Vorsicht Falle – Fehlende Schriftform bringt langfristigen Mietvertrag zu Fall
BGH, Urteil vom 23.1.2013 — Aktenzeichen: XII ZR 35/11
Sachverhalt
Die Klägerin mietete als eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts Räume. In dem schriftlich abgefassten Mietvertrag war eine feste Laufzeit von 10 Jahren vorgesehen. Als Mieterin ist die genau bezeichnete R. GbR vorgesehen. Einzelne Gesellschafter sind nicht aufgeführt. Unterschrieben wurde der Vertrag auf Mieterseite nur von einem Gesellschafter der GbR. Der Unterschrift beigefügt war ein Stempelabdruck der R. GbR. Vor Ablauf der 10-Jahresfrist kündigte die GbR den Mietvertrag unter Hinweis auf die fehlende Schriftform; die klagende GbR rügte, der Vertrag sei nicht von allen 15 Gesellschaftern unterzeichnet worden.
Mit der Klage hatte die Klägerin in erster Instanz zunächst keinen Erfolg. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht die vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses festgestellt. Der BGH hob diese Entscheidung auf und stellte das landgerichtliche Urteil wieder her.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof hielt das Schriftformerfordernis des § 550 BGB für gewahrt. Auch wenn es prinzipiell für die Einhaltung der Schriftform es grundsätzlich erforderlich sei, dass alle Vertragsparteien die Urkunde unterzeichneten, hält der Bundesgerichtshof die Unterzeichnung durch einen Vertreter für ausreichend, sofern das Vertretungsverhältnis durch einen klaren Zusatz deutlich zum Ausdruck kommt. Ein solches Vertretungsverhältnis wurde nach Einschätzung des Bundesgerichtshof hier durch einen der Unterschrift beigefügten Stempelaufdruck der R. GbR angezeigt. Der zusätzlichen Unterschriften der weiteren geschäftsführenden Gesellschafter bedurfte es nach Auffassung des BGH nicht.
Praxishinweis
Auch wenn der Bundesgerichtshof seine sogenannte Auflockerungsrechtsprechung hier weiter fortgeführt hat und einen Schriftformverstoß aufgrund eines zusätzlichen Stempelaufdrucks verneint hat, bleibt es dabei: Die Gestaltung von gewerblichen Mietverträgen erfordert besondere Vorsicht.
Nach der Regelung in § 550 BGB müssen langfristige Mietverträge, also solche, die für eine längere Zeit als ein Jahr geschlossen werden, schriftlich vereinbart werden. Alle wesentlichen Abreden müssen schriftlich formuliert sein. Denn das Schriftformerfordernis dienst in erster Linie dem Schutz eines etwaigen Grundstückserwerbers und nicht den Interessen der Vertragsparteien; ein Rechtsnachfolger auf Vermieterseite (durch Eigentumswechsel) muss ohne Weiteres erkennen können, was die wechselseitigen Vertragspflichten sind. Natürlich muss ein Rechtsnachfolger auch ohne Weiteres erkennen, wer sein Vertragspartner ist. Im vorliegenden Fall hielt der Bundesgerichtshof die Eigenschaft der GbR, Vertragspartei zu sein, für klar erkennbar; der Firmenstempel weise den Unterschreibenden als unterschriftsberechtigt aus. Der Fall zeigt allerdings zugleich, dass die Schriftform etwa verletzt ist, wenn von mehreren vertretungsberechtigten Gesellschaftern nur einer ohne Hinweis auf Einzelvertretungsbefugnis zeichnet. Unterzeichnet etwa bei einer nur gemeinschaftlichen Vertretungsbefugnis ein Organmitglied einer Gesellschaft, ist die Schriftform lediglich dann gewahrt, wenn die Unterschrift zugleich den Hinweis enthält, dass das unterzeichnende Organ Mitglied zugleich die weiteren Organmitglieder vertreten will, die nicht unterzeichnet haben.
Letztlich kann man den Mietvertragsparteien nur raten, bei der Formulierung des Mietvertrages aufzupassen. Anderenfalls laufen beide (!) Parteien Gefahr, dass sich eine Partei vorzeitig vom Vertrag lösen kann, obwohl solches tatsächlich nicht gewollt war.