Entbehrlichkeit der Fristsetzung bei Mängeln

LG Düsseldorf, Urteil vom 9.9.2014 — Aktenzeichen: 16 O 252/10

Leitsatz
Eine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung ist entbehrlich, wenn der Unternehmer die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. Es reicht, wenn er seine Pflicht zur Gewährleistung schlechthin bestreitet oder wenn er die Beseitigung des Mangels in anderer Weise abschließend ablehnt.

Sachverhalt
Die Beklagte errichtete für die Klägerin eine hochwertige Wohnimmobilie. Nach Fertigstellung des Bauvorhabens zeigten sich in den Sockelbereichen großflächige kristalline Ausblühungen. Wegen dieser Ausblühungen kam es zu mehreren Ortsterminen, u. a. mit einem Privatsachverständigen. Nachfolgend erklärte die Beklagte in verschiedenen Schreiben „Im Ergebnis werden damit Mängel abgelehnt, dies entspricht unseren mehrfach getätigten Äußerungen“ sowie „Wir weisen zum wiederholten Male darauf hin, dass ein Mangel von hier aus nicht anerkannt wird.“

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Vorschuss für die Beseitigung der Salzausblühungen und deren Ursachen in Anspruch. Die Beklagte begehrt Klageabweisung mit der Begründung, es fehle an den rechtlichen Voraussetzungen für einen Vorschussanspruch (Fristsetzung). Zu keinem Zeitpunkt habe sie die Beseitigung etwaiger Mängel abgelehnt. Sie habe allein das Vorhandensein von Mängeln bestritten. Die Ausblühungen seien allein auf umgebungsbedingte Ursachen zurückzuführen.

Entscheidung
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung des Vorschusses verurteilt. Mit ausführlicher Begründung bejaht das Landgericht nach Beweisaufnahme die Existenz des Mangels. Sodann führt das Landgericht aus, dass der Vorschussanspruch auch nicht daran scheitert, dass es an der grundsätzlich erforderlichen Fristsetzung zur Nacherfüllung fehle. Zwar dürfe der Besteller (hier: Kläger) den Mangel erst dann beseitigen und Ersatz für die erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn er dem Unternehmer erfolglos eine angemessene Nacherfüllungsfrist gesetzt habe. Hier allerdings hat das Landgericht die Entbehrlichkeit der Fristsetzung bejaht. Der Schuldner (hier: Beklagte) habe die Leistungen ernsthaft und endgültig verweigert. Es reiche, wenn der Unternehmer seine Pflicht zur Gewährleistung schlechthin bestreite oder wenn er die Beseitigung des Mangels in anderer Weise abschließend ablehne. Die Beklagte habe ausdrücklich die Existenz eins Mangels trotz der genauen Schilderung der Mangelsymptome verneint, dies über einen Zeitraum von nahezu einem dreiviertel Jahr. Vor diesem Hintergrund müsse jede weitere Aufforderung zur Mängelbeseitigung – wenn auch unter Fristsetzung – für einen vernünftigen Dritten aus der Position der Klägerseite zwecklos erscheinen. Anmerkung: Gewährleistungsrechte des Bestellers setzen stets eine entsprechende Fristsetzung voraus. Der Werkunternehmer sollte vermeiden, durch rigide Verneinung der Existenz eines Mangels diese Fristsetzung als Voraussetzung für einen Zahlungsanspruch überflüssig zu machen. So besteht bei fehlender Fristsetzung zumindest die Chance, bei Inanspruchnahme durch den Besteller etwaigen Ansprüchen mit Hinweis auf den „formellen“ Fehler zu entgehen.

image_pdf