Erstattungsfähigkeit Rückstufungsschaden auch bei anteiliger Haftung
BGH, Urteil vom 19.12.2017 — Aktenzeichen: VI ZR 577/16
Auch wenn der Geschädigte erst nach der Regulierung durch den Haftpflichtversicherer seine Kaskoversicherung in Anspruch nimmt, ist der Rückstufungsschaden auch bei einer Mithaftung des Geschädigten ersatzfähig.
Leitsatz
Die Ersatzfähigkeit eines Rückstufungsschadens in der Kfz-Kaskoversicherung kann nicht mit der Begründung verneint werden, dass dieser nur im Hinblick auf den eigenen Haftungsanteil des Geschädigten eingetreten sei, denn der Nachteil der effektiven Prämienerhöhung tritt — unabhängig von der Regulierungshöhe — allein dadurch ein, dass Versicherungsleistungen in der Kaskoversicherung in Anspruch genommen werden.
Kommt es hierzu durch ein Ereignis, das teils vom Schädiger, teils vom Versicherungsnehmer zu vertreten ist, so ist der Schaden wie jeder andere nach den hierfür geltenden Regeln zu teilen (Bestätigung des Senatsurteils vom 18. Januar 1966, VI ZR 147/64, BGHZ 44, 382, 387).
Sachverhalt
Nach einem Verkehrsunfall reguliert der beklagte Haftpflichtversicherer außergerichtlich unter Berücksichtigung einer 75-prozentigen Haftung den eingetretenen Schaden. Der weitere Schaden wird der Klägerin nach entsprechender Inanspruchnahme durch den Kaskoversicherer ausgeglichen.
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr den Schaden zu ersetzen, der durch die Inanspruchnahme der Kaskoversicherung im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Unfallereignis entstanden ist.
Entscheidung
Das LG Heilbronn (Berufungsgericht) hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass gemäß § 17 StVG die Verpflichtung zum Ersatz des Schadens insbesondere davon abhinge, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Dies führe zu dem Ergebnis, dass der entstandene Sachschaden vom Unfallgegner nur quotal zu übernehmen sei und der Geschädigte seinerseits den sich hieraus ergebenen quotalen Eigenanteil selbst zu tragen habe. Nehme der Geschädigte nach Regulierung des Haftungsanteils des Unfallgegners ausschließlich hinsichtlich des von ihm selbst zu tragenden Teils seinen Kaskoversicherer in Anspruch, so habe der Geschädigte die damit einhergehenden Kosten und finanziellen Belastungen, die Selbstbeteiligung und Rückstufungsschadens, selbst zu tragen und können diese nicht gegenüber dem Unfallgegner geltend machen, da diese nicht in dessen Haftungsbereich lägen.
Zurecht hat der BGH dieses Urteil aufgehoben mit dem Hinweis, dass in ständiger Rechtsprechung auch bei einer anteiligen Schadensverursachung der Schädiger für den Rückstufungsschaden haftet. Dies folgt aus dem Grundsatz, dass eine Mitursächlichkeit einer Alleinursächlichkeit in vollem Umfang gleichsteht.
Auch der für die Zulassung der Revision maßgebliche Punkt, dass die Vollkaskoversicherung erst nach Regulierung des Haftpflichtversicherers ausschließlich hinsichtlich des selbst zu tragenden Schadenteils erfolgt sei, führt zu keiner anderen Beurteilung. Für die Ersatzfähigkeit des Rückstufungsschadens kann es nicht darauf ankommen, welcher Versicherer zu erst geleistet hat. Vielmehr ist der Nachteil der Prämienerhöhung dadurch begründet, dass Versicherungsleistungen in der Kaskoversicherung in Anspruch genommen werden. Liegt dieser Inanspruchnahme ein Ereignis zugrunde, welches Teils vom Schädiger, teils vom Versicherungsnehmer zu vertreten ist, so ist der Schaden wie jeder andere nach den hierfür geltenden Regeln zu teilen.
Im Unterschied zu den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten tritt der Rückstufungsschadens nach den allgemeinen Bedingungen für die Kfz–Versicherung insgesamt abhängig vom Schadenfall und unabhängig von der Regulierung Höhe ein. Eine Abgrenzung über die Zurechnung ist daher nicht vorzunehmen.
Der BGH nutzte die Entscheidung um nochmals zu betonen, dass der Rückstufungsschaden auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Schädiger evtl. durch die Inanspruchnahme der Kaskoversicherung höhere Kosten zu tragen hat, erstattungsfähig ist. Der Schädiger hat den Geschädigten schadensrechtlich so zu nehmen, wie er ihn trifft. Verfügt der daher über eine Kaskoversicherung, ist der dadurch entstehenden Schaden nach Inanspruchnahme zu ersetzen.