Baurecht–Verschulden eines Mangels
BGH, Urteil vom 27.4.2016 — Aktenzeichen: VII 105/14
Leitsatz
Es entspricht der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (z.B. Urteil vom 25.02.2016, Az.: VII ZR 210/13), dass eine vom Unternehmer nicht zu verantwortende Mangelursache diesen nicht entlasten kann, wenn er seiner Hinweispflicht nicht nachgekommen ist. Entscheidend für das Vorliegen eines Nacherfüllungsanspruchs im Werkvertragsrecht ist ausschließlich die objektive Mangelhaftigkeit des Werks. Ein Verschulden des Werkunternehmers ist nicht erforderlich. Mit dieser Frage hat sich auch das Kammergericht Berlin mit Urteil vom 15.04.2014 (Az.: 7 U 57/13) beschäftig. Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das diesbezügliche Urteil hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 27.04.2016 (Az.: VII 105/14) zurückgewiesen.
Sachverhalt
In dem Fall, den das Kammergericht Berlin zu entscheiden hatte, verlangte der Auftraggeber vom Auftragnehmer Vorschuss für Mangelbeseitigungsarbeiten, da sich ein Beschichtungsmaterial vom sich darunter befindlichen Beton gelöst hatte. Das Beschichtungsmaterial oder ein gleichwertiges Produkt ist vom Auftraggeber vorgegeben worden. Der Aufragnehmer vertritt die Auffassung, dass das Beschichtungsmaterial unter den vorhandenen „Baustellenbedingungen“ nicht schadenfrei verarbeitet werden konnte. Der Auftraggeber meinte, hierauf hätte ihn der Auftragnehmer hinweisen müssen.
Entscheidung
Das Kammergericht hat einen Kostenvorschussanspruch des Auftraggebers aus § 13 Nr. 2 Abs. 2 VOB/B angenommen. Ein Mangel hat es bereits darin gesehen, dass die (abgefallene) Beschichtung ihrer Schutzfunktion nicht gerecht werde. Der Umstand, dass es schwierig sei, das Beschichtungsmaterial mangelfrei unter Einhaltung der Verarbeitungshinweise des Herstellers zu verarbeiten, entlaste den Auftragnehmer nicht. Dies sei Gegenstand des von ihm übernommenen Risikos. Ein Mangel würde selbst dann vorliegen, wenn das Beschichtungsmaterial grundsätzlich ungeeignet gewesen wäre.
Es ist die Aufgabe des Auftragnehmers die Herstellerangaben zur Verarbeitung eines Beschichtungsmaterials unter Berücksichtigung der „Baustellenbedingungen“ zu prüfen. Wenn eine Verarbeitung des Materials an der konkreten Baustelle nicht möglich ist, hätte er den Auftraggeber darauf hinweisen müssen. Wenn dem Auftragnehmer Vorgaben fehlen, muss er selbst die erforderlichen Erkundigungen einholen. Wenn ihm Erfahrungen mit dem Beschichtungsmaterial fehlen, hätte er auch darauf hinweisen müssen.
Praxishinweis
Wie bereits erörtert, kommt es auf ein Verschulden des Unternehmers zur Bejahung eines Mangels nicht an. Ein Mangel kann auch dann angenommen werden, wenn der Unternehmer seiner Hinweispflicht nicht nachgekommen ist. Insbesondere hat der Unternehmer im Rahmen seines Fachwissens ein Produkt auf seine Geeignetheit für den Einsatz auf einer konkreten Baustelle zu prüfen. Ist ihm dieses nicht möglich, so hat er den Auftraggeber darauf hinzuweisen.