Haftung des SiGeKo? – Eher selten

OLG Köln – Beschluss, Urteil vom 23.11.2016 — Aktenzeichen: 3 U 97/16

Ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator kann haften, wenn er gegen seinen Vertrag oder die Baustellenverordnung verstößt und diese Pflichtverletzungen für den Schaden kausal sind. Beweisbelastet ist der Anspruchssteller. Dieser Nachweis ist selten zu führen, wie auch dieser Fall zeigt.

Leitsatz
1. Der Einsturz einer Baugrube beruht nicht auf einer unzureichenden Überwachungstätigkeit des Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinators, wenn der gefährliche Zustand zwischen zwei vorgesehenen Kontrollterminen eingetreten ist.

2. Der Geschädigte trägt die Beweislast dafür, dass der Baustellenunfall auf einer unzureichenden Einweisungstätigkeit des Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinators beruht.

3. Ein Versäumnis ist nicht ursächlich, wenn die einzuweisenden Personen die Gefahrenlage auch ohne die Einweisung erkannt hatten.

Sachverhalt
Die Klägerin nimmt den von ihr als Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator beauftragten Beklagten wegen eines Arbeitsunfall eines Bauarbeiters in Anspruch. Dieser ist nach dem Einsturz einer Baugrube verletzt worden. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das OLG Köln maß der Berufung keine Aussicht auf Erfolg ein. Daraufhin wurde die Berufung zurück genommen.

Entscheidung
Das OLG verneinte einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den SiGeKo. Zwar komme im Fall der Beauftragung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinators, dem sog. SiGeKo durch einen Bauunternehmer eine grundsätzliche Haftung desselben in Betracht, hier aber nicht.

Ein durch eine Pflichtverletzung des SiGeKo kausal entstandener Schaden konnte nicht festgestellt werden.

Der Umfang der von einem SiGeKo übernommenen Pflichten ergibt sich zunächst aus dem Vertrag sowie aus § 3 Abs. 2 und 3 Baustellenverordnung (BaustV). Dies gilt auch für die Verkehrssicherungspflicht. Um die Grenze zu einer bloßen Gefährdungshaftung nicht zu verwischen, sei — so das OLG — für die Bestimmung einer eventuellen Pflichtverletzung des SiGeKo zu prüfen, ob von diesem im Rahmen seiner Beauftragung das getan worden ist, was im konkreten Fall unter Berücksichtigung der Vorgaben der BaustV sowie des Vertrags geeignet, angemessen und zumutbar war, um bestehende Gefahren tunlichst abzuwenden. Eine Konkretisierung der Pflicht ergibt sich aus dem Umfang der Überwachungspflichten nach Maßgabe der aufgestellten Sicherheits- und Gesundheitspläne. Danach hatte der SiGeKo zunächst regelmäßige Objektkontrollen durchzuführen. In diesen Bereich fällt auch die Pflicht zur stichprobenartigen Überprüfung gemeinsamer Gerätschaften. Da die Überwachungspflicht grundsätzlich Aufgabe des bauleitenden Architekten ist, erfasst sie auch die Überwachung gefahrenträchtiger Arbeiten. Die Aufgabe des SiGeKo ist daher auf die stichprobenartige Kontrolle der Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften beschränkt.Dementsprechend war — so das Gericht — vorliegend im Vertrag die Überwachungspflicht der SiGeKo auf Begehungen im Abstand von 14 Tagen konkretisiert, die nach den vorgelegten Protokollen auch durchgeführt wurden. Insoweit traf den SiGeKo lediglich die Pflicht, die anlässlich dieser Termine konkret festgestellten Probleme in dem zu fertigenden Protokoll zu dokumentieren. Bei der zeitnah vor den streitgegenständlichen Arbeiten durchgeführten Begehung war allerdings mit den streitgegenständlichen Arbeiten noch nicht begonnen worden, so dass hier auch keine Mängel haben aufgenommen werden können, während der nachfolgende, turnusmäßige Termin erst nach dem Schadensfall erfolgte. Eine Verletzung der Überwachungspflicht kann insoweit nicht festgestellt werden.

Die weitere Pflicht zur Aufstellung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplans ergibt sich aus dem Vertrag und § 3 II Nr. 2 BaustV. Vorliegend war aufgrund des bindigen Bodens Kapitel 8.2.3 der DIN 4124 (262) anzuwenden. Danach war es so, dass zunächst bis zur Tiefe von 1,25 m ausgebaggert werden, dann aber die Arbeit nur noch in Schritten von jeweils 50 cm fortgesetzt werden durfte. Die beiden Sicherheits- und Gesundheitsschutzpläne, die im Verfahren vorgelegt und unstreitig vor Ort ausgehängt wurden, verweisen auf die BGV C 22 sowie die Anlagen D 112/113. Die BGV C22 enthält dabei nur allgemeine Vorschriften zur Baugrubensicherung. Der weitere Hinweis auf D 113 ergibt aber, dass dort entsprechend der oben genannten DIN von einer maximalen Aushubtiefe von zunächst nur 1,25 m gesprochen wird. Die weitere Einschränkung der nur sukzessiv möglichen Fortsetzung der Aushubarbeiten ist hier allerdings nicht genannt. Damit dürfte hier in Bezug auf den zuletzt genannten Punkt eine Lücke vorliegen, die Anhaltspunkt für eine Pflichtverletzung sein könnte.

Entsprechendes gilt für eine Einweisungspflicht. Der Vertrag sieht vor, dass eine Einweisung aller Aufsichtsführenden und Bauleitenden am Bauvorhaben in den Sicherheitsplan zu erfolgen hatte. Ob dies geschehen ist, ist zwischen den Parteien streitig.

Dies alles könne — so das Gericht — dahinstehen, da etwaige Pflichtverletzungen bezogen auf die Einweisung nicht für den eingetretenen Schaden nachweisbar ursächlich geworden sind. Grundsätzlich trifft den Anspruchssteiler die Beweislast für alle Anspruchsvoraussetzungen, also auch für die Kausalität. Dieser Beweis konnte nicht geführt werden.

image_pdf