Haftungsprivilegierung nach § 106 Abs.3 Alt.3 SGB VII — Gemeinsame Betriebsstätte beim Verladen

LG Osnabrück, Urteil vom 16.9.2008 — Aktenzeichen: 3 S 188/08

Das LG Osnabrück — und zuvor in erster Instanz das AG Osnabrück – hatte über einen Sachverhalt zu entscheiden, bei dem der Kläger, ein Berufskraftfahrer, Schadenersatzansprüche gegenüber einem Speditionsunternehmen wegen eines Unfalls im Zusammenhang mir einem Beladevorgang geltend machte.

Zum Schaden kam es, als der Kläger — nach eigenem Vorbringen ein selbstständiger, gesetzlich unfallversicherter Berufskraftfahrer – damit beschäftigt war, seinen LKW am Lager des beklagten Speditionsunternehmens zu beladen. Dabei wurde ihm durch Mitarbeiter der Beklagten mitgeteilt, er solle eine bestimmte Palette mit einem darauf befindlichen Stahlschrank (Gewicht über 500 kg) aufladen. Der Kläger verfügte nicht über das notwendige technische Gerät, um diese Palette über die Rampe auf den Laster zu verbringen (Hubwagen bzw. Gabelstapler). Dies übernahm der Lagerleiter der Beklagten mit einem Hubwagen. Beim Anheben der Palette kippte der darauf befindliche Schrank und fiel dem Kläger auf den Fuss.

Der Kläger machte geltend, eine gemeinsame Betriebsstätte liege nicht vor, da er sich gegenüber dem Lagerleiter gegen die Beladung mit der Palette ausgesprochen habe.

Das LG Osnabrück bestätigte das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichtes:

Das beklagte Speditionsunternehmen hafte nicht, da hier eine Haftung nach § 106 Abs. Alt.3 SGB VII ausgeschlossen sei. Es handele sich um einen Unfall auf einer gemeinsamen Betriebsstätte des Klägers und der Beklagten, da hier betriebliche Aktivitäten von Versicherten mehrerer Unternehmen vorlägen, die bewusst und gewollt bei einzelenen Maßnahmen ineinander griffen, miteinander verknüpft seien, sich ergänzten oder unterstützten, wobei es ausreiche, dass die gegenseitige Verständigung stillschweigend durch blosses Tun erfolge (vgl: BGHZ 145, 331f.;BGHZ 148, 209f.; BGHZ 148, 214 f.; BGH VersR 2001, 372; BGH VersR 2002, 1107 f.; BGH — Urteil vom 08.03.2004, VI ZR 251/02). Ein bewusstes Miteinander im Arbeitsablauf, das sich zumindest tatsächlich als ein aufeinander bezogenes betriebliches Zusammenwirken mehrerer Unternehmen darstelle, sei ausreichend (vgl. OLG Koblenz — Urteil vom 20.12.2005, 5 U 281/07).

Daran ändere sich nichts, wenn man der Behauptung des Klägers glaube, er habe sich gegenüber dem Lagerleiter gegen die Beladung ausgesprochen: Denn eine Weigerung gegenüber dem Lagerleiter allein spreche nicht gegen die Annahme einer gemeinsamen Betriebsstätte. Es stehe fest, dass die abschließende Entscheidung, ob die Palette aufzuladen sei, bei dem Disponenten der Beklagten gelegen hätte. Solange diese Entscheidung nicht getroffen sei, wirkten Lagerleiter und LKW-Fahrer zusammen bei dem Versuch der Beladung.

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