Hersteller internationaler Produkte

LG Berlin, Urteil vom 10.2.2012 — Aktenzeichen: 19 O 263/11

Leitsatz
1. Die inländische Vertriebsgesellschaft eines ausländischen Herstellers haftet grundsätzlich nicht für Schäden, die auf einem Konstruktionsoder Fabrikationsfehler des von Ihr vertriebenen Produkts beruhen. 2. Die Produktbeobachtungspflicht der inländischen Vertriebsgesellschaft ist auch bei Konzernverbundenheit mit dem Nicht-EU-Hersteller und dem EU-Importeur grundsätzlich auf die von ihr im Inland vertriebenen Produkte beschränkt.

Sachverhalt
Der an Impotenz leidende Kläger erhielt operativ eine Penisprothese eingesetzt. Die Beklagte hatte die Prothese in Deutschland vertrieben. Produzent war die Fa. X mit Sitz in den USA. Diese führte auch die Qualitätskontrollen durch. Die Fa. X lieferte die hergestellten Protghesen anschließend an ihre europäische Tochtergesellschaft in den Niederlanden — Fa. Y. Die Beklagte, die eine Tochtegesellschaft der Fa. Y ist, erwarb von dieser die Prothese und veräußerte sie ans Klinikum, wo dem Kläger die Prothese eingesetzt wurde. Diese erwies sich jedoch als funktionsuntüchtig und der Kläger begehrte Schadensersatz aus Produkthaftung.

Entscheidung
Das LG hat Ansprüche des Klägers aus Produzentenhaftung nach § 823 BGB sowie nach § 1 Produkthaftungsgesetz verneint: Die Beklagte sei nicht Hersteller der Produkts gem. § 4 Produkthaftungsgesetz. Selbst bei konzernmäßiger Verflechtung hafte die inländische Vertriebsgesellschaft eines ausländischen Herstellers grundsätzlich nicht für Schäden, die auf einem Konstruktions- oder Fabrikationsfehler des von Ihr vertriebenen Produkts beruhten. Eine Verpflichtung des (konzerninternen) Vertriebshändlers zur eigenständigen Gefahrabwendungspflicht, d.h., die von ihm vertriebenen Produkte auf ihre gefahrenfreie Beschaffenheit zu untersuchen, bestehe ferner nur dann, wenn sich der Fehler auch ohne Überprüfung leicht und sofort erkennen lasse. So sei der vorliegende Fall jedoch nicht gelagert. Eine Haftung wegen der Verletzung von Produktbeobachtungspflichten komme ebenfalls nicht in Betracht. Die Beklagte treffe zwar eine eigene Pflicht zur Produktbeobachtung, weil sie als Importeur der Prothese diese im