Das vom Wind zugeschlagene Eisentor

LG Köln, Urteil vom 31.10.2019 – 16 O 438/18

Leitsätze (nicht amtlich)

  1. Grundsätzlich ist niemand gehalten, andere von Eigenverletzungen abzuhalten.
  2. Eine Verkehrssicherungspflichtverletzung liegt nur vor, wenn für einen sachkundig Urteilenden eine Gefahrenlage für Dritte naheliegt.
  3. Es aber keine Vorsorge getroffen werden, wenn die Gefahr für jeden offensichtlich ist.
  4. Besonderheiten des Geschädigten sind entscheidend für den Umfang der Verkehrssicherungspflicht.
  5. Bestehen besondere Pflichten gegenüber einer bestimmten Person, weitet das nicht allgemein die Pflichten aus.

Sachverhalt
Der Beklagte steuerte ein Auto und bat seine Lebensgefährtin, das Tor zur Hofeinfahrt hinter dem Fahrzeug zu schließen. Während die Lebensgefährtin dies erledigen wollte, wurde das Eisentor von einem Windstoß erfasst. Die Lebensgefährtin fasste reflexartig an die Kante, weshalb ihre Finger beim Zuschlagen des Tores gequetscht wurden.

Wegen der Besonderheiten der Hofeinfahrt kommt es dort vermehrt zu Windstößen. Das Tor war gegen ein Zuschlagen nicht gesondert gesichert. Streitig war, ob die Mutter des Beklagten, körperlich beeinträchtigt durch mehrere Schlaganfälle, bereits einmal von der Tür wegen Windes zurückgedrängt wurde.

Die Lebensgefährtin verklagte den Beklagten auf Schadensersatz und stützte die Inanspruchnahme auf eine vermeintliche Verkehrssicherungspflichtverletzung.

Das Landgericht Köln wies die Klage ab.

Entscheidungsgründe
Der Beklagte hat gegenüber der Klägerin keine Verkehrssicherungspflicht verletzt.

Denn:

  1. Es ist für jeden offensichtlich, dass eine Torfläche von einem Windstoß erfasst werden kann.
  2. Ein Benutzer der Tür kann sich unproblematisch selbst vor einem Einquetschen der Finger schützen, indem er das Tor an der Fläche oder an dem Griff hält.
  3. Wenn die Tür vom Wind zugeschlagen wird, kann man sich durch einen Schritt heraus auch aus dem Gefahrenbereich entfernen.
  4. Es besteht keine allgemeine Pflicht zum Einbauen eines Türdämpfers oder zur Erteilung von Hinweisen auf die Schwere eines Tores oder dessen „Windanfälligkeit‟.
  5. Selbst wenn der Beklagte gegenüber seiner gesundheitlich beeinträchtigten Mutter erhöht pflichtig sein sollte, erhöhte dies nicht die Pflichten des Beklagten gegenüber der gesunden Klägerin.
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