Dem Bürger dürfen Verzögerungen der Briefbeförderung oder der Briefzustellung durch die Deutsche Post AG nicht als Verschulden angerechnet werden
Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.5.2009 — Aktenzeichen: IV ZB 2/08
Der Postkunde darf in der Regel auf die Einhaltung der angegebenen Beförderungszeiten zumindest solange vertrauen, bis die Post selbst eine mögliche Verzögerung bekannt gibt oder solche offenkundig sind.
Sachverhalt
Am 30.04.2007 gegen 14:00 Uhr ging der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu dem 7 bis 8 min. entfernten Briefkasten, um eine Berufungsbegründung zusammen mit anderer Post dort einzuwerfen. Der Briefkasten wird regelmäßig um 14:30 Uhr geleert. Am 30.04.2007 wurde der Briefkasten sogar erst um 14:49 Uhr geleert.
Die Berufungsbegründung wurde erst am 03.05.2007 und damit einen Tag nach Fristablauf beim zuständigen Gericht zugestellt. Diese Fristversäumnis ist dem Kläger nicht zuzurechnen.
Entscheidung
Zur Überzeugung des Bundesgerichtshofs stand fest, dass der Brief deutlich vor der angegebenen Leerungszeit um 14:30 Uhr und zumindest vor der tatsächlichen Leerung um 14:49 Uhr in den Briefkasten eingeworfen wurde. Die Deutsche Post AG und andere Unternehmen, die Universaldienstleistungen im Briefverkehr anbieten, müssen sicherstellen, dass sie an Werktagen aufgegebene Inlandssendungen im gesamten Bundesgebiet im Jahresdurchschnitt mindestens zu 80 % am ersten und zu 95 % am zweiten Tag nach der Einlieferung ausliefern (§ 2 Nr. 3 S. 1 PUDLV). Auf die Einhaltung der angegebenen Beförderungszeiten darf der Postkunde daher in der Regel solange vertrauen, bis die Post selbst eine Verzögerung bekannt gibt oder offekundig sind — z.B. durch angekündigte Streiks oder Unwetterwarnungen -. Der Postkunde darf daher auch dann auf die gewöhnlichen Postlaufzeiten vertrauen, wenn er die Postsendung erst kurz vor der angeschlagenen Leerungszeit in den Briefkasten einwirft.