Regress beim Kassenwechsel des Geschädigten
Bundesgerichtshof, Urteil vom 1.7.2014 — Aktenzeichen: VI ZR 391/13
Die gesetzlichen Krankenkassen stehen im Wettbewerb. Dies bedeutet, dass Versicherte die Kasse wechseln dürfen. Was passiert eigentlich mit Schadensersatzansprüchen, die nach § 116 SGB X auf die erste Krankenkasse übergegangen sind? Der BGH hat sich nun mit dieser Frage befasst.
Leitsatz
1. Bei einem Wechsel des Sozialversicherungsträgers (hier: der Krankenkasse) gehen die vom zuerst verpflichteten Sozialversicherungsträger gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X erworbenen Ersatzansprüche des Geschädigten kraft Gesetzes auf den nun zuständigen Sozialversicherungsträger über, sofern die geschuldeten Versicherungsleistungen sachlich und zeitlich kongruent sind.
2. Der nachfolgende Sozialversicherungsträger erwirbt die Ersatzforderung — auch was einen beim zuerst verpflichteten Sozialversicherungsträger eingetretenen Verjährungsbeginn anbelangt — so, wie sie sich bei dem Rechtsübergang befindet.
3. Zugunsten des Rechtsnachfolgers wirkt nur die bei seinem Rechtsvorgänger durch Verhandlungen gemäß § 203 BGB bis zum Rechtsübergang bewirkte Verjährungshemmung; ob eine Hemmung der Verjährung beim Rechtsnachfolger eintritt, hängt hingegen davon ab, ob Hemmungsgründe in seiner Person vorliegen.
4. Verjährungsverzichtserklärung, die der Schuldner nur im Verhältnis zum Rechtsvorgänger abgegeben hat, wirken grundsätzlich nicht zugunsten des Rechtsnachfolgers.
Sachverhalt
Die Klägerin, ein gesetzlicher Krankenversicherer, nimmt die Beklagten wegen eines Geburtsschadens aus übergegangenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch. Die Beklagten erheben die Einrede der Verjährung.
Der Geschädigte war nach seiner Geburt im Jahr 2000 zunächst bei der AOK B. gesetzlich krankenversichert. Diese meldete in den Jahren 2001 und 2002 bei den Beklagten bzw. deren Haftpflichtversicherer Schadensersatzansprüche an. Der Haftpflichtversicherer verzichtete erstmals mit Schreiben vom 11. März 2003 — auch im Namen der versicherten Personen — gegenüber der AOK B. bis zum 31. Dezember 2003 auf die Einrede der Verjährung, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass noch keine Verjährung eingetreten sei. Mit im Wesentlichen gleichlautenden Schreiben verlängerte er seinen Verzicht jeweils um ein weiteres Jahr, zuletzt bis zum 31. Dezember 2010.
Die Klägerin ist seit dem 17. Juni 2003 gesetzlicher Krankenversicherer des Geschädigten. Mit Schreiben vom 29. September 2010 machte sie erstmals Ansprüche gegenüber dem Haftpflichtversicherer der Beklagten geltend. Ende des Jahres 2010 verzichtete dieser ihr gegenüber bis zum 31. Dezember 2011 auf die Einrede der Verjährung, allerdings nur, soweit noch keine Verjährung eingetreten sei.
Die Klägerin verlangt von den Beklagten Ersatz für von ihr aufgewendete Behandlungskosten von 15.523,42 € und für Leistungen der Pflegekasse von 4.307,50 € sowie die Feststellung der weiteren Schadensersatzpflicht bezüglich gemäß §§ 116, 119 SGB X auf sie übergegangener bzw. übergehender Ansprüche. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.
