,

Keine Nutzungsausfallentschädigung für Porsche bei mittelklassigem Zweitwagen

OLG Frankfurt, Urt. v. 21.07.2022 – 11 U 7/21

 

Leitsatz (amtlich)

Einem Unfallgeschädigten steht während der Reparaturzeit eines beschädigten Porsche keine Nutzungsausfallentschädigung zu, wenn ihm ein Ford als Zweitfahrzeug zur Verfügung steht; auf eine Einschränkung des Fahrvergnügens kann er sich nicht berufen.

 

Sachverhalt

Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall. Hierbei wurde der Porsche 911 des Klägers beschädigt. Die Haftung ist unstreitig.

Er führte aus, er habe seinen Porsche für 112 Tage nicht nutzen können. Nutzungswille und subjektive Nutzungsmöglichkeit hätten bestanden. Die Nutzung eines anderen Fahrzeugs sei für ihn nicht zumutbar. Er habe zwar noch vier andere Fahrzeuge, jedoch würden zwei von Familienmitgliedern genutzt, bei dem dritten handele es sich um einen BMW (Rennfahrzeug), das für Rennen ausgestattet sei und ihm daher die Nutzung im normalen Verkehr nicht zumutbar sei. Das vierte Fahrzeug (Ford Mondeo, Baujahr 2014) werde von der ganzen Familie lediglich für Lasten- und Urlaubsfahrten genutzt. Für Fahrten zur Arbeit und Privatfahrten habe ihm nur der Porsche zur Verfügung gestanden. Dieser habe gänzlich andere Eigenschaften als der für den Stadtverkehr zu sperrige Ford.

Das Landgericht führte aus, dass dem Kläger kein Anspruch auf Vorhaltekosten zustünde. Der Ford sei gerade nicht angeschafft worden, um fremdverschuldete Ausfälle auszugleichen, sondern für Lasten- und Urlaubsfahrten. Er habe auch keinen Anspruch auf eine Nutzungsausfallentschädigung, da er über ein anderes Fahrzeug, den Ford, verfüge und ihm dessen Einsatz möglich und zumutbar sei. Hierbei handele es sich um ein Fahrzeug der Mittelklasse und auch die Sperrigkeit führe nicht zur Untauglichkeit für den städtischen Bereich.

Dies stellte der Kläger zur Überprüfung durch die Berufungsinstanz.

 

Entscheidung

Die Berufung hatte zu den Fragen des Nutzungsausfalls und der Vorhaltekosten keinen Erfolg.

Vorhaltekosten sind Kosten, die entstehen, wenn zusätzlich zu den benötigten Fahrzeugen, weitere Fahrzeuge angeschafft werden, um im Falle der Beschädigung eines Fahrzeugs einen Ausfall des Fahrbetriebs zu vermeiden. Davon umfasst ist der betriebliche Aufwand für die Fahrzeuganschaffung, Kosten des Kapitaldienstes und des Unterhalts und der Wertverlust. Werden Vorhaltekosten geltend gemacht, ist eine Nutzungsausfallentschädigung grds. nicht geschuldet.

Im vorliegenden Fall habe der Kläger auch faktisch keine Erstattung von Vorhaltekosten begehrt, sondern wollte vielmehr eine Nutzungsausfallentschädigung geltend machen. Er trug keine Kosten für z.B. Anschaffung, Versicherung oder Unterhaltung für den Ford vor, sondern machte geltend, dass dieses Fahrzeug als Lasten- und Urlaubsfahrzeug angeschafft worden sei.

Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung zu. Der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung besteht nicht, wenn bei bestehendem Nutzungswillen ein Zweitwagen vorhanden ist und dessen Nutzung möglich und zumutbar ist.

Dem Kläger stand der Ford zur Verfügung. Trotz der von dem Kläger bemängelten Untauglichkeit für den städtischen Bereich aufgrund der „Sperrigkeit“, handelt es sich um ein Mittelklassefahrzeug, das für die Fahrten zur Arbeit und für private Fahrten eingesetzt werden kann. Auch wenn es sich bei dem Porsche um einen Sportwagen handelt, führt dies nicht zu einer Unzumutbarkeit der Nutzung des Fords. Die Nutzung des Fords anstelle des Porsches führt nur zu einer Beeinträchtigung des Fahrvergnügens, das als subjektive Wertschätzung eine immaterielle und damit nicht zu ersetzende Beeinträchtigung darstellt. Der objektive Schaden, die Verfügbarkeit des Porsches für Fahrten zur Arbeit und privaten Fahrten wird mit der Nutzungsmöglichkeit des Fords ausgeglichen.

Nutzungsersatz kann nur für eine vermögensmehrende, erwerbswirtschaftliche Verwendung der Sache (hier des Fahrzeugs als Fortbewegungsmittel) als Wirtschaftsgut mit vergleichbarem eigenwirtschaftlichem und vermögensmäßig erfassbarem Einsatz zugesprochen werden, dessen Funktionsstörung sich auf die materielle Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt. Sonst bestünde die Gefahr, dass die Ersatzpflicht auch auf Nichtvermögensschäden ausgedehnt wird. Dies wäre mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit und der Berechenbarkeit des Schadens nicht zu vereinbaren.

image_pdf