Zuviel des Guten ist auch nicht gut!

BGH, Urteil vom 9.7.2009 — Aktenzeichen: VII ZR 130/07

Leitsatz
Auch eine technisch einwandfreie Planung kann mangelhaft sein, wenn der Planer wirtschaftlich einen übermäßigen Aufwand — gemessen an der vertraglichen Leistungsverpflichtung — betreibt.
Sachverhalt
Der Tragwerksplaner wird auf Schadensersatz in Anspruch genommen, weil er bei einem Wohn- und Geschäftshaus Umplanungen vorgegeben hat, unter anderem einen Wechsel von Betongüteklasse B35 auf B45 und erheblich erhöhte Bewehrung. Das Haus ist zwar technisch einwandfrei, der Auftraggeber moniert aber, die Ausführung sei unnötig aufwendig und teuer gewesen. Ein Mehraufwand von 100.000 Euro sei einsparbar gewesen.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) will, dass diese Frage aufgeklärt wird. Die Klageabweisung hebt er auf und verweist die Sache an das Kammergericht Berlin zurück.

Zwar besteht keine Verpflichtung, so kostengünstig wie möglich zu bauen. Aber wirtschaftliche Gesichtspunkte dürfen auch nicht außer Acht bleiben. Ein übermäßiger, nicht erforderlicher Aufwand muss unterbleiben.

Anmerkung:

Nach meiner Erfahrung wollen die meisten Architekten und Ingenieure für ihre Bauherren eher zu viel sparen und riskieren daher zuweilen halbgare Lösungen, ohne ihre Hinweise auf das Risiko deutlich zu dokumentieren. Daher bleibt abzuwarten, ob der Mehraufwand wirklich nicht erforderlich war.

Klar ist, dass der Architekt und Ingenieur immer eine sichere Lösung vorschlagen darf. Risiken muss er nicht eingehen. Wenn im Einzelfall sehr viel Geld mit einem Minimum an Risikobereitschaft zu sparen ist, muss er aus meiner Sicht dem Bauherrn die Alternativen offenlegen und diesen entscheiden lassen.

Wo liegt aber im Einzelfall die Grenze zwischen berechtigtem Sicherheitsdenken und übermäßigem Aufwand? Man weiß es nicht, der BGH sagt es auch nicht. Vielleicht liegt die Grenze da, wo ein vernünftig denkender und gut beratener Bauherr die Mehrkosten nicht mehr mittragen würde. Klare Regeln wird es nicht geben können.

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