Arzthaftung in der teilprivatisierten JVA
LG Offenburg, Urteil vom 17.4.2013 — Aktenzeichen: 6 O 208/12
Leitsatz
Der Betrieb einer medizinischen Abteilung innerhalb einer Justizvollzugsanstalt durch ein privates Unternehmen begründet keine privatrechtlichen Vereinbarungen zwischen dem Unternehmen und den Strafgefangenen. Die Gesundheitsfürsorge bleibt auch bei Betrieb durch private Dritte eine hoheitliche Aufgabe.
Sachverhalt
Der Kläger war als Strafgefangener in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht. Aufgrund von Gesundheitsproblemen begab er sich in die medizinische Abteilung, die mittlerweile durch ein privates Unternehmen betrieben wird.
Nach Abschluss der Behandlung behauptete der Kläger einen Behandlungsfehler und verlangte vom Privatunternehmer, dessen angestellte Ärzte den Kläger behandelt hatten, Schmerzensgeld und Schadensersatz, da dieser für etwaige Behandlungsfehler einzustehen habe.
Entscheidung
Das LG Offenburg wies die Klage wegen fehlender Passivlegitimation des Unternehmens ab.
Es hat festgestellt, dass die Ausübung eines öffentlichen Amtes im Sinne von Artikel 34 GG auch durch eine Person des Privatrechts erfolgen kann, wenn ihr die Wahrnehmung spezifischer hoheitsrechtlicher Funktionen anvertraut ist. Dies sei hier der Fall, da es sich bei der Gesundheitsfürsorge für Strafgefangene um eine hoheitliche Aufgabe handele. Aus den §§ 56 und 58 Strafvollzugsgesetz ergebe sich die Pflicht des öffentlichen Trägers einer Justizvollzugsanstalt, für die Inhaftierten zu sorgen. Deswegen bestehe zwischen den Gefangenen und dem Träger der JVA ein öffentlich-rechtliches Unterordnungsverhältnis. Daran ändere sich nichts dadurch, dass das Land per Gesetz entschieden habe, dass einzelne Teile des öffentlich-rechtlichen Aufgabenspektrums auf private Unternehmer übertragen werden können.
Hieraus folgt nach Auffassung des LG Offenburg insbesondere nicht, dass durch die Behandlung zwischen den Gefangenen und dem privaten Betreiber eigene privatrechtliche Vertragsverhältnisse entstehen. Ansprüche von Gefangenen sind daher — wie auch vor der Teilprivatisierung — gegenüber dem Staat geltend zu machen.