Ingenieurvertrag: Vorverlegung des Verjährungsbeginns durch AGB ist unwirksam
BGH, Urteil vom 8.9.2016 — Aktenzeichen: VII ZR 168/15
Leitsatz
Eine AGB-Klausel im Ingenieurvertrag über die LPh 1-9, wonach die Verjährung bereits mit Ingebrauchnahme des Objektes oder Bauabnahme beginnt, ist unwirksam. Nach dem erstem Anschein liegt eine AGB bereits vor, wenn sie allgemein und abstrakt gehalten ist. Eine Teilabnahmepflicht des Auftraggebers nach LPh 8 ist ausdrücklich zu vereinbaren.
Sachverhalt
Der Kläger beauftragte den Beklagten im Jahr 2002 mit der Durchführung von Ingenieurleistungen im Umfang der LPh 1-9.
Eine Klausel dieses Vertrags lautete: „Die Verjährung beginnt mit der Abnahme der letzten nach diesem Vertrag zu erbringenden Leistung, ausgenommen ist hier ausdrücklich die LP 9 (Objektbetreuung und Dokumentation), bzw. nach Ingebrauchnahme des Gesamtobjektes.“
Das gegenständliche Gebäude wurde spätestens am 05.12.2003 in Gebrauch genommen, die Abnahme der Bauleistungen erfolgte am 20.07.2004.
Nachdem der Kläger anlässlich einer Brandschau bauliche Mängel feststellte, beantragte er im Jahr 2010 zunächst die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens und klagte anschließend im Jahr 2014 gegen den beklagten Ingenieur auf Schadensersatz in Höhe von 227.137,68 €. Der Beklagte erhob die Einrede der Verjährung.
Entscheidung
Der BGH hat schließlich festgestellt, die vorgenannte und als AGB zu wertende Klausel sei gem. § 309 Nr. 8b) ff) BGB oder jedenfalls gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
Ein Anschein für das vorliegen einer AGB ergebe sich vorliegend bereits aus der Gestaltung und Formulierung der Klausel, die weitgehend abstrakt und allgemein gehalten sei. Dem Beklagten wiederum sei es nicht gelungen, diesen Anschein zu widerlegen. Damit benachteilige der Beklagte seinen Vertragspartner unangemessen, weil auch die reine Vorverlagerung des nach § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB maßgeblichen Verjährungsbeginns auf den Zeitpunkt der Bauabnahme die Verjährung als solche unzulässig erleichtere. Denn hinsichtlich des Beklagten sei auf die Abnahme von dessen Ingenieurleistungen abzustellen, die erst nach Erbringung der LPh 9 erfolgen könne. Darüber hinaus sei der Ausschluss von LPh 9 durch die AGB nicht als Vereinbarung über eine Teilabnahme bereits nach LPh 8 auszulegen.
An dieser Entscheidung zeigen sich sehr deutlich die Tücken der LPh 9, da die Abnahme der Ingenieurleistungen regelmäßig erst dann erfolgt, wenn sämtliche Gewährleistungsansprüche gegen die ausführenden Bauunternehmer verjährt sind. Da die Verjährung — zumindest durch AGB — nicht eingeschränkt werden kann, empfiehlt es sich für Architekten / Ingenieure, eine Teilabnahme nach LPh 8 ausdrücklich zu vereinbaren.