Gemeinsame Betriebsstätte und die Frage, wann konkret die Gefahrengemeinschaft vorliegen muss — dies ist immer ein Thema. Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit an Baustellen. Nicht jeder Verstoß gegen eine Unfallverhütungsvorschrift begründet eine Haftung nach § 110 SGB VII wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfall. Diese setzt voraus, dass objektiv schwere Pflichtenverstöße für den Eintritt des Versicherungsfalls kausal geworden sind.

Leitsatz
1. Die Haftung nach § 110 SGB VII setzt eine besonders krasse und auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung voraus.

2. Die Beweislast für behauptete Pflichtenverstöße trägt der klagende UV-Träger.

3. Verstöße gegen Unfallverhütungsvorschriften müssen für den Eintritt des Arbeitsunfalls kausal geworden sein. Dabei ist der Schutzzweck der jeweiligen Unfallverhütungsvorschrift zu berücksichtigen.

Schlagwortarchiv für: Gemeinsame Betriebsstätte

Gemeinsame Betriebsstätte: Abladen eines Wohncontainers von einem Lkw

Beim Vorliegen einer gemeinsamen Betriebsstätte nach § 106 Abs. 3, 3. Alt. SGB VII ist häufig die Frage nach einer wechselseitigen Gefährdungslage virulent. Das LG Bonn hat hierzu einen Fall entschieden, der ebenfalls Aufschluss darüber gibt, wie weit man den Begriff der „konkreten Unfallsituation‟ ziehen muss…

Gemeinsame Betriebsstätte im Be- und Entladefall – Freimachen der Ladefläche kann reichen!

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 15.9.2016 — Aktenzeichen: 7 U 117/15 Das Haftungsprivileg der gemeinsamen Betriebsstätte wird in der Rechtsprechung immer wieder kontrovers diskutiert. Das OLG Schleswig hat es in einem Beladefall, bei dem Gabelstaplerfahrer und Lkw-Fahrer „in gewisser Weise“ zusammenwirkten, bejaht. Schon das Freimachen der Ladefläche kann reichen und ist nicht nur als Vorbereitungshandlung zu […]

Gemeinsame Betriebsstätte: Kranverladeunfall

LG München I, Urteil vom 20.1.2016 — Aktenzeichen: 6 O 3208/15 (nicht rechtskräftig) Leitsatz Ist für das Verladen eines Containers das Zusammenwirken zwischen dem für die Anlieferung des Containers verantwortlichen Lkw-Fahrer und dem Bediener des für das Anheben des Containers eingesetzten Krans erforderlich (hier: Handzeichen nach Lösen des Containers vom Lkw zur Freigabe), liegt während […]

Gemeinsame Betriebsstätte 2

OLG Oldenburg, Urteil vom 16.4.2014 — Aktenzeichen: 1 U 81/14 Leitsatz Arbeiten bei der Anlieferung von Tieren (hier: Schweinen) der Lkw-Fahrer und der Landwirt dergestalt Hand-in-Hand zusammen, dass der Fahrer die Rampe des Lkw herablässt und der Landwirt die Stalltür öffnet, dann liegt eine gemeinsame Betriebsstätte im Sinne des § 106 Abs. 3 SGB VII […]

Gemeinsame Betriebsstätte nur in konkreter Unfallsituation

LG Kaiserslautern, Urteil vom 29.9.2014 — Aktenzeichen: 3 O 834/13 Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit an Baustellen. Nicht jeder Verstoß gegen eine Unfallverhütungsvorschrift begründet eine Haftung nach § 110 SGB VII wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfall. Diese setzt voraus, dass objektiv schwere Pflichtenverstöße für den Eintritt des Versicherungsfalls kausal geworden sind. Leitsatz 1. Die […]

Arbeitsunfall trotz Fachkraft für Arbeitssicherheit

OLG Nürnberg, Urteil vom 17.6.2014 — Aktenzeichen: 4 U 1706/12 Leitsatz 1. Der Vertrag eines Arbeitgebers mit einer Fachkraft für Arbeitssicherheit entfaltet Schutzwirkung zu Gunsten eines bei einem Arbeitsunfall verletzten Arbeitnehmers. 2. Wird als Fachkraft für Arbeitssicherheit ein selbstständiger, nicht in die Betriebsorganisation eingebundener externer Unternehmer tätig, so kommen ihm bei einem Arbeitsunfall eines Beschäftigten […]

Gabelstapler und grobe Fahrlässigkeit gem. § 110 SGB VII

OLG Frankfurt, Urteil vom 4.4.2014 — Aktenzeichen: 2 U 93/13 Leitsatz Die Berufsgenossenschaft besitzt bei grob fahrlässiger Herbeiführung eines schweren Arbeitsunfalls eines Leiharbeitnehmers durch einen Gabelstaplerfahrer des Leihunternehmers einen Regressanspruch gegen den Unternehmer, wenn dieser wesentliche Regelungen der Unfallverhütungsvorschrift für „Flurförderzeuge“ (BGV D 27) missachtet hat (hier: Absetzen/Herunterfallen eines ungesicherten Metallrahmens). Sachverhalt Die Klägerin ist […]

§§ 110, 111 SGB VII: Haftung einer GmbH und ihres Geschäftsführers

OLG Frankfurt, Urteil vom 4.4.2014 — Aktenzeichen: 2 U 93/13 Leitsatz Der Tatbestand der grob fahrlässigen Schadensverursachung nach §§ 110, 111 SGB VII ist zu Lasten einer GmbH und ihres Geschäftsführers erfüllt, wenn dieser einen Leiharbeitnehmer veranlasst, ihm beim Transport eines ungesichert auf der Gabel eines Gabelstaplers liegenden 260 kg schweren Metallrahmen zu helfen, und […]

Gemeinsame Betriebsstätte

OLG Saarbrücken, Urteil vom 23.4.2014 — Aktenzeichen: 1 U 455/12 Sachverhalt Am Unfalltag belud der Beklagte als Mitarbeiter der Firma A den von dem Kläger gefahrenen Lkw der Spedition G. mittels eines Gabelstaplers der Fa. L.. Dabei fuhr er das Ladegut an den auf einer Seite geöffneten Lkw heran, der Lkw-Fahrer warf den an der […]

„Wie-Beschäftigter“ nach § 2 Abs. 2 SGB VII

Landgericht Gera, Urteil vom 27.2.2014 — Aktenzeichen: 4 O 1407/12 Sachverhalt Der bei einer Speditionsfirma angestellte Kläger lieferte auftragsgemäß Baustahlmaterialien mittels Lkw auf eine von der Beklagten zu 1) betriebene Baustelle. Nachdem der Kläger auf dem Baustellengelände angekommen war, öffnete er den Auflieger seines Sattelzuges und half den Angestellten der Beklagten zu 1) zunächst, Mattenkörbe […]