Planer und Bauunternehmer: Gesamtschuldner?

OLG Stuttgart, Urteil vom 30.09.2019 – 10 U 107/19

Leitsatz:
Ein Auftraggeber muss sich ein Verschulden des Planers als Mitverschulden zurechnen lassen. Der Haftungsanteil des ausführenden Unternehmers ist von vorne herein gekürzt. Eine Gesamtschuld ist nur bezüglich der gemeinsamen Haftung (Quote von Planer und Unternehmer) gegeben.

Sachverhalt:
Der Bauherr beauftragt einen Generalplaner mit Planung und Bauüberwachung sowie ein ausführendes Unternehmen mit der Errichtung des Rohbaus. Nach Abnahme treten Risse in der Bodenplatte auf. Ursache sind Planungsfehler sowie Ausführungsfehler und Überwachungsfehler. Klageweise begehrt das ausführende Unternehmen die Feststellung, dass der Generalplaner allein für die Risse verantwortlich sei, der Generalplaner hingegen begehrt die Feststellung, dass der Unternehmer im Innenverhältnis zu 70 % hafte.

Entscheidung:
Das OLG Stuttgart stellt in zweiter Instanz fest, dass die Feststellungsklagen unbegründet sind. Das Vorliegen einer Gesamtschuld ist Voraussetzung für die Begründetheit beider Klagen. Grundsätzlich ist von einer Gesamtschuld zwischen Planer bzw. Überwacher einerseits und Unternehmer andererseits auszugehen, wenn bei Auftreten eines Baumangels insoweit zwei Pflichtverletzungen zusammentreffen. Dies gilt uneingeschränkt lediglich zwischen dem ausführenden Unternehmen und dem Überwacher. Anders ist dies im Verhältnis zum Planer. Der Anteil des Planers ist im Verhältnis zum ausführenden Unternehmen um ein Mitverschulden des Bauherrn anteilig zu kürzen, §§ 254, 278 BGB. Der Unternehmer haftet im Außenverhältnis zum Bauherrn lediglich in Höhe seiner eigenen Quote. Darüber hinaus haftet der Planer dem Bauherrn allein, eine Gesamtschuld liegt diesbezüglich nicht vor. Das Gesamtschuldverhältnis ist nämlich begrenzt auf die Quote, in der beide dem Auftraggeber gegenüber haften. Folgerichtig kann nur bezüglich dieses Teiles ein Innenausgleich stattfinden und auch begehrt werden. Die Höhe der Quote für das Mitverschulden wegen eines Planungsfehlers einerseits und dem Innenausgleich im Rahmen der Gesamtschuld andererseits richten sich nach dem Einzelfall. Es gibt keinen Grundsatz, nach dem der Planer stärker haften würde als das ausführende Unternehmen. Auch existiert kein Grundsatz, dass ein Ausführungsverschulden des Handwerkers das Überwachungsverschulden des Architekten stets überwiegt.

 

 

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