Krankenhaus muss Unterlagen herausgeben
Beschluss OLG Dresden vom 19.08.2013 — Aktenzeichen: 4 U 273/13
Sachverhalt
Die Klägerin — eine Krankenkasse — begehrte aufgrund eines vermuteten Behandlungsfehlers nach dem Tod ihres Versicherten Einblick in die Behandlungsdokumentation eines sächsischen Krankenhauses. Die Witwe des verstorbenen Versicherten hat der Einsichtnahme ausdrücklich schriftlich zugestimmt.
Das Krankenhaus verweigerte die Herausgabe der Unterlagen unter Hinweis darauf, den Krankenkassen stünde nur sehr eingeschränkt ein Einsichtnahmerecht zu. Dieses sei auf dem Sozialgerichtsweg geltend zu machen. Die Voraussetzung des § 294a SGB V seien jedoch vorliegend nicht gegeben.
Das Landgericht Chemnitz wies die Klage der Krankenkasse ab, nachdem es die Erbin und Witwe des Versicherten als Zeugin angehört hatte. Diese bestätigte, die Schweigepflichtentbindungserklärung unterschrieben zu haben, erklärte aber gleichzeitig, kein eigenes Interesse an den Behandlungsunterlagen zu haben.
Entscheidung
Das OLG Dresden urteilte hingegen, dass der klagenden Krankenkasse ein Einsichtnahmerecht in die Behandlungsunterlagen zustehe. Dieses sei als Nebenrecht zu einem möglichen Schadensersatzanspruch vom Versicherten auf die Klägerin übergegangen.
Eine sachliche Differenzierung zwischen der Pflegedokumentation eines Pflegeheims und der ärztlichen Dokumentation eines Krankenhauses hat es in Abrede gestellt und stattdessen die Rechtsprechung des BGH zur Einsichtnahme in Pflegeheimunterlagen (vgl. BGH, Urteil vom 26.02.2013, AZ: VI ZR 359/11) uneingeschränkt auf den vorliegenen Fall übertragen. Nach Auffassung des OLG Dresden habe die Schweigepflicht eines Arztes oder Krankenhauses keinen höheren Stellenwert als die Pflicht zur Verschwiegenheit und zum Datenschutz im Heim.
Zudem sei es in beiden Fallkonstellationen so, dass das Geheimhaltungsinteresse des Versicherten schon deswegen entsprechend reduziert sei, weil die Krankenkasse aufgrund der Abrechnung ohnehin über die wesentlichen und relevanten Diagnosen in Kenntnis ist. Insofern sei grundsätzlich von einer mutmaßlichen Einwilligung des Versicherten auszugehen.
Auf den eigenen Willen oder Unwillen der Erbin, die Unterlagen einzusehen, abzustellen, verbiete sich hingegen. Dieser sei kein Indiz für die Feststellung des (mutmaßlichen) Willens des Versicherten.