Verjährung von Patientenansprüchen

OLG Saarbrücken , Urteil vom 2.3.2014 — Aktenzeichen: 1 W 37/13

Sachverhalt
Die Klägerin begehrte Prozesskostenhilfe für eine auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gerichtete Klage gegen ihre ehemaligen Behandler. Im Jahr 2006 befand sie sich bei diesen in gynäkologischer Behandlung. Noch im gleichen Jahr verstarb ihr Kind.

Mit Schreiben vom 05.01.2007 machten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin etwaige Ansprüche bei der Beklagtenseite geltend. Ihnen wurde vorgeworfen, fehlerhaft von einer stationären Einweisung abgesehen zu haben.

Nachdem erst im Jahr 2009 Strafanzeige erstattet wurde, holten die Ermittlungsbehörden ein Sachverständigengutachten ein, dessen Ergebnis im Februar 2011 vorlag. Das Verfahren vor dem Landgericht Saarbrücken leitete die Klägerin erst im Jahr 2013 ein und stützte dabei ihre Ansprüche auch auf andere Vorwürfe, insbesondere den Fall einer fehlerhaften Befunderhebung. Das Landgericht versagte der Klägerin die begehrte Prozesskostenhilfe.

Entscheidung
Das OLG Saarbrücken bestätigte die Entscheidung des Landgerichts, da ihre Ansprüche jedenfalls verjährt waren.

Die Verjährungsfrist von drei Jahren beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit Schluss des Jahres, in dem der Geschädigte Kenntnis von der Person des Schädigers und den anspruchsbegründenden Tatsachen erlangt.

Nach Auffassung des OLG bestand die maßgebende Kenntnis von den anspruchbegründenden Umständen bereits am 05.01.2007, als ihre Prozessbevollmächtigten erstmals Ansprüche erhoben. Kenntnis vom Schaden liegt nicht schon dann vor, wenn dem Patienten der negative Ausgang einer ärztlichen Behandlung bekannt ist, aber jedenfalls dann, wenn Kenntnis davon besteht, dass sich in dem Misslingen der ärztlichen Tätigkeit das Behandlungs- und nicht das Krankheitsrisiko verwirklicht haben könnte.

Dabei hat das OLG auch beachtet, dass diese Kenntnis erst vorhanden ist, wenn dem Aspruchsteller Tatsachen vorliegen, die den Schluss auf ein schuldhaftes Fehlverhalten zulassen, weil ihm nur dann die Erhebung einer Schadensersatzklage, wenn auch nicht risikolos, zumutbar ist. Vorliegend konnte dies bereits für das Jahr 2007 bestätigt werden, weil die Prozessbevollmächtigten der Klägerin bereits im Schreiben vom 05.01.2007 den entscheidenden Vorwurf der fehlerhaften Behandlung in Form unterlassener stationärer Einweisung zur Operation erhoben haben. Das Wissen der Prozessbevollmächtigen müsse sich die Klägerin jedenfalls zurechnen lassen. Selbst wenn man hiervon nicht ausginge, hätte die Klägerin nach Kenntnisnahme des Anspruchsschreibens vom 05.01.2007 die maßgebliche Kenntnis erhalten, welches die Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugeleitet hat.

Eine andere Beurteilung der Angelegenheit folgt auch nicht daraus, dass sich die Anspruchsbegründung später auch auf einen anderen Behandlungsfehler stützte, der zuvor noch nicht thematisiert worden war, sondern erst durch Einholung des Sachverständigengutachtens im Ermittlungsverfahren offenbar wurde. Zwar ist die Frage der Verjährung grundsätzlich für jeden Fehler gesondert zu beurteilen. Dies gilt nach Auffassung des OLG Saarbrücken jedoch nicht, wenn der später erhobene Vorwurf einer unzureichenden Untersuchung nur den Primärvorwurf stützt, der vorliegend in der unterlassenen Einweisung zur Operation lag. Die Erhebung des fehlenden Befundes und korrekte Auswertung hätte nämlich die Einweisung zur Operation zur Konsequenz haben müssen.

Eine selbständige Pflichtverletzung mit eigenen Verjährungsfristen liegt dann nach Auffassung des OLG nicht vor.

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