Architekt darf Auskünften des Bauunternehmers zu statischen Fragen nicht trauen.

OLG Hamm, Urteil vom 1.9.2014 — Aktenzeichen: 17 U 30/12

Leitsatz
Zur Erstellung der Statik ist es erforderlich, Lastangaben zu berücksichtigen. Der Architekt muss diese Daten beschaffen. Der Architekt macht sich ersatzpflichtig, wenn er sich im Rahmen der Planung auf fehlerhafte Angaben des vom Auftraggeber beauftragten Bauunternehmers verlässt. Eine Anspruchsminderung scheidet aus.

Sachverhalt
Der beklagte Architekt plante den Bau eines Krematoriums für die Klägerin. Gleichfalls war der Architekt zur Erbringung der Statik verpflichtet. Der die Einäscherungsöfen später einbauende Unternehmer teilte dem Architekten mit, eine Temperaturbelastung durch die Öfen müsse nicht berücksichtigt werden, die Öfen seien ausreichend isoliert. Temperaturlasten berücksichtigt die Statik folglich nicht. Nach Bau des Krematoriums, Installation der Öfen und Inbetriebnahme bilden sich Risse in Bodenplatte und Seitenwänden. Diese werden verursacht von Zugkräften, die wiederum von den erheblichen Temperaturen der Öfen stammen. Die Klägerin verlangt Schadensersatz wegen der aus der Nichtberücksichtigung dieser Lasten entstandenen Schäden (Risse). Der Beklagte vertritt die Auffassung, er habe sich auf die mündlichen Angaben des Unternehmers, dass kein Lastfall „Temperatur“ zu berücksichtigen sei, verlassen dürfen.

Entscheidung
Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt, die Berufung des Beklagten vor dem OLG ist erfolglos geblieben, der BGH hat im Beschlusswege die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.

Das OLG stellt fest, dass der Beklagte die Temperatureinwirkungen der Öfen auf den Beton nicht berücksichtigte. Etwaige fehlerhafte Auskünfte des Bauunternehmers müsse sich die Klägerin als Auftraggeberin nicht gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Der Bauunternehmer sei kein Erfüllungsgehilfe der Klägerin (Auftraggeberin), da sich die Klägerin des Bauunternehmers nicht zur Erfüllung vertraglicher Pflichten gegenüber dem Beklagten bedient habe. Aufgabe des Architekten im Rahmen der geschuldeten Grundlagenermittlung sei, konkrete Lastangaben am Übergang zwischen der wärmetechnischen Gebäudeausrüstung und den angrenzenden Bauteilen zu ermitteln. Pauschale mündliche Aussagen des Bauunternehmers reichten hier nicht. Der Architekt war verpflichtet, die Planungsgrundlagen für die Erstellung eines rissfreien Bauwerks zu ermitteln. Wenn solche Daten nicht in ausreichendem Umfang vorhanden gewesen wären, hätte der beklagte Architekt den klagenden Auftraggeber darauf hinweisen müssen, dass ohne aureichende Daten zur Temperaturbelastung die Planung eines rissfreien Bauwerks nicht sichergestellt werden kann.

Gegen die Entscheidung des OLG wurde Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH erhoben, jedoch zurückgewiesen (BGH, Beschluss v. 22.01.2015, Az.: VII ZR 215/14) und das Urteil somit bestätigt.

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