Notar muss nicht auf Erfordernis des Vertragsstrafenvorbehalts schon bei Beurkundung hinweisen

Urteil OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.03.2020, Az.: 18 U 133/19

 

Leitsatz:

  1. Eine Klausel in einem Immobilienkaufvertrag, wonach ein Werklohnanteil von 35.000,00 € nicht gezahlt werden muss, sofern der Verkäufer bestimmte Sanierungsleistungen nicht pünktlich fertigstellt, ist rechtlich eine Vertragsstrafe für nicht gehörige Erfüllung. Die Geltendmachung erfordert den Vorbehalt der Vertragsstrafe im Zeitpunkt der Annahme der Leistung (§ 341 Abs. 3 BGB).
  2. Der Notar, der eine solche Abrede beurkundet, muss auf diesen Umstand bei der Beurkundung nicht hinweisen.

 

Sachverhalt:

 

Der beklagte Notar beurkundete einen Immobilienkaufvertrag über ein Mehrfamilienhaus. Die Parteien hatten sich darauf geeinigt, dass die Verkäuferin u.a. noch Maßnahmen zum Brandschutz durchführen sollen. Bis zu deren Erfüllung sollte ein Kaufpreisanteil von 35.000,00 € noch zurückbehalten werden dürfen. Es heißt dann:

 

„Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass, sofern der Verkäufer seine vorgeschriebenen Leistungsverpflichtungen nicht fristgerecht mangelfrei erfüllt, der Käufer berechtigt ist, diese Leistungen selbst auf eigene Kosten auszuführen bzw. die Mängel beseitigen zu lassen. Der auf diese Leistungen entfallende Kaufpreisanteil in Höhe von 35.000,00 € ist in diesem Fall vom Käufer insgesamt nicht mehr zu leisten, es sei denn, es liegen nur unwesentliche Mängel vor oder es sind nur unwesentliche Teilleistungen nicht erbracht.“

 

Die Leistungen zur Beseitigung der brandschutztechnischen Mängel – und zwar vor allem die behördliche Abnahme und die TÜV-Besichtigung – wurden nicht fristgerecht erledigt, sondern wurden noch einige Zeit danach komplettiert. Die Käufer, welche im Ergebnis keine Leistungen selbst ausführen lassen mussten, zahlten den restlichen Kaufpreis von 35.000,00 € nicht.

 

Im Vorprozess wurde rechtskräftig festgestellt, dass mangels eigener Leistungen zur Mängelbeseitigung durch die Käufer der Verfall der 35.000,00 € nicht eingetreten sei. Der Vertrag sei dahin zu verstehen, dass der Verfall eigene Mangelbeseitigungsleistungen der Käufer nach Fristablauf erfordere.

 

Die Käufer verlangen nun vom beklagten Notar Schadensersatz. Man sei sich mit dem Käufer damals einig gewesen, dass die Verfallklausel allein für die Zeitüberschreitung – ohne Rücksicht darauf, ob eine Ersatzvornahme durch die Käufer veranlasst werden musste – greifen sollte. Der Notar habe diese Abrede nicht zutreffend in die Urkunde umgesetzt.

 

Entscheidung:

 

Das OLG Düsseldorf – wie zuvor das Landgericht – weist die Klage ab.

 

Es kann offenbleiben, ob der beklagte Notar den übereinstimmenden Willen der Kaufvertragsparteien nicht zutreffend beurkundet hat, oder ob die Formulierung nur unklar war, so dass jede Seite ihr eigenes, voneinander abweichendes, Verständnis hineinlesen konnte.

 

Jedenfalls fehle es an dem erforderlichen kausalen Schaden:

 

Bei der Verfallklausel handelt es sich um eine Vertragsstrafe für nicht ordnungsgemäße Leistung. Diese verlangt nach § 341 Abs. 3 BGB einen Vorbehalt bei der Annahme der Leistung.

 

Die Käufer haben eine solche Vorbehaltserklärung bei Annahme der Leistung nicht abgegeben. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass die Kaufvertragsparteien stillschweigend auf eine solche Vorbehaltserklärung verzichtet hätten.

 

Demnach hätte auch die präziseste notarielle Formulierung nichts genutzt, weil die Käufer auch dann den erforderlichen Vorbehalt vergessen hätten.

 

Den beklagten Notar traf keine Amtspflicht, die Klägerin und ihren Ehemann über das Erfordernis des Vertragsstrafenvorbehalts bei der Beurkundung zu belehren. Die Belehrungspflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Beurkundungsgesetz reicht nur so weit, wie eine Belehrung für das Zustandekommen einer Urkunde erforderlich ist, die den wahren Willen der Beteiligten vollständig und unzweideutig wiedergibt.

 

Der Notar ist dagegen nicht gehalten, ohne Rücksicht auf die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten sämtliche enthaltenen Klauseln eingehend zu erläutern. Dies würde nicht nur die notarielle Verhandlung überfrachten, sondern die Aufmerksamkeit der Beteiligten von den wesentlichen Punkten ablenken. Eine Fallgestaltung, in der es zu einer Störung der vereinbarten geschuldeten Leistungen gekommen ist und eine Erläuterung, was in einem solchen Fall genau zu tun sei, ist von dieser Belehrungspflicht nicht umfasst.

 

Anmerkung:

 

Die Entscheidung ist aus zwei Gründen interessant.

 

Sie lehrt zum einen, dass eine präzise Prüfung des kausalen Schadens zuweilen lange Beweisaufnahmen zur Frage erspart, was bei der Beurkundung Wille der Parteien war und mit welchen anderen Regelungen – unterstellt man einen noch fehlenden Konsens – beide Seiten einverstanden gewesen wären.

 

Zum anderen begrenzt das Urteil richtig die notariellen Pflichten. Man kann eine Verfallklausel vereinbaren. Wie diese später im Konfliktfall zu verwirklichen ist, liegt außerhalb der notariellen Belehrungspflicht. Dafür kann die betroffene Partei anwaltlichen Rat einholen. Es trifft zwar zu, dass der erforderliche Vorbehalt der Vertragsstrafe eine „Fußangel“ bei der Durchsetzung einer solchen Verfallklausel ist. Andererseits steht diese Hürde im Gesetz und wird vom Gesetzgeber den Parteien einer solchen Vertragsstrafenvereinbarung bewusst zugemutet. Ein gesonderte Warn- oder Belehrungspflicht über eventuelle Klippen bei der späteren Abwicklung von Leistungsstörungen würde die Leistungsfähigkeit des Notariats überfrachten. Auf alle denkbaren Eventualitäten kann eben nicht hingewiesen werden.

 

Das Urteil überzeugt daher.

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