Begrenzung der Vertragsstrafe auf 5 % der Auftragssumme: Für Zwischentermine unwirksam.

BGH, Urteil vom 6.12.2012 — Aktenzeichen: VII ZR 133/11

Leitsatz
Eine in allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers eines Bauvertrags getroffene Vertragsstrafenregelung, die eine für die schuldhafte Überschreitung einer Zwischenfrist zu zahlende Vertragsstrafe auf höchstens 5 % der Gesamtauftragssumme festlegt, ist unwirksam.

Sachverhalt
Ein Deichverband beauftragte einen Generalunternehmer mit Bauleistungen zur Sanierung eines Deiches für etwa 3 Mio. Euro. Gegenstand des Vertrages waren u. a. der Abriss des alten Deichtores und die Herstellung und Montage eines neuen Tores. Die Arbeiten sollten insgesamt bis Ende August 2009 abgeschlossen werden, die für den Hochwasserschutz erforderlichen Bestandteile — darunter das Deichtor — waren bis spätestens 31.10.2008 herzustellen (Zwischenfrist).

Der Generalunternehmer beauftragte eine Nachunternehmerin mit der Herstellung des Deichtores. Diese erfolgte nicht bis zum 31.10.2008, sondern ein halbes Jahr später. Der GU musste für die Überschreitung der Zwischenfrist eine Vertragsstrafe zahlen, die auf 5 % der Gesamtauftragssumme begrenzt war.

Als er diese Vertragsstrafe als Schadensersatzposten auf die Nachunternehmerin abwälzen will, verteidigt sich diese mit der Unwirksamkeit der vereinbarten Klausel, so dass der GU an den Hauptauftraggeber gar nicht hätte leisten müssen.

Entscheidung
Der BGH verneint einen Schadensersatzanspruch des GU. Er selbst habe keinen Schaden gehabt, weil er die Vertragsstrafe nicht hätte zahlen müssen. Diese war nach Auffassung des BGH unwirksam.

Eine Vertragsstrafe für Zwischenfristen soll wirksam nur dann vereinbart werden können, wenn die Begrenzung von 5 % auf die anteilige Auftragssumme bezogen wird, die bis zur Zwischenfrist auszuführen ist. Eine Obergrenze von 5 % der Gesamtauftragssumme sei dagegen in AGB unwirksam.

Für die Beurteilung der Angemessenheit spielten einerseits das Interesse des Auftraggebers eine Rolle, durch entsprechenden Druck eine termingerechte Fertigstellung abzusichern; aber auch die Interessen des Auftragnehmers, mit einer Vertragsstrafe belastet zu werden, die in angemessenem Verhältnis zum Werklohn steht, den er an dem Auftrag verdient.

Der BGH bewertet dies im Ergebnis so, dass der Auftraggeber bei Absicherung eines Zwischentermins — mit einem prozentualen Leistungsstand des Gesamtauftrags — nicht davon profitieren soll, dass der Auftragnehmer später noch weitere Leistungen erbringt, die nicht zur Einhaltung des Zwischentermins dienen.

Auch bei dem hier gegebenen überragenden Interesse des Auftraggebers gerade an der Sicherung des Zwischentermins (Hochwasserschutz) ergebe sich nichts anderes.

Anmerkung
Nachdem vor einigen Jahren keine Vertragsstrafe sicher schien, hatte sich die Lage zuletzt beruhigt. Der „Paukenschlag“ des BGH wird dazu führen, dass zahlreiche am Markt verwendete Formularverträge schleunigst geändert werden müssen.

Eine unwirksame Vertragsstrafenklausel für Zwischentermine kann — je nach Formulierung — auch dazu führen, dass die Vertragsstrafe für den Fertigstellungstermin von der Unwirksamkeit „angesteckt“ wird und dann ebenfalls unwirksam ist.

Ob die Entscheidung richtig, wird sicher heiß diskutiert werden. Es ist jedenfalls nicht besonders praktikabel, wenn bei der Berechnung einer Vertragsstrafe ein anteiliger Leistungsstand des strafbewehrten Teils ermittelt werden muss. Man kann auch fragen, ob es wirklich eine geringere Obergrenze verdient, wenn eine wichtige Frist ganz am Anfang des Bauprogramms überschritten wird, wenn vielleicht noch gar kein wesentlicher Werklohnanteil verdient worden ist. Dann ist die Vertragsstrafe ggf. kein echtes Druckmittel mehr. Der BGH verweist jedoch darauf, dass ein konkret berechneter Verzugsschaden auch in diesen Fällen in Betracht kommt.

Der BGH behandelt jedenfalls für die Zwecke der Vertragsstrafe die Leistung bis zur Zwischenfrist als eigenen Vertrag. Darauf wird man sich einzustellen haben.

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