Erbringung einer Betreuungsleistung für einen anderen ohne Vergütung: Abgrenzung eines Gefälligkeitsverhältnis von einem Auftragsverhältnis
OLG München, Urteil vom 21.12.2017 — Aktenzeichen: 23 U 3519/16
Leitsatz
Es besteht ein Geschäftsbesorgungsvertrag im Sinne der §§ 662 f. BGB zwischen dem Leistungsempfänger und dem Leistenden, wenn der Leistungsempfänger dem Leistenden umfassende Vollmacht erteilt, ihn in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten zu vertreten, soweit gesetzlich zulässig, insbesondere sein Vermögen und seine Einkünfte zu verwalten. Aufgrund dessen stehen objektiv erkennbar für den Leistungsempfänger ganz wesentliche Interessen auf dem Spiel und er vertraut ersichtlich auf eine umfassende und ordnungsgemäße Verwaltung seiner Einkünfte und seines Vermögens durch den Leistenden.
Sachverhalt
Der Kläger macht Ansprüche gegen den Beklagten aus einer angeblich pflichtwidrigen Betreuung gelten. Dem Beklagten war eine Vorsorgevollmacht seitens der Betreuten erteilt worden. Der Beklagte tätigte im Rahmen dieser Vorsorgevollmacht mehrere Geschäfte, wie zum Beispiel einen Pflegevertrag mit dem Kläger. Zudem verwaltete der Beklagte das Vermögen der Betreuten. Eine Vergütung erhielt er hierfür nicht. Der Beklagte hat sich auf den Standpunkt gestellt, es läge lediglich ein Gefälligkeitsverhältnis zwischen ihm und der Betreuten vor, weshalb Ansprüche der Betreuten ihm gegenüber – diese macht der Kläger aus abgetretenem Recht geltend – nicht bestünden.
Entscheidung
Das Oberlandesgericht München kommt zu dem Ergebnis, dass zwischen dem Beklagten und der Betreuten nicht nur ein Gefälligkeitsverhältnis, sondern ein Auftragsverhältnis bestand. Allein der Umstand, dass keine Vergütung vereinbart war, führt nicht dazu, dass keine Geschäftsbesorgung mit den entsprechenden Pflichten vereinbart war. Für die Annahme eines bloßen Gefälligkeitsverhältnis war anhand objektiver Kriterien und auch für den Beklagten erkennbar, dass die Möglichkeit, auf die wesentlichen Interessen der Betreuten einzuwirken, nicht lediglich eine Gefälligkeit darstellt und somit eine vertragliche Bindung im Sinne eines Geschäftsbesorgungsvertrages nach den §§ 662 f. BGB zustande gekommen ist. Hiernach haftet der Beklagte dann als Beauftragter für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit. Dabei sind die Maßstäbe, die grundsätzlich an einen Betreuer zu stellen sind, auf das Geschäftsbesorgungsverhältnis anzuwenden.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist das OLG München gleichwohl zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beklagte nicht wegen nichtgezahlter Pflege- und Unterbringungskosten haftbar gemacht werden kann. Den Pflege- und Unterbringungskosten stand ein gleichwertiger Vermögenswert für die Betreute, nämlich die Nutzung der Pflegeeinrichtung, gegenüber, so dass der Betreuten kein Schaden entstanden ist.
Der Beklagte haftet der Betreuten aber in einem anderen Punkt, nämlich, weil er das Vermögen und die Einkünfte nicht ordnungsgemäß verwaltet hat. Über eine nicht unerhebliche Summe konnte der Beklagte den Nachweis nicht erbringen, dass diese zugunsten der Betreuten verwendet wurde. In diesem Umfang wurde der Beklagte zum Schadensersatz verurteilt.