Entscheidung
Das Berufungsgericht führt aus, die gemäß § 116 SGB X auf die Klägerin übergegangenen Schadensersatzansprüche und die im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend gemachten Ansprüche der Pflegekasse seien verjährt. Die Ansprüche auf Ersatz der Heilbehandlungskosten seien mit dem Schadensereignis zunächst auf die AOK B. übergegangen. Mit dem Kassenwechsel am 17. Juni 2003 sei der Anspruch dem Grunde nach auf die Klägerin übergegangen. Diese habe den Anspruch allerdings so erworben, wie er dem bisherigen Inhaber zugestanden habe. Die Verjährung laufe beim Kassenwechsel weiter und die Klägerin müsse sich das Wissen ihrer Rechtsvorgängerin zurechnen lassen. Nachdem seitens der Regressabteilung der AOK B. spätestens am 14. August 2001 Kenntnis von den maßgeblichen anspruchsbegründenden Umständen bestanden habe, habe zu diesem Zeitpunkt auch die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 BGB a.F. zu laufen begonnen.
Ab dem Anspruchsübergang am 17. Juni 2003 könne sich die Klägerin keine verjährungsunterbrechenden Handlungen von oder gegenüber Dritten mehr zurechnen lassen. Der nach § 116 SGB X übergegangene Anspruch und der beim Geschädigten verbleibende Restanspruch entwickelten ein voneinander getrenntes „rechtliches Schicksal“. Der AOK B. habe nur ein zeitlich begrenzter Anspruch auf Ersatz der bis zum 16. Juni 2003 entstandenen Heilbehandlungskosten zugestanden, der Klägerin ein Ersatzanspruch für die anschließend aufgewendeten Kosten. Die Hemmung der Verjährung wegen der von der AOK B. geführten Verhandlungen habe für die Klägerin am 17. Juni 2003 geendet. Ersatzberechtigt für die ab dem 17. Juni 2003 entstandenen Heilbehandlungskosten seien nur noch die Klägerin und die bei ihr angesiedelte Pflegekasse gewesen. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die AOK B. stellvertretend für die Klägerin habe verhandeln wollen bzw. hierzu ermächtigt gewesen wäre.
Die Klägerin könne sich auch nicht nach dem Gedanken des § 407 BGB auf verjährungshemmende Maßnahmen der AOK B. stützen. Sie könne sich nicht darauf berufen, dass es der AOK B. unter Umständen möglich gewesen wäre, alle Ansprüche durch einen Abgeltungsvergleich mit Wirkung für andere Sozialversicherungsträger (§ 407 BGB) zu regeln. § 203 BGB habe einen gänzlich anderen Regelungsgehalt. Auch für § 204 BGB sei anerkannt, dass einer Klage des Zedenten nach der Abtretung keine verjährungshemmende Wirkung mehr zukomme. Die Verjährungsfrist sei spätestens am 23. Juni 2007 abgelaufen. Der gegenüber der AOK B. erklärte Verzicht auf die Einrede der Verjährung entfalte keine Wirkung mehr zugunsten der Klägerin als Rechtsnachfolgerin. Den Beklagten sei es schließlich auch nicht nach § 242 BGB verwehrt, sich gegenüber der Klägerin auf die Einrede der Verjährung zu berufen.
Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche aus übergegangenem Recht auf Ersatz von Behandlungskosten verjährt sind.
Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung zutreffend zugrunde gelegt, dass die Schadensersatzansprüche, welche die Klägerin geltend macht, mit der Geburt des Geschädigten am 17. Juni 2000 zunächst dem Grunde nach vom Geschädigten auf die AOK B. übergegangen sind. Gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X geht ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens auf den Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. Bei einem Sozialversicherungsträger wie der AOK B. findet der Anspruchsübergang in aller Regel bereits im Zeitpunkt des schadenstiftenden Ereignisses statt, da aufgrund des zwischen dem Geschädigten und dem Sozialversicherungsträger bestehenden Sozialversicherungsverhältnisses von vornherein eine Leistungspflicht in Betracht kommt. Es handelt sich um einen Anspruchsübergang dem Grunde nach, der den Sozialversicherungsträger vor Verfügungen des Geschädigten schützt.
