Versicherungsmaklerhaftung – Widerlegung der Vermutung beratungsrichtigen Verhaltens

OLG Naumburg, Urteil vom 30.9.2016 — Aktenzeichen: 10 U 2/16

Leitsatz
Hat ein Kunde nach Erlangung der Kenntnis der (behaupteten) unzureichenden Versicherung oder einer unzureichenden Versicherungssumme diese nicht angepasst, obwohl dies möglich war, kann er sich nicht auf die Vermutung beratungsrechtlichen Verhaltens berufen.

Sachverhalt
Der klagende Arzt schloss im Jahre 2003 einen Praxisausfall-Versicherungsvertrag mit einer Versicherungssumme in Höhe von 90.000,00 €. In den Jahren 2009 – 2012 ließ er sich vom Beklagten als Versicherungsmakler beraten. Im Jahr 2014 kam es dann zu einem Unfall des Klägers.

Der Kläger macht geltend, seine fixen Betriebsausgaben hätten im Jahr 2011 bei über 200.000,00 € gelegen. Die Versicherungssumme der Praxisausfall-Versicherung hätte daher angehoben werden müssen. Hierauf hätte ihn der Beklagte hinweisen müssen. Durch die (geringe) Versicherungssumme habe er nach dem Unfall im Jahr 2014 geringere Versicherungsleistungen erhalten, die ihm der Beklagte im Rahmen der Versicherungsmaklerhaftung zu erstatten hätte.

Der Beklagte hat geltend gemacht, der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt die Erhöhung von Versicherungssummen und Prämien gewünscht. Auch nach Eintritt des Unfalls im Jahr 2014 habe der Kläger die Versicherungssumme nicht angepasst.

Entscheidung
Der Senat hat festgestellt, dass es an der erforderlichen Kausalität der behaupteten Pflichtverletzung für den geltend gemachten Schaden fehlt. Zwar trifft grundsätzlich dem Makler die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Geschädigte sich über die aus der Aufklärung und Beratung folgenden Verhaltensempfehlungen hinweg gesetzt hätte und deshalb der Schaden auch bei vertragsgerechter und pflichtgemäßer Aufklärung und Beratung eingetreten wäre (BGH, Urteil vom 23.10.2014, Az.: III ZR 82/13). Die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens gilt allerdings nur, wenn nach der Lebenserfahrung bei vertragsgemäßer Leistung des Beraters lediglich ein bestimmtes Verhalten nahegelegen hätte (BGH, Urteil vom 21.07.2005, Az.: IX ZR 49/02). Da der Kläger unstreitig, auch nachdem er von der von ihm behaupteten zu geringen Versicherungssumme Kenntnis erlangt hat, die Versicherungssumme in der Praxis-Ausfallversicherung nicht seinen fixen Betriebskosten angepasst hat – was die Zahlung höherer Prämien bedeutet hätte –, hat der Kläger gezeigt, dass er dies auch vor Eintritt des Versicherungsfalls nicht gewünscht hätte. Die Vermutung beratungsrichtigen Verhaltens ist widerlegt.

Praxishinweis
Die Entscheidung des OLG Naumburg zeigt nochmals eindeutig, wie sich in vielen Fällen der Versicherungsmaklerhaftung die zu Ungunsten des Maklers angenommene Vermutung beratungsrichtigen Verhaltens durch das eigene Verhalten des Kunden/ Versicherungsnehmers widerlegen lässt.

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