Schadenentstehung bei Feldarbeiten

BGH, Urteil vom 24.01.2013 – VII ZR 98/12

Sachverhalt

Ein Landwirt beauftragte einen Lohunternehmer mit dem Dreschen von Lagerraps auf einem 6,44 ha großen Feld. Die Maschine des Lohunternehmers erlitt hierbei einen Schaden. Denn auf dem Feld befand sich noch ein Arbeitsgerät (Kreuzhacke), welches in die Maschine des Lohunternehmers geriet. Der Lohunternehmer verlangt Schadensersatz.

Das Oberlandesgericht hatte der Klage stattgegeben mit der Begründung, dass die auf dem Feld befindliche Kreuzhacke dem Gefahrenbereich des Landwirts zuzurechnen sei. Auch dann, wenn nicht bekannt sei, wer die Hacke dorthin verbracht habe, hätte es nämlich dem Landwirt oblegen, das Feld auf Fremdkörper, z. B. Steine, abzusuchen.

Das Urteil wurde dem BGH zur Überprüfung vorgelegt.

Entscheidung

Der BGH hob das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht zurück.

Mit der Begründung des Oberlandesgerichts konnte der Klage nicht entsprochen werden. Die Rechtslage stelle sich wie folgt dar:

1. Der Landwirt muss das ihm Zumutbare tun, um den Lohnunternehmer und seine Werkzeuge vor Schaden zu bewahren, wobei das Absuchen eines 6,44 ha großen Feldes nicht zumutbar ist:

Ein Landwirt ist nur im Rahmen des Zumutbaren verpflichtet, ein von einem Mähdrescher zu befahrendes Feld auf Gegenstände zu untersuchen, die diesen beschädigen könnten. Ohne einen greifbaren Anhaltspunkt für eine besondere Gefährdung muss ein Landwirt grundsätzlich ein größeres, vom Mähdrescher zu bearbeitendes Feld nicht daraufhin untersuchen, ob auf ihm Gegenstände liegen, die den Mähdrescher beschädigen könnten. Eine solche Untersuchung könnte sinnvoll nur durch eine sorgfältige Begehung des Feldes vorgenommen werden. Dieser Aufwand ist jedenfalls bei einem ca. 6,44 ha großen Feld nicht zumutbar. Daran ändert sich entgegen der Auffassung des 10 Berufungsgerichts nichts dadurch, dass der Mähdrescher ein Feld mit tief liegendem Raps befahren muss. Dieser Umstand mag die Gefahr erhöhen, dass Gegenstände übersehen werden. Er vermag jedoch nicht die Anforderungen an die Verpflichtung zu erhöhen, ein Feld auf gefährliche Gegenstände abzusuchen. Der Aufwand für eine solche Untersuchung dürfte noch höher sein als bei hoch stehendem Raps, weil der freie Blick auf den Boden stark erschwert ist. Er ist daher erst Recht unzumutbar. Anhaltspunkte für eine der Beklagten erkennbare konkrete Gefährdung hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.

2. Wenn weder der Landwirt noch seine Mitarbeiter die Hacke dorthin verbrachten bzw. dort vergaßen, kann dem Landwirt für das objektive Vorhandensein der Hacke kein Vorwurf gemacht werden:

 

2. Entgegen der Auffassung der Klägerin steht nicht fest, dass die Schadensursache im Verantwortungs- bzw. Gefahrenbereich der Beklagten liegt (vgl. dazu und zur Beweislastverteilung BGH, Urteile vom 22. Oktober 2008 – XII ZR 148/06, NJW 2009, 142; vom 18. Mai 1994 – XII ZR 188/92, BGHZ 126, 124; vom 17. Dezember 1992 – III ZR 133/91, NJW 1993, 1704; vom 18. Juni 1985 – X ZR 71/84, BauR 1985, 704; vom 23. Oktober 1958 – VII ZR 22/58, BGHZ 28, 251 und vom 11. Februar 1957 – VII ZR 256/56, BGHZ 23, 288). Für die Beklagte bestand keine Möglichkeit, Einwirkungen Dritter auf ihr frei liegendes Feld mit zumutbaren Mitteln zu verhindern. Das Grundstück unterlag damit nicht ihrem ausschließlichen Einflussbereich. Sie war auch weder zu einer besonderen Sicherung oder fortlaufenden Überprüfung des Feldes auf das Vorhandensein dort eventuell abgelegter Gegenstände verpflichtet noch kann ihr – wie bereits ausgeführt – angelastet werden, eine solche Überprüfung zeitnah vor dem an die Klägerin erteilten Dreschauftrag nicht durchgeführt zu haben. Das Vorhandensein der Kreuzhacke kann dementsprechend nicht allein deshalb dem Verantwortungs- und Gefahrenbereich der Beklagten zugeordnet werden, weil diese sich auf ihrem Feld befand.

3. Entscheidend war dann die noch zu klärende Frage, ob dem Landwirt das Verbringen der Hacke auf das Feld zugerechnet werden könne:

Das Berufungsurteil ist aufzuheben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das im Wege der Beweiswürdigung darüber zu entscheiden haben wird, ob davon auszugehen ist, dass Mitarbeiter der Beklagten die Kreuzhacke auf dem Feld liegen gelassen haben.

 

Anmerkung
Nach der Zurückverweisung hat das OLG Köln die Klage abgewiesen. Es war nicht bewiesen, dass dem Landwirt das Verbringen der Hacke zugerechnet werden konnte; es fehlte an einem Beweisantritt der Klägerseite:

Eine zum Schadensersatz verpflichtende Pflichtverletzung der Beklagten wäre nur anzunehmen, wenn davon ausgegangen werden müsste, dass Mitarbeiter von ihr die Kreuzhacke auf dem Feld hätten liegen lassen. Hierzu hat die Klägerin indes nicht konkret vorgetragen. Auch nach dem an die Klägerin gerichteten klarstellenden Hinweis des Senats in der Terminsverfügung vom 18.03.2013 (Bl.293 GA) hat die insoweit beweisbelastete Klägerin keinen Beweis dazu angetreten, dass Mitarbeiter der Beklagten die betreffende Kreuzhacke auf dem Feld haben liegen lassen.

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