Die zunächst auf die AOK B. übergegangenen Ersatzansprüche des Geschädigten unterliegen einer dreijährigen Verjährungsfrist, die auf der Grundlage der unbeanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts spätestens am 1. Januar 2002 begonnen hat. Nach den getroffenen Feststellungen waren bei der Regressabteilung der AOK B. zu diesem Zeitpunkt die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB gegeben. Darauf kommt es an, weil in Überleitungsfällen der Fristbeginn gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB unter Einbeziehung der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 BGB zu berechnen ist, wenn sich die Verjährung nach der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB richtet.
Die deliktischen Ansprüche unterliegen ebenfalls einer dreijährigen Verjährungsfrist. Diese begann am 14. August 2001. Der Verjährungsbeginn bestimmt sich insoweit gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB nach § 852 Abs. 1 Fall 1 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung und nicht nach § 199 Abs. 1 BGB n.F. („Schluss des Jahres‟). Die nach § 852 Abs. 1 Fall 1 BGB a.F. erforderliche Kenntnis von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen lag nach den getroffenen Feststellungen spätestens am 14. August 2001 bei der Regressabteilung der AOK B. vor. Für die Verjährungsfrist als solche kommt gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB die Vorschrift des § 195 BGB n.F. zur Anwendung. Denn die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 Fall 1 BGB a.F. entspricht der Frist des § 195 BGB n.F., so dass Art. 229 § 6 Abs. 3 und § 6 Abs. 4 EGBGB nicht einschlägig sind.
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats schließt die Ungewissheit über den Umfang und die Höhe des Schadens den Beginn der Verjährung nicht aus. Vielmehr genügt die allgemeine Kenntnis vom Eintritt eines Schadens; wer diese erlangt hat, dem gelten auch solche Schadensfolgen als bekannt, die im Zeitpunkt der Kenntniserlangung nur als möglich voraussehbar waren.
Das Berufungsgericht hat unbeanstandet und rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Verjährung spätestens ab dem 15. August 2001 — gegenüber der Beklagten zu 1 — bzw. ab dem 25. Januar 2002 — gegenüber dem Beklagten zu 2 — aufgrund von Verhandlungen zwischen der AOK B. und dem Haftpflichtversicherer der Beklagten gemäß § 852 Abs. 2 BGB a.F. bzw. § 203 BGB n.F. gehemmt war.
Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Verjährungshemmung bezüglich der streitgegenständlichen Ansprüche bereits mit dem Übergang dieser Ansprüche von der AOK B. auf die Klägerin am 17. Juni 2003 geendet hat.
Mit dem Krankenkassenwechsel des Geschädigten sind seine Schadensersatzansprüche dem Grunde nach von der AOK B. auf die Klägerin übergegangen, soweit sie auf Ersatz von Behandlungskosten ab dem 17. Juni 2013 gerichtet sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats gehen bei einem Wechsel der versicherungsrechtlichen Leistungszuständigkeit nach dem Forderungsübergang die vom zuerst verpflichteten Sozialversicherungsträger gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X erworbenen Ersatzansprüche kraft Gesetzes auf den nun zuständigen Sozialversicherungsträger über, sofern die geschuldeten Versicherungsleistungen — wie im Streitfall — gleichartig sind. Bezüglich des Ersatzanspruchs tritt der nächste Sozialleistungsträger die Rechtsnachfolge des bisherigen Trägers an. Bei Rechtsnachfolge erfolgt der Anspruchsübergang auf den zweiten Sozialleistungsträger, wenn dieser zuständig wird. Der nachfolgende Sozialleistungsträger muss die Ersatzforderung in dem Zustand hinnehmen, in dem sie sich bei dem Rechtsübergang befindet. Der Gläubigerwechsel, der sich ohne Willen des Schuldners vollzieht, darf dessen Stellung grundsätzlich nicht verschlechtern. Dementsprechend erwarb die Klägerin von der AOK B. Schadensersatzansprüche des Geschädigten, für die die Verjährung an sich am 1. Januar 2002 (vertragliche Ansprüche) bzw. am 14. August 2001 (deliktische Ansprüche) begonnen hatte, bis zum Rechtsübergang am 17. Juni 2013 aber Verjährungshemmung eingetreten war.
