Mitgefangen, mitgehangen – Oder wann haften Ehepartner? Schließt der Bauvertrag des Ehemanns die Ehefrau mit ein?
OLG Frankfurt, Urteil vom 10.08.2018 – 8 U 109/14 (BGH Beschluss vom 24.02.2021 – VII ZR 1778/18)
Leitsatz
Ein nur von einem Ehepartner unterschriebener Auftrag über die Renovierung eines Bads und eines Schlafzimmers mit einem Auftragswert von über 34.000 Euro stellt ein auch den anderen Ehegatten verpflichtendes Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs dar, wenn der Vertragsabschluss erkennbar auf einer vorher getroffenen Absprache zwischen den Eheleuten beruht.
Zum Fall
Eine Handwerkerfirma hatte den Eheleuten eine Renovierung ihres Bade- und Schlafzimmers angeboten. Volumen mehr als 34.000 Euro. Das Angebotsschreiben war an beide Eheleute adressiert worden. Unterschrieben hatte aber nur der Ehemann, was die Ehefrau nicht hinderte, sich ebenfalls als Auftraggeberin zu gerieren. Beide Eheleute wurden also als Auftraggeber wahrgenommen.
Nach Fertigstellung der Arbeiten zahlten die Eheleute nicht, woraufhin die Handwerkerfirma ihre Rechnung klageweise geltend machte. Verklagt wurden beide Eheleute als Gesamtschuldner.
Die Ehefrau widersprach und stellte sich auf den Standpunkt, dass sie an dem geschlossenen Bauvertrag nicht beteiligt wäre. Diese Verteidigung hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Das Oberlandesgericht entscheidet in II. Instanz, dass auch die Ehefrau Vertragspartei des geschlossenen Werkvertrags geworden sei. Beide Ehepartner werden dazu verurteilt, als Gesamtschuldner die offene Vergütung der Handwerkerfirma zzgl. Zinsen zu zahlen.
Der Ehemann könne auf Grundlage des § 1357 BGB den Vertrag auch für seine Frau abschließen. Die Erbringung von Handwerkerleistungen im gemeinsamen Haushalt sei ein Geschäft zur Deckung des Lebensbedarfs.
Grundsätzlich erfasse § 1357 BGB nur Geschäfte des alltäglichen Lebens, die ein Ehegatte selbständig erledigen könne. Beide Ehegatten würden dabei berechtigt und verpflichtet gem. § 1357 I 2 BGB. Geschäfte mit einem größeren Umfang gehörten dazu zwar grundsätzlich nicht; allerdings sei eine Erweiterung über das Übliche hinaus möglich. Maßgeblich für das Geschäft sei dabei das individuelle Verhältnis der Eheleute. Insbesondere bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts, bei dem deutlich erkennbar sei, dass es sich um eine gemeinsame, abgestimmte Entscheidung beider Ehegatten handele, sei an der Frage, ob es sich um ein Geschäft zur Deckung des Lebensbedarfs der Familie ist, nicht zu zweifeln. So auch in diesem Fall, zumal die Handwerkerfirma aufgrund der Umstände davon ausgehen durfte, dass beide Eheleute als Auftraggeber wahrgenommen werden wollten.
Ein Ausschluss nach § 1357 II BGB sei in diesem Fall nicht ersichtlich.
Unter diesen Umständen trete die Notwendigkeit, den nicht selbst unterzeichneten Ehegatten vor einer möglichen Inanspruchnahme aus dem geschlossenen Vertrag zu schützen, zurück. Das Vertrauen des Geschäftspartners auf die Mithaftung des Ehegattens wiege schwerer.
Der BGH hat mit dem Beschluss vom 24.02.2021 – VII ZR 178/18 die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.