Keine Amtshaftung bei fehlerhafter Behandlung eines Zivildienstleistenden
BGH, Urteil vom 26.10.2010 — Aktenzeichen: VI ZR 307/09
Leitsatz
Die ärztliche Behandlung von Zivildienstleistenden durch Vertragsärzte und Krankenhäuser mit Kassenzulassung im Rahmen der gesetzlichen Heilfürsorge erfolgt nicht in Ausübung eines öffentlichen Amtes.
Sachverhalt
Der Kläger erlitt bei einem Badeunfall eine Fraktur der Halswirbelsäule, weswegen er notärztlich behandelt und nachfolgend in das Krankenhaus der Beklagten eingeliefert und dort weiterbehandelt wurde. Der Kläger wirft den Beklagten eine fehlerhafte Befunderhebung und Diagnostik vor. Folge dieser Fehler sei die dauerhaft beim Kläger eingetretene Querschnittslähmung.
Zum Zeitpunkt des Unfalls und der nachfolgenden Behandlung durch die Beklagten war der Kläger Zivildienstleistender.
Die Beklagten sind einer Haftung unter anderem entgegengetreten mit dem Argument, einer persönlichen Inanspruchnahme der Beklagten (Krankenhaus und behandlende Ärzte) stehe Art. 34 GG i.V.m. § 839 Abs.1 BGB entgegen. Die Behandlung des Zivildienstleistenden stelle die Ausübung eines öffentlichen Amtes dar.
Entscheidung
Der BGH hat das vorhergehende Berufungsurteil bestätigt und der Klage stattgegeben.
Einer Haftung der Beklagten stehe nicht das Haftungsprivileg aus Art. 34 GG i.V.m. § 839 Abs.1 BGB entgegen. Denn die ärztliche Heilbehandlung sei regelmäßig nicht Ausübung eines öffentlichen Amtes i.S.d. Art. 34 GG (vgl.: BGHZ 63,265/270). Zwar sei anerkannt, dass die ärztliche Behandlung von Soldaten durch Truppenärzte bzw. durch private Einrichtugnen auf Weisung des Bundeswehrarztes die Ausübung eines öffentlichen Amtes darstelle, so dass in diesen Konstallationen die behandelnden Ärzte bzw. Krankenhäuser selbst nicht in Anspruch genommen werden könnten (BGHZ 120, 176/178; BGH VersR 1996, 976)). Diese für Soldaten geltenden Ansätze könnten aber nicht auf die Heilbehandlung eines Zivildienstleistenden übetragen werden, da zwar nach § 35 ZDG in Fragen der Heilfürsorge für einen Zivildienstleistenden die Bestimmungen entsprechend Anwendung finden, die für Soldaten gelten. Anders als die Bundeswehr verfüge allerdings der Zivildienst nicht über einen Sanitätsdienst. Gem. § 35 Abs. 3 ZDG habe demnach die Behandlung durch Vertragsärzte zu erfolgen. Dass das Bundesamt die Kosten zu tragen habe, ändere ebenfalls nichts daran, dass die Behandlung privatrechtlich erfolge. Der für die Ausnahme der Ausübung eines öffentlichen Amtes erforderliche enge Zusammanhang zwischen der Zielrichtung der hoheitlichen Aufgabe und deren Ausführung sei bei der Heilbehandlung von Zivildienstleistenden angesichts ihrer rechtlichen und praktischen Ausgestaltung nicht gegeben.