In der Person der Klägerin war der Hemmungstatbestand des § 203 BGB nicht gegeben. Sie selbst führte keine Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände mit den Beklagten oder deren Haftpflichtversicherer, die eine (weitere) Hemmung der Verjährung zu ihren Gunsten hätte bewirken können. Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gemäß § 203 Satz 1 BGB gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert.
Bei dem Verhandeln handelt es sich — anders als beim Verzicht auf die Einrede der Verjährung — nicht um eine Verfügung des Schuldners über die Einrede. Vielmehr tritt die Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen von Gesetzes wegen ein. Die den früheren Rechtsgedanken der § 639 Abs. 2, § 651g Abs. 2 Satz 3 und § 852 Abs. 2 BGB a.F. verallgemeinernde Regelung des § 203 BGB verfolgt den Zweck, Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Verhandlungen zwischen Gläubiger und Schuldner sollen nicht unter den Druck einer ablaufenden Verjährungsfrist gestellt werden. Zugleich soll dem verhandlungsbereiten Schuldner die Einrede der Verjährung vorbehalten bleiben, während der Gläubiger von der Verwirklichung anderer verjährungshemmender oder -unterbrechender Tatbestände, insbesondere von der Einleitung gerichtlicher Verfahren, abgehalten werden soll. Eine sofortige Rechtsverfolgung würde die schwebenden Verhandlungen gefährden.
In persönlicher Hinsicht beschränkt sich auch die Hemmung gemäß § 203 BGB auf die Personen, in deren Verhältnis der Hemmungsgrund besteht. Sie wirkt insbesondere nicht zulasten anderer Gesamtschuldner oder zugunsten anderer Gesamtgläubiger, § 425 Abs. 2, § 429 Abs. 3 Satz 1 BGB. Zugunsten oder zulasten des Rechtsnachfolgers wirkt nur die bei seinem Rechtsvorgänger schon verstrichene Hemmung; ob die Hemmung bei ihm andauert, hängt hingegen davon ab, ob der Hemmungsgrund in seiner Person fortbesteht. Dies ergibt sich auch aus dem Wortlaut des § 203 Satz 1 BGB, wonach Verhandlungen „zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger“ schweben müssen.
Die Verhandlungen zwischen der AOK B. und dem Haftpflichtversicherer der Beklagten sind der Klägerin für die Zeit ab dem Forderungsübergang vom 17. Juni 2003 nicht mehr verjährungshemmend zuzurechnen.
Verhandlungen im Sinne des § 203 Satz 1 BGB können im Ausgangspunkt nur der Gläubiger und der Schuldner selbst führen. Verhandlungen durch Dritte setzen voraus, dass diese Verhandlungsvollmacht für Gläubiger bzw. Schuldner haben. Die Verhandlungen eines Vertreters ohne Vertretungsmacht können auch nicht mit verjährungsrechtlicher Rückwirkung genehmigt werden.
Die Revision vertritt den Standpunkt, dass bei der AOK B. nach dem Forderungsübergang auf die Klägerin am 17. Juni 2003 die Ermächtigung verblieben sei, Schadensersatz für die Leistungen der Klägerin zu fordern. Daher hätten die Verhandlungen der AOK B. mit dem Haftpflichtversicherer auch nach dem Forderungsübergang die Verjährung der Ansprüche der Klägerin gehemmt. Dies trifft jedoch nicht zu.
Die Revision stützt die vermeintliche Ermächtigung der AOK B. zur Geltendmachung des Schadensersatzes für die Klägerin auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach welcher der Geschädigte trotz des Übergangs seines Anspruchs auf den Sozialhilfeträger gegenüber dem Schädiger auch weiterhin zur Einforderung der Schadensersatzleistung befugt bleibt.
