Verlust des Kaskoschutzes infolge versäumter Fristen

AG Paderborn, Urteil vom 16.5.2006 — Aktenzeichen: 55 C 331/05 (noch nichts rechtskräftig)

Die Kaskoversicherung wird von der Leistung frei, sofern die in § 12 III VVG gesetzlich normierte 6-Monats-Frist zur Klageerhebung nach einer Leistungsablehnung der Versicherung nicht eingehalten wird. Die Versicherung ist nicht daran gehindert, sich auf diese Fristversäumung zu berufen, nur weil sie nach Leistungsablehnung weitere Korrespondenz mit dem Versicherungsnehmer geführt hat. Im Übrigen führt zumindest bei Kaufleuten die nicht innerhalb der in den AKB gesetzten einwöchigen Frist erfolgte Anzeige eines Kaskoversicherungsfalls zu einer Obliegenheitsverletzung, die ebenfalls Leistungsfreiheit des Versicherers nach sich zieht.

Das AG Paderborn hat durch Urteil vom 16.05.2006 die Klage eines Versicherungsnehmers auf Leistungen aus der Kasko-Versicherung abgewiesen. Bei dem Versicherungsnehmer handelte es sich um einen Kaufmann, der ein Transportunternehmen betrieb. Ein Fahrer dieses Unternehmens verunglückte mit einem der Firmenfahrzeuge am 13.08.2004 ohne irgendwelches Fremdverschulden, in dem er in einem Autobahnausfahrtbereich trotz mäßiger Geschwindigkeit und bei nassen Straßenverhältnissen von der Fahrbahn in eine angrenzende Leitplanke rutschte. Der Versicherungsnehmer machte einen Schaden von etwas über 2.000,00 € gegenüber der Kaskoversicherung geltend. Erstmals meldete der Versicherungsnehmer den Schadenvorfall am 08.09.2004 bei dem Versicherungsunternehmen. Eine kurze Zeit danach durch den Versicherer veranlasste Inaugenscheinnahme des betroffenen Fahrzeuges führte zu der Erkenntnis, dass dieses jedenfalls zum Zeitpunkt der Besichtigung durch den Sachverständigen über nicht mehr verkehrssichere, abgefahrene Reifen verfügte, weswegen sich der Versicherer unter dem Gesichtspunkt einer Gefahrerhöhung auf Leistungsfreiheit berief. Mit Schreiben vom 29.09.2004 an den Versicherungsnehmer lehnte er entsprechend Leistungen aus der Kaskoversicherung ab. In diesem Schreiben wies der Versicherer den Versicherungsnehmer darauf hin, dass der geltend gemachte Anspruch auf Versicherungsschutz allein durch Zeitablauf nach 6 Monaten erlösche, wenn er nicht innerhalb dieser Frist gerichtlich durch den Versicherungsnehmer gegenüber der Versicherung geltend gemacht werde. Gleichzeitig erfolgte ein Hinweis darauf, dass die 6-Monats-Frist mit dem Ablauf des Tages beginnt, an dem das Ablehnungsschreiben dem Versicherungsnehmer zuging. Mit Schreiben vom 08.10.2004 wandte sich der für den Versicherungsnehmer tätige Makler an die Versicherung und zeigte für den Versicherungsnehmer an, dass der Reifenzustand, den der Sachverständige in Augenschein genommen habe, nicht demjenigen zum Unfallzeitpunkt (ca. 6 Wochen vor der Besichtigung) entspräche, da das Fahrzeug in der Zwischenzeit noch eine erhebliche Laufleistung von über 10.000 km zurückgelegt habe. Dementsprechend sei der Einwand der zur Leistungsfreiheit führenden Gefahrerhöhung bezogen auf den Unfallzeitpunkt unzutreffend. Nach weiterer Korrespondenz erhob der Kläger Zahlungsklage wegen der ihm vermeintlich entstandenen Schäden außerhalb der 6-Monats-Frist.

Das Amtsgericht hat die Klageabweisung im Wesentlichen auf zwei Gründe gestützt:

Zum einen bestehe bereits nach § 12 III VVG Leistungsfreiheit des Versicherungsnehmers, da er nicht innerhalb der wirksam gesetzten 6-Monats-Frist nach dem Ablehnungsschreiben vom 29.09.2004 ihm zustehende Leistungen aus der Kaskoversicherung gerichtlich geltend gemacht habe. Dass nach diesem Ablehnungsschreiben weitere Korrespondenz gewechselt worden sei, hindere die Versicherung nicht, sich auf den Fristablauf zu berufen. Denn in dieser weiteren Korrespondenz habe die Versicherung zu keinem Zeitpunkt von ihrer einmal ausgesprochenen Leistungsablehnung Abstand genommen. Die gewechselte Korrespondenz habe auch den Versicherungsnehmer nicht zu der Annahme verleitet, die Versicherung werde sich auf die einmalige Leistungsablehnung nicht berufen.

Im Übrigen sei – so das Amtsgericht Paderborn weiter – die Klage aber auch deswegen abzuweisen, weil der Versicherungsnehmer der Beklagten den Versicherungsfall erst über 3 Wochen nach dem eigentlichen Unfallereignis, nämlich erst am 08.09.2004, gemeldet habe, obschon nach den Versicherungsbedingungen in der Kaskoversicherung ein Schaden innerhalb einer Woche zu melden sei. Der Kläger könne sich als Kaufmann nicht darauf berufen, dass er zum Zeitpunkt des Unfall selbst in Urlaub gewesen sei und die Schadenmeldung unmittelbar nach seiner Urlaubsrückkehr veranlasst habe. Als Kaufmann habe er durch entsprechende Organisation dafür Sorge tragen müssen, dass eine den Versicherungsbedingungen entsprechende zeitnahe Meldung erfolge. Auf die zeitnahe Meldung sei es vorliegend deswegen angekommen, damit ggf. der Versicherer die Möglichkeit gehabt habe, den Reifenzustand des Fahrzeuges zeitnah zum Unfallgeschehen zu überprüfen.

Die Entscheidung des Amtsgerichts Paderborn verdeutlicht, wie wichtig – neben der Frage eines versicherten Ereignisses im Sinne der Kaskoversicherung – insbesondere auch die insoweit durch die Versicherungsbedingungen bzw. durch das Versicherungsvertragsgesetz gesetzten Fristen und deren Einhaltung ist.

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