Verwendung des Begriffs „Architektur“ ohne Mitgliedschaft in der Architektenkammer
OLG Hamm, Urteil vom 13.5.2004 — Aktenzeichen: 4 U 140/03; BGH, Beschluss vom 27.01.2005 – I ZR 113/04 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); § 2 BauKaG NW, §§ 1, 3 UWG
Problem / Sachverhalt
Der Beklagte hatte 1978 an der TU Berlin das Diplom der Studienrichtung Architektur mit Schwerpunkt Architektur und Stadtbau erworben. Er führt seitdem ein Planungsbüro, ist aber in die Architektenliste der Architektenkammer NW nicht eingetragen. Sein Briefkopf lautet: „Planungsbüro T.,(…) T., Dipl.-Ing. (TU) für Architektur und Stadtbau.“
Die Architektenkammer NW nimmt ihn auf Unterlassung wegen unlauteren Wettbewerbs in Anspruch. Er dürfe den geschützten Begriff Architekt und alle damit verwandten Begriffe nicht verwenden, da er nicht in die Architektenliste eingetragen sei. Da es lediglich den Titel des Diplom-Ingenieurs gebe, nicht aber den eines Diplom-Ingenieurs für Architektur, sei auch aus dieser Sicht die Verwendung nicht zu gestatten.
Entscheidung
Das OLG Hamm gibt dem Diplom-Ingenieur Recht. Eine gesetzeswidrige Verwendung der Berufsbezeichnung „Architekt“ sei zwar auch wettbewerbsrechtlich zu ahnden. Der Beklagte verstoße aber aus zwei Gründen nicht gegen das Verbot in § 2 Absatz 2 des Baukammerngesetzes (BauKaG NW). Einmal verstehe man die Angabe auf dem Briefbogen als Hinweis auf seine akademische Qualifikation und nicht als Berufsbezeichnung. Es werde auch nicht der Eindruck erweckt, der akademische Grad laute insgesamt „Dipl.-Ing. (TU) für Architektur und Stadtbau“, sondern der Verkehr verstehe dies als Hinweis auf die Fachrichtung des Diplomstudienganges. Ein solcher zutreffender Hinweis kann dem Beklagten nicht untersagt werden.
Daneben schütze § 2 Abs.2 BauKaG NW nur das Wort „Architekt“ und Wortverbindungen mit diesem Wort oder ähnlichen Wörtern. Der Begriff der „Architektur“ sei keine Wortverbindung mit dem Wort „Architekt“, weil eine Wortverbindung eine Einheit mehrerer Wörter darstellt, die ständig zusammen gebraucht werden.
Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde aus Streitwertgründen zurückgewiesen, jedoch auch kurz bestätigt, dass der zutreffende Hinweis auf die Qualifikation eines Diplom-Ingenieurs der Fachrichtung Architektur zulässig sein muss.
Praxishinweis
Die Entscheidung zeigt, dass Architektenkammern zuweilen auch deutlich über das Ziel hinausschießen. Von Nichtmitgliedern zu verlangen, dass das Wort „Architekt(ur)“ nirgends auf Briefbögen oder in Werbematerialien auftaucht, geht zu weit. Sofern sie berechtigte Interessen wahrnehmen und nicht „Architekt“ als Kennzeichnung ihres Berufs gebrauchen, geht das in Ordnung.
Die durchaus feinsinnige Unterscheidung des OLG Hamm, ob eine Wortverbindung mit dem Begriff Architekt vorliegt, ist nach dem aktuellen BauKaG NW vom 16.12.2003 nicht mehr von Belang, weil nunmehr auch „ähnliche Bezeichnungen“ geschützt sind. Das Beispiel dient jedoch als Erinnerung, dass jedes Bundesland sein eigenes Gesetz zum Schutz dieser Berufsbezeichnungen hat und das Schutzniveau durchaus unterschiedlich ausfällt. Daher können auch obergerichtliche Entscheidungen nicht ohne genauen Blick ins Gesetz von einem Bundesland ins andere „transponiert“ werden.