Der Streitfall ist aber anders gelagert als die Fälle, auf die sich die genannte Rechtsprechung bezieht. Diese Rechtsprechung beruht auf dem Zusammenspiel der Vorschriften des § 116 SGB X und des § 2 SGB XII (Nachrang der Sozialhilfe; bis zum 31. Dezember 2004: § 2 BSHG). Der Normzweck des § 116 Abs. 1 SGB X, durch den Regress beim Schädiger eine Entlastung der öffentlichen Kassen zu erzielen, und das an den Geschädigten gerichtete Anliegen des § 2 SGB XII, durch eigene Realisierung von Ansprüchen gegen Dritte eine Inanspruchnahme der öffentlichen Haushalte möglichst zu vermeiden, münden nach ihrer insoweit übereinstimmenden Zielsetzung in die Ermächtigung des Geschädigten, die Schadensersatzleistung vom Schädiger selbst einzufordern. Zu dem Zweck, Leistungen des Sozialhilfeträgers von vornherein unnötig zu machen, kommt dem Geschädigten somit ähnlich einem als Inkassoberechtigter des Neugläubigers handelnden Altgläubiger bei der Sicherungszession die Befugnis zu, den Schädiger in eigenem Namen auf die Ersatzleistung in Anspruch zu nehmen. Diese Erwägungen sind nicht auf den Streitfall übertragbar. Eine Einziehungsermächtigung der AOK B. für die Klägerin kann damit nicht begründet werden. Denn die genannte Rechtsprechung bezieht sich ausschließlich auf den Forderungsübergang auf einen Träger der Sozialhilfe, für dessen Leistungen der Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 SGB XII) gilt. An dem Forderungsübergang im Streitfall war jedoch kein Träger der Sozialhilfe beteiligt. Der Forderungsübergang erfolgte am 17. Juni 2003 zwischen der AOK B. und der Klägerin und damit zwischen zwei Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. § 4 SGB V). Die Leistungspflichten der Klägerin stehen auch nicht in einem Nachrangverhältnis zu den Leistungspflichten der AOK B., das eine Einziehungsermächtigung der AOK B. rechtfertigen könnte. Vielmehr sind die Leistungspflichten der AOK B. und die der Klägerin nach dem Krankenkassenwechsel des Geschädigten am 17. Juni 2003 zeitlich voneinander abzugrenzen.
Die Auffassung der Revision, ebenso wie die Ermächtigung des Geschädigten die öffentlichen Kassen entlaste, bewirke auch eine Ermächtigung des „ersten“ Sozialversicherungsträgers eine Entlastung des späteren Sozialversicherungsträgers, trifft nicht zu. Da die Leistungspflichten der AOK B. und der Klägerin zeitlich voneinander abzugrenzen sind, gibt es grundsätzlich keine Überschneidungen, bei denen Leistungen der AOK B. die Klägerin entlasten. Allenfalls bei Leistungen, welche die AOK B. irrtümlich als nicht mehr zuständiger Krankenversicherungsträger erbracht hat, könnte eine Einziehungsermächtigung der AOK B. eine Entlastung der Klägerin gegenüber einem etwaigen Erstattungsanspruch der AOK B. nach § 105 SGB X bewirken. Eine solche Fallgestaltung ist jedoch nicht gegeben.
Das Berufungsgericht ist auch mit Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin sich nicht nach dem Rechtsgedanken des § 407 BGB auf die Verhandlungen der AOK B. mit dem Haftpflichtversicherer der Beklagten als verjährungshemmende Maßnahme berufen kann. Zwar ist § 407 BGB gemäß § 412 BGB auf den Forderungsübergang von der AOK B. auf die Klägerin anwendbar. Es handelt sich jedoch um eine Schutzvorschrift zugunsten des Schuldners. Da es bei der Hemmung der Verjährung um Wirkungen zugunsten des Gläubigers und nicht um den von § 407 BGB intendierten Schuldnerschutz geht, ist auch der Rechtsgedanke des § 407 BGB im Streitfall nicht einschlägig.
