Überwacht der Überwacher den Überwacher?

Der Überwacher (Architekt) hat im Rahmen seiner Koordinierungspflicht zu prüfen, ob der Fachplaner seinen Pflichten zur Bauüberwachung nachkommt.

OLG Hamm, Beschl. Vom 16. März 2021 – Az.: 24 U 101/20 

 

Leitsätze:
1. Eine Überwachungsbedürftigkeit von Ausführungsleistungen kann anzunehmen sein, wenn gesundheitliche Aspekte (z.B. gesundheitsgefährdende Verschmutzungen) vorliegen (könnten). Dies  kann gelten beim Ineinandersetzen von KG-Rohren in Muffenverbindungen, wenn gleich es sich dort um eine handwerkliche Selbstverständlichkeit handeln mag.
2. In der Leistungsphase 8 ist der Architekt im Rahmen seiner Koordinierungspflicht angehalten zu prüfen, ob der Fachplaner seinen Pflichten zur Bauüberwachung tatsächlich nachkommt.

 

Sachverhalt:
Die Architekten (A) waren (u.a.) mit der Objektüberwachung (Leistungsphase 8) beauftragt worden. Der Bauherr (B) macht Schadensersatzansprüche u.a. wegen Überwachungsfehlern geltend. Hintergrund sind Reparaturkosten an erdverlegten Lüftungsrohren. In einem Kellerraum befindet sich eine De-/Entlüftungsanlage für den Wintergarten. Aus diesem Kellerraum gehen zwei Ansaugrohre durch das Erdreich für eine Strecke von etwa 15 m, bevor diese Rohre am Ende des Gebäudes wieder nach oben geführt werden. Die angesaugte Luft gelangt über die Rohre in den Technikraum des Kellers, von dort aus wird sie zur Belüftung des Wintergartens weitergeleitet. Mit der Überwachung war ein Fachplaner TGA beauftragt worden. Der Sachverständige stellt Ausführungsfehler fest, da sich im erdverlegten Teil verschobene Verbindungen und Dichtringe sowie Abplatzungen des Rohrmaterials befinden. A argumentiert, dass die Planung der Lüftungsanlage sowie die anschließende Bauüberwachung dem Fachplaner TGA oblegen habe. A sei nicht verantwortlich für einen Überwachungsfehler des Fachplaners TGA, zumal – vom Sachverständigen bestätigt – es sich bei der Verlegung von KG-Rohren um eine handwerkliche Selbstverständlichkeit handele.

 

Entscheidung:
Das OLG Hamm folgt nicht der Argumentation des A. Es möge sein, dass es sich beim Ineinandersetzen der Rohre im Muffenverbindungen um eine handwerkliche Selbstverständlichkeit handele. Die fehlerhafte Verlegung und Verbindung der Rohre könnten jedoch zu gesundheitsgefährdenden Verschmutzungen führen. Dem Architekten obliege die Koordinierungspflicht aller am Bau beteiligten Fachingenieure. Dazu gehöre im Rahmen der Leistungsphase 8, die an der Bauüberwachung fachlich Beteiligten zu koordinieren und die Bauleistung unter Mitwirkung anderer an der Planung und Bauobjektüberwachung fachlich Beteiligter unter Feststellung von Mängel abzunehmen. A hätte im Rahmen der Koordinierungspflicht prüfen müssen, ob der Fachplaner TGA seinen Pflichten tatsächlich nachgekommen ist. A habe dafür sorgen müssen, dass der Fachplaner TGA den Rohbauer bei der Erstellung der Be-/ Entlüftungsrohre überwacht und dessen Leistungen in technischer Hinsicht überprüft. Insbesondere bei Leistungen, die durch den nachfolgenden Bauablauf verdeckt würden, sei es notwendig, rechtzeitig die Leistungen zu prüfen.

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