Planungsmangel, Ausführungsfehler, Bedenkenhinweispflicht–Wer haftet?

OLG Hamm, Urteil vom 10.12.2012 — Aktenzeichen: 17 U 107/11

Beruhen Mängel auf Planungsfehlern, Ausführungsfehlern und der Verletzung von Bedenkenhinweispflichten müssen die Verantwortungsanteile mühsam auseinanderklamüsert werden. Wie es gehen kann, zeigt die aktuelle Entscheidung des OLG Hamm.

Leitsatz
1. Auch im VOB-Vertrag hat der Auftraggeber Anspruch auf einen Vorschuss.

2. Hat der Auftragnehmer Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung, muss er diese dem Auftraggeber unverzüglich mitteilen. Dabei sind die nachteiligen Folgen und die sich daraus ergebenden Gefahren der unzureichenden Vorgaben konkret darzulegen, damit dem Auftraggeber die Tragweite der Nichtbefolgung klar wird.

3. Ein mündlicher Bedenkenhinweis kann — auch bei Geltung der VOB/B — ausreichen.

4. Ein Planungsversäumnis des Architekten geht nicht vollständig zu Lasten des Auftraggebers, wenn es an einem wirksamen Bedenkenhinweis fehlt. Insoweit kann ein Planungsfehler mit 2/3 und der fehlende Bedenkenhinweis mit 1/3 bewertet werden.

Sachverhalt
Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch wegen mangelhafter Verlegung von Pflaster geltend. Dabei hatte sich der klagende Bauherr vorab eines Architekten bedient; dieser hatte die Pflaster- und Entwässerungsarbeiten geplant. Die Planung des Architekten sah eine Sonderbauweise vor mit vielen ungewöhnlichen Einzelheiten. Der beklagte Unternehmer wies in den Baubesprechungen darauf hin, dass er die vom Architekten vorgesehene Bauweise nicht kenne und es im Übrigen für ungünstig hielte, dass dabei das Wasser in den Bodenaufbau gelangen könne. Trotzdem baute man entsprechend der Architektenplanung. Im Anschluss drang Wasser in die Konstruktion ein und führte zu erheblichen Schäden in Höhe von mehr als 400.000 €.

Im Verfahren hat ein Sachverständiger festgestellt, dass es zwar in geringem Umfang auch Ausführungsfehler gegeben habe; größtenteils beruhten die Schäden allerdings auf einer fehlerhaften Planung des Architekten.

Entscheidung
Der beklagte Unternehmer wird zu 50 % verurteilt. Das Oberlandesgericht stellt fest, dass der mündlich erteilte Bedenkenhinweis nicht hinreichend gewesen sei, um dem klagenden Bauherrn die Folgen und die Gefahren der Planung klar vor Augen zu führen. Ferner sieht das Oberlandesgericht mit dem Sachverständigen die wesentliche Ursache der Mängel und Schäden in der fehlerhaften Planung des Architekten. Der Architekt sei Erfüllungsgehilfe des Bauherrn bezüglich dessen Pflicht, dem Unternehmer mangelfreie Pläne zur Verfügung zu stellen. Deshalb rechnet das Oberlandesgericht das Planungsversäumnis des Architekten dem Bauherrn zu; dies führt dann zu einer Reduzierung der Haftung des beklagten Bauunternehmers. Da der Bauunternehmer hier nur einen unzureichenden Bedenkenhinweis gab, haftet er — so das Oberlandesgericht Hamm — zu 1/3. Nimmt man dann — so das OLG — die geringen Ausführungsfehler hinzu, komme man zu einem Gesamthaftungsanteil von 50 %.

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