Pflichtverletzung des Statikers: Haftet auch Architekt?
Beauftragt der Bauherr einen Statiker, ist der zeitgleich beauftragte Architekt zur Prüfung der Statik nur in dem Umfang verpflichtet, als dies dem allgemeinen Wissensstand des Architekten zugeordnet werden kann.
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 17.01.2025, Az. 2-31 O 186/24
Sachverhalt
Die Kläger begehren von dem beklagten Architekten Schadensersatz. Vorgeworfen wird dem Architekten unter anderem, dass dieser einen Fehler in der Statik nicht erkannt habe. Das Landgericht Frankfurt verurteilt den Architekten antragsgemäß.
Ausgeführt wurde das Bauwerk durch den Rohbauer mittels einer Mauerwerkswand, die Statik hatte hier keine Mauerwerkswand vorgesehen und folgerichtig auch nicht berechnet. Dadurch kam es zu Rissen im Bauwerk. Der Architekt war untätig geblieben, obgleich Ausführungsplanung (Mauerwerk) und die statische Berechnung (Stahlbeton) unterschiedliche Ausführungsvarianten aufwiesen. Das Landgericht hat ausgeführt, dass der Bauherr einen Sonderfachmann mit der Erstellung der Statik beauftragt hatte. Dennoch sei der Architekt verpflichtet, eine funktionsfähige Planung herzustellen. Daraus folgt, dass der Architekt für ihn unschwer erkennbare Anhaltspunkte für eine mangelhafte Leistung des Sonderfachmannes näher zu prüfen und gegebenenfalls durch Hinweise zu reagieren hat. Der Widerspruch zwischen der Statik, die Stahlbeton vorsah, und der Ausführungsplanung (Mauerwerk) war auch für den planenden Architekten erkennbar, da der Architekt dies ohne Spezialkenntnisse hätte erkennen können und müssen. Der Architekt ist nämlich gehalten, Prüfungen der Plausibilität der Fachplanungen vorzunehmen, was unstreitig hier nicht geschehen sei.
Ein Mitverschulden des Auftraggebers gemäß §§ 254 Abs. 1, 278 BGB hat das Landgericht verneint. Der Statiker als Fachplaner sei nicht Erfüllungsgehilfe des Bauherrn gemäß § 278 BGB, da der Bauherr gegenüber dem beklagten Architekten keine Fachplanung schuldete.
Praxishinweis
In vielen Bauprozessen wird der Architekt als Planer neben den Sonderfachleuten gesamtschuldnerisch auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen. Aus Sicht des Architekten fruchtlos bleibt die reflexartige Abwehr von Ansprüchen mit der Begründung, dies sei ausschließlich eine Pflichtverletzung der Sonderfachleute. Nach einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung liegt eine Pflichtverletzung des planenden Architekten zumindest dann vor, wenn es sich um offensichtliche Fehler aus dem Sonderfachbereich handelt, die sich dem Architekten auch ohne Spezialkenntnisse erschließen (zum Beispiel OLG Düsseldorf NZBau 2014, 506, 607; OLG Jena IBRRS 2016, 3272).