Zu den Voraussetzungen der ärztlichen Invaliditätsfeststellung in der privaten Unfallversicherung

OLG Koblenz, Urteil vom 18.11.2011 — Aktenzeichen: 10 U 230/11

Das OLG Koblenz hat mit Urteil vom 18.11.2011 klargestellt, dass in Fällen, in denen die Vertragsparteien einer privaten Unfallversicherung (PUV) in den besonderen Bedingungen der Unfallversicherung eine Erweiterung des Versicherungsschutzes in Form einer zusätzlichen Unfallrente ab einem Invaliditätsgrad von 50 % vereinbaren, auch für diesen Anspruch die Fristen zum Invaliditätseintritt und zur ärztlichen Invaliditätsfeststellung der Grundversicherungsbedingungen Geltung finden. Darüber hinaus hat das Gericht klargestellt, dass der Bericht eines Neuropsychologen nicht die Voraussetzungen einer ärztlichen Invaliditätsfeststellung erfüllt, weil ein Neuropsychologe kein Arzt ist.

Hintergrund für den Rechtsstreit war eine private Unfallversicherung, im Rahmen derer die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB) 94 vereinbart waren. Gem. § 7 Nr. I (1) Abs. 2 AUB war Voraussetzung für einen Anspruch des dort klagenden Versicherungsnehmers auf Versicherungsleistung, dass die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten und spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt worden sein musste. In dem konkreten Versicherungsvertrag waren zwischen den beteiligten Parteien darüber hinaus weitere „Besondere Bedingungen für die Versicherung einer monatlichen Unfallrente bei einem Invaliditätsgrad ab 50 %“ vereinbart. Durch diese besonderen Bedingungen wurde § 7 Nr. I AUB 94 im konkreten Fall dahingehend erweitert, dass dann, wenn der Unfall zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit des Versicherten von mind. 50 % führte, unabhängig vom Lebensalter des Versicherten zusätzlich die im Versicherungsschein festgelegte Unfallrente gezahlt werden sollte.

Da mit dieser besonderen Bedingung nur eine Erweiterung der Regelungen des § 7 Nr. 1 AUB 94 erfolgen sollte, sind — so das OLG Koblenz — die hierin vorgesehenen formellen Voraussetzungen für eine Invaliditätsleistung (Eintritt der Invalidität von 12 Monaten und ärztliche Feststellung innerhalb von 15 Monaten) auch einschlägig, soweit es um Invaliditätsleistungen in Form einer Rente ging.

Soweit der Kläger eine Bescheinigung einer psychologischen Psycho- und Verhaltenstherapeutin und Neuropsychologin, die innerhalb der relevanten Frist erstellt worden sei, vorgelegt habe, stelle diese Bescheinigung im Übrigen keine den Anforderungen des § 7 Nr. I AUB 94 gerecht werdende „ärztliche Invaliditätsfeststellung“ dar. Zum einen enthielten nämlich die dortigen Ausführungen nicht die konkrete Feststellung, dass der Unfall des Klägers für bestimmte, bei ihm eingetretene dauerhaften Folgen ursächlich sei.

Zum anderen fehle es aber auch an einer „ärztlichen“ Feststellung, weil die dort attestierende Neuropsychologin gerade keine Ärztin sei.

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