Endgültiger K.O. für die Bürgschaft auf erstes Anfordern
BGH, Urteil vom 24.5.2007 — Aktenzeichen: VII ZR 210/06
Leitsatz
In allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers ist eine Regelung unwirksam, die einen Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche vorsieht, der entweder gegen Bürgschaft auf erstes Anfordern ausbezahlt wird, oder der auf Verlangen des Auftragnehmers auf ein Sperrkonto eingezahlt wird.
Sachverhalt
Der Auftraggeber verwendet sinngemäß eine Klausel, die gegenüber dem früher Üblichen schon deutlich entschärft ist:
Als Sicherheit für die Erfüllung der Gewährleistungsansprüche werden 5% der Nettoabrechnungssumme für die Dauer des Gewährleistungszeitraums einbehalten.
Der Sicherheitseinbehalt ist ablösbar durch Bürgschaft auf erstes Anfordern in gleicher Höhe.
Der Auftragnehmer hat das Recht, die Einzahlung des Einbehalts auf ein Sperrkonto zu verlagen (vgl. § 17 Nr. 3 VOB/B).
Entscheidung
Die Klausel ist unwirksam!
Die Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen. Zwar kann er, wenn er die Einzahlung auf ein Sperrkonto verlangt, den Betrag gegen die Insolvenz des Auftraggebers absichern und auch Zinsen erhalten. Es ist aber benachteiligend, dass er den Betrag nur ablösen und sich Liquidität verschaffen kann, indem er eine „gefährliche“ Bürgschaft auf erstes Anfordern stellt. Diese birgt die Gefahr, dass die Liquidität alsbald durch „erstes Anfordern“ wieder abgezogen wird und bis zur Klärung der Angelegenheit abgezogen bleibt.
Anmerkung
Das Ergebnis war nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH vielleicht zu ahnen, aber nicht sicher vorherzusagen. Denn bisher hatte der BGH zur Begründung seiner Entscheidungen darauf verwiesen, es sei unzumutbar, den Auftragnehmer mit dem Insolvenzrisiko zu belasten und den Betrag unverzinst zu lassen. So liegt es, wenn der Auftragnehmer nur die Wahl zwischen Einbehalt (=AG hat das Geld) oder Bürgschaft auf erstes Anfordern (=AG bekommt jederzeit das Geld) hat.
Durch das Sperrkonto lässt sich dieses Problem umgehen. Aber das reicht dem BGH jetzt nicht mehr. Er hat erkannt, wie wichtig es für den AN sein kann, den Einbehalt dauerhaft liquide an sich zu ziehen – gegen eine normale selbstschuldnerische Bürgschaft ohne die Möglichkeit, Geld auf „erstes Anfordern“ zu erhalten. Mit einer solchen normalen Bürgschaft ist dem berechtigten Sicherungsinteresse des AG vollauf genügt, so der BGH.
Die Moral von der Geschicht´: Wer als Auftraggeber in seinen Bedingungen heute noch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern verlangt, ist selbst schuld. Er verliert das Recht auf jede Sicherheitsleistung. Das ist es nicht wert — weg damit!