Stahlbauunternehmer kann nicht Anpassung angebotener Preise verlangen, wenn die Stahlpreise auf dem Weltmarkt steigen. Auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB kann er sich nicht berufen.

Sachverhalt
Der Auftragnehmer schuldet dem Auftraggeber Stahlbauleistungen. Sein Angebot hat er auf Grundlage eines freibleibenden Angebots seines Stahllieferanten kalkuliert. Das Angebot wurde dem Auftraggeber übermittelt. Just in diesem Moment begannen die Stahlpreise auf dem Weltmarkt stark zu steigen. Der Auftraggeber nahm (natürlich) das sich nunmehr als günstig erweisende Angebot des Auftragnehmers an.

Der Auftragnehmer beruft sich – aufgrund der drastischen Stahlpreiserhöhung auf dem Weltmarkt — auf eine Störung der Geschäftsgrundlage und verlangt die Vereinbarung neuer Preise. Damit war der Auftraggeber nicht einverstanden. Dies nahm der Auftragnehmer zum Anlass, seine Leistungen zu verweigern. Nunmehr drohte großer Schaden. Um einen Stillstand des Bauvorhabens zu vermeiden, vereinbarten die Parteien zunächst höhere Zahlungen, die allerdings unter dem Vorbehalt der Rückforderung standen. Nach Beendigung der Arbeiten verlangte der Auftraggeber Rückzahlung.

Im Ergebnis mit Erfolg.

Entscheidung
Das OLG Hamburg vertritt die Auffassung, dass die eingetretene Preiserhöhung ausschließlich in den Risikobereich des Auftragnehmers falle. Denn für den Auftraggeber sei nicht erkennbar gewesen, dass der Auftragnehmer seinen Preis auf Grundlage eines Angebots des Stahllieferanten kalkuliert habe. Aus diesem Grund sei das Angebot des Lieferanten auch nicht Vertragsgrundlage geworden. Es sei lediglich eine einseitige Erwartung des Auftragnehmers geblieben, sich auf dem Stahlmarkt zu auskömmlichen Preisen mit dem benötigten Stahl eindecken zu können. Auch dem Einwand des Auftragnehmers, es sei nicht gerechtfertigt, dieses außergewöhnliche Risiko einer Stahlpreiserhöhung ihm allein aufzubürden, zog nicht. Das OLG meint, es handele sich hier vielmehr um eine typische vertragliche Risikoverteilung.

Hinweis für die Praxis
Das Risiko, dass sich ein kalkulierter und angebotener Preis späterhin als nicht auskömmlich erweist, trägt grundsätzlich der Auftragnehmer. Dies entspricht auch dem geltenden Baurecht. § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) ändert daran nichts. Dies könnte allenfalls dann anders sein – und so kann das Urteil des OLG Hamburg interpretiert werden -, wenn der anbietende Auftragnehmer seine Einkaufspreise für Stahl im Rahmen der Angebotsphase offen legt. In dieser Konstellation könnte – so jedenfalls das OLG Hamburg – der Einkaufspreis Geschäftsgrundlage werden.

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