Arbeitseinstellung bei Streit über Nachträge

Problem/Sachverhalt
Das OLG Düsseldorf hatte einen Fall zu entscheiden, in dem es während der Durchführung eines Bauvorhabens zu Auseinandersetzungen über Nachträge kam. Der Auftragnehmer stellte seine Arbeiten ein. Der Auftraggeber erteilte die Nachträge dem Grunde nach, worauf der Auftragnehmer eine Sicherheit nach § 648a BGB verlangte, die wiederum der Auftraggeber nicht leistete. Der Auftraggeber setzte eine Frist zur Wiederaufnahme der Arbeiten, die fruchtlos verstrich. Sodann entzog der Auftraggeber dem Auftragnehmer den Auftrag gemäß § 5 Nr. 4 VOB/B i.V.m. § 8 Nr. 3 VOB/B. Mit der Schlussrechnung machte der Auftragnehmer „Schadensersatz/Gewinnausfall“ in Höhe von 150.000,00 € geltend. Der Auftraggeber kürzte die Rechnung auf 15.000,00 €. Der Auftragnehmer erhob Klage.

Entscheidung

Die Klage blieb erfolglos.

Der Auftraggeber ist gemäß § 1 Nr. 3 VOB/B berechtigt, Bauentwurfsänderungen vorzunehmen. Als Folge dieses Rechts entsteht der Vergütungsanspruch aus § 2 Nr. 5 VOB/B. Grundlage des Vergütungsanspruches ist die ursprüngliche Preisvereinbarung mit dem Auftragnehmer, hinzuzusetzen sind die vorauskalkulierten Mehr- und Minderkosten. Zwar soll gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B eine neue Preisvereinbarung getroffen werden, dies möglichst vor Beginn der Ausführung. Doch ist dies letztlich lediglich eine Empfehlung, nicht aber eine Wirksamkeitsvoraussetzung. Eine fehlende Einigung über die Höhe einer dem Grunde nach unstreitigen Nachtragsvergütung berechtigt den Auftragnehmer nicht, die Arbeiten einzustellen.

Auch ist der Auftragnehmer nicht berechtigt, auf der Grundlage einer neuen Berechnung des Werklohns eine höhere Sicherheitsleistung nach § 648a BGB zu verlangen, wenn es eine neue Preisvereinbarung noch nicht gibt. Einer solchen bedarf es allerdings nach Auffassung des OLG Düsseldorf als Grundlage einer Sicherheitsleistung.

Praxishinweis
Vor der Möglichkeit des Leistungsverweigerungsrechts sollte nur ganz zurückhaltend durch den ausführenden Handwerker Gebrauch gemacht werden. Nur ausnahmsweise kommt das Leistungsverweigerungsrecht im Hinblick auf § 18 Nr. 4 VOB/B in Betracht. Nur in den Fällen, in denen der Auftraggeber die Bezahlung einer berechtigten Nachtragsforderung nachhaltig verweigert, kann ein Recht zur Arbeitseinstellung angenommen werden. Bei dem oben geschilderten Fall war diese Voraussetzung nicht erfüllt. Die Rechtsauffassung des OLG Düsseldorf ist insoweit zutreffend.

Bedenklich allerdings erscheint die Begründung des OLG Düsseldorf zum angeblich nicht bestehenden Anspruch auf Leistung einer Sicherheit gemäß § 648a BGB. Die Sicherheit nach § 648a Abs. 1 Satz 2 BGB ist in Höhe der voraussichtlichen Vergütung zu leisten, wie sie sich aus dem Vertrag oder dem Nachtrag ergibt. Folgerichtig hätte das OLG Düsseldorf zumindest den Anspruch auf Leistung einer Sicherheit gemäß § 648a BGB bejahen müssen, da es sich im Streitfall um einen unstreitigen Nachtrag handelt, die voraussichtliche Vergütung folglich zu berechnen ist.

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