Die Revision wendet sich außerdem erfolglos gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Verjährungsverzichtserklärungen, die der Haftpflichtversicherer der Beklagten in der Zeit nach dem Forderungsübergang vom 17. Juni 2003 gegenüber der AOK B. abgegeben hat, nicht zugunsten der Klägerin gewirkt haben.
Allerdings kann der Schuldner nach neuem Verjährungsrecht durch einseitige Erklärung auf die Einrede der Verjährung unabhängig von deren Eintritt verzichten. Im Streitfall ist gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB neues Verjährungsrecht anwendbar, weil die streitgegenständlichen Ansprüche am 1. Januar 2002 bestanden, aber noch nicht verjährt waren.
Die nach dem Forderungsübergang vom 17. Juni 2003 gegenüber der AOK B. abgegebenen Verjährungsverzichtserklärungen wirkten jedoch schon ihrem Inhalt nach nicht zugunsten der Klägerin als der neuen Gläubigerin. Die bei der AOK B. verbliebenen und die auf die Klägerin übergegangenen Anspruchsteile standen sich trotz Gleichheit des Ursprungs und der Rechtsnatur als selbständige Forderungen — weil durch die Person der Gläubiger geschieden — gegenüber, die selbständig verjährten. Ein Verjährungsverzicht kann, sofern darin nicht die Absicht zum Ausdruck kommt, den Verzicht weiteren Personen gegenüber auszusprechen, grundsätzlich nur auf den Adressaten — hier die AOK B. — bezogen werden.
Außerdem hat das Berufungsgericht festgestellt, dass der Haftpflichtversicherer die nach dem 17. Juni 2003 erklärten Verjährungsverzichte ausschließlich gegenüber der AOK B. abgegeben hat, die dabei nicht stellvertretend für die Klägerin aufgetreten ist.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Verjährungsfristen spätestens Mitte des Jahres 2007 abgelaufen sind. Nach dem Forderungsübergang auf die Klägerin am 17. Juni 2003 war kein Hemmungstatbestand mehr gegeben. Die dreijährigen Verjährungsfristen, denen die streitgegenständlichen Ansprüche unterlagen, liefen von diesem Zeitpunkt an weiter und waren daher im Jahr 2007 bereits abgelaufen.
Die Klägerin muss sich den bei der AOK B. eingetretenen Verjährungsbeginn zurechnen lassen. Geht der Ersatzanspruch von einem Sozialleistungsträger auf einen anderen über, gilt in dieser Hinsicht nichts anderes als bei dem Forderungsübergang vom Geschädigten auf den Sozialleistungsträger gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Für den Beginn der Verjährungsfrist ist ausreichend, dass der ursprüngliche Gläubiger die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB bzw. des § 852 Abs. 1 Fall 1 BGB a.F. erfüllt hat. Dann geht der Anspruch mit in Gang gesetzter Verjährung über, auch wenn die Kenntnis vielleicht gerade durch den Rechtsübergang verloren geht.
Die Beklagten sind auch durch ihren mit Schreiben vom 16. Dezember 2010 gegenüber der Klägerin erklärten Verjährungsverzicht bis zum 31. Dezember 2011 nicht gehindert, sich gegenüber der Klägerin auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Der Verzicht ist nur insoweit erfolgt, als noch keine Verjährung eingetreten war.
Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass den Beklagten nicht nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwehrt ist, sich gegenüber der Klägerin auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Die Berufung auf die Einrede der Verjährung kann zwar treuwidrig sein, wenn der Schuldner bei dem Gläubiger den Eindruck erweckt oder aufrechterhalten hat, dessen Ansprüche befriedigen oder doch nur mit sachlichen Einwendungen bekämpfen zu wollen, und den Gläubiger dadurch von der rechtzeitigen Erhebung einer Klage abgehalten hat. Eine solche Fallgestaltung ist jedoch nicht gegeben. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass die Klägerin von den Verzichtserklärungen des Haftpflichtversicherers gegenüber der AOK B. erfahren hat und dadurch in ihrem Verhalten beeinflusst wurde. Die Revision macht dies auch nicht geltend.
Der Umstand, dass der Haftpflichtversicherer der Beklagten gegenüber der AOK B. — jeweils befristet — auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat, die Beklagten sich jedoch gegenüber der Klägerin auf die in dieser Zeit eingetretene Verjährung berufen, stellt auch keinen Rechtsmissbrauch durch widersprüchliches Verhalten dar. Selbst wenn ein widersprüchliches Verhalten vorläge, wäre es nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand entstanden wäre oder besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen ließen. Da nicht festgestellt ist, dass die Klägerin von den Verzichtserklärungen des Haftpflichtversicherers gegenüber der AOK B. erfahren hat, ist kein Vertrauenstatbestand anzunehmen. In dem Verhalten der Beklagten liegt auch kein „unlösbarer Widerspruch“, der ihr Verhalten ausnahmsweise unabhängig von einem Vertrauenstatbestand als rechtsmissbräuchlich erscheinen ließe. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass die Beklagten oder ihr Haftpflichtversicherer von dem Forderungsübergang auf die Klägerin wussten, als sie die Verzichtserklärungen gegenüber der AOK B. abgaben. Die Beklagten waren daher durch die Verzichtserklärungen nicht gehindert, sich gegenüber der Klägerin auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Dass die Beklagten die Verzichtserklärungen möglicherweise bei Kenntnis von dem Forderungsübergang auf Anforderung auch gegenüber der Klägerin abgegeben hätten, vermag eine Treuwidrigkeit allein nicht zu begründen.
Zwar führt die Revision zutreffend aus, dass die Klägerin schlechter steht, als sie gestanden hätte, wenn sie schon zum Zeitpunkt des Schadensereignisses gesetzliche Krankenversicherung des Geschädigten gewesen wäre, weil die Verjährung dann erst mit Kenntnis oder grobfahrlässiger Unkenntnis der Mitarbeiter der Regressabteilung der Klägerin begonnen hätte. Auch der gebotene Schutz der Sozialversicherungsträger und deren anerkanntes Interesse an effektiven Rückgriffsmöglichkeiten rechtfertigen jedoch keine andere Beurteilung. Der Gesetzgeber hat — ausgehend von dem Grundgedanken, dass die Rechtsposition des Schuldners durch einen Forderungsübergang nicht verschlechtert werden darf — in §§ 404, 412 BGB bestimmt, dass dem Schuldner die bestehenden Gegenrechte gegenüber dem Zessionar erhalten bleiben. Davon hat der Gesetzgeber für den Forderungsübergang nach § 116 SGB X keine Ausnahme vorgesehen. Den Gerichten ist es daher verwehrt, die Gesetzesanwendung nach dem Schutzbedürfnis der Sozialversicherungsträger auszurichten, selbst wenn sie dieses Schutzbedürfnis höher bewerten wollten als den Schutz des Schuldners.
Das Berufungsgericht hat auch mit Recht angenommen, dass die von der Klägerin in gewillkürter Prozessstandschaft für die Pflegekasse geltend gemachten Ansprüche auf Ersatz für erbrachte Pflegeleistungen verjährt sind. Die Revision bringt insoweit die gleichen Angriffe vor wie bezüglich der Verjährung der Ansprüche der Klägerin aus übergegangenem Recht betreffend den Ersatz von Behandlungskosten. Aus den dargelegten Gründen haben diese Angriffe keinen Erfolg.
Da die Beklagten gemäß § 214 BGB berechtigt sind, die Leistung zu verweigern, und sich auch auf die Einrede der Verjährung berufen, ist der Feststellungsantrag der Klägerin ebenfalls unbegründet.