Bauüberwachung von Abdichtungs- und Isolierungsarbeiten

OLG Koblenz, Urteil vom 20.12.2012 – Aktenzeichen: 1 U 926/11; BGH, Beschluss vom 05.02.2015 – Aktenzeichen: VII ZR 13/13

Leitsatz
1. Der bauüberwachende Architekt hat die Übereinstimmung der Ausführung des Objekts mit der Baugenehmigung, den Ausführungsplänen und den Leistungsbeschreibungen sowie den anerkannten Regeln der Baukunst/Technik und den einschlägigen Vorschriften zu überprüfen sowie das Koordinieren der an dem Baugeschehen fachlich Beteiligten durchzuführen. Als örtlicher Bauführer muss er die Baustellen und die dortigen Unternehmer oder Handwerker „im Griff“ haben.

2. Der Umfang der Bauaufsichtspflicht, also insbesondere die Häufigkeit der Baustellenbesuche, kann weder sachlich noch zeitlich generell bestimmt werden, sondern richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Handwerkliche Selbstverständlichkeiten, deren Beherrschung durch den Bauunternehmer vorausgesetzt werden kann, sind im Zweifel nicht zu überwachen.

3. Der bauüberwachende Architekt muss sein Augenmerk allerdings auf schwierige oder gefahrträchtige Arbeiten richten, wobei Isolierungs- und Abdichtungsarbeiten, Dach- und Dacharbeiten allgemein zu den besonders kritischen Bauabschnitten zählen.

Sachverhalt
Der Kläger ist Bauherr und hat gegen den von ihm mit der Bauüberwachung beauftragten Architekten auf die Zahlung von Schadenersatz geklagt. Das ausführende Unternehmen verwendete anstatt der ausgeschriebenen Dübel „No-Name-Dübel“. Der Abstand der Lattung überstieg den im Leistungsverzeichnis vorgesehenen. Außerdem kam es zu Feuchtigkeitsschäden an einer Attika des Neubaus. Bei sämtlichen Mängeln handelt es sich um Ausführungsfehler. Der Kläger verlangt die Kosten zur Beseitigung der Mängel.

Entscheidung
Mit Urteil vom 20.12.2012 hat das OLG Koblenz dem Kläger Recht gegeben. Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 05.02.2015 zurückgewiesen.

Zwar muss ein mit der Bauüberwachung beauftragter Architekt einfache, gängige Arbeiten nicht besonders überwachen. Schwierige oder schadenträchtige müssen hingegen intensiv überwacht werden. Insbesondere bei Isolierungs- und Abdichtungsarbeiten sowie Dachdecker- und Dacharbeiten handelt es sich um solche schwierigen schadenträchtigen Arbeiten, die einer besonderen Überwachung bedürfen. Bei einer ausreichenden Überwachung wäre es dem Architekten möglich gewesen, sämtliche Mängel bei ihrer Entstehung zu entdecken.

Praxishinweis
Ein mit der Bauüberwachung beauftragter Architekt haftet gesamtschuldnerisch mit dem ausführenden Unternehmen, dessen Ausführungsfehler er im Rahmen der Bauüberwachung nicht entdeckt hat. Im Innenverhältnis zwischen Architekt und ausführendem Unternehmen enthaftet den ausführenden Unternehmer die Behauptung nicht, er sei nicht ausreichend überwacht worden. Gegebenenfalls hätte also ein ausführender Unternehmer einen Großteil des entstandenen Schadens zu tragen. Hierbei kommt es selbstverständlich auf den jeweiligen Einzelfall an.

In jedem Fall empfiehlt es sich, ein Bautagebuch zu führen, um im Nachhinein nachweisen zu können, in welchem Umfang eine Überwachung vorgenommen worden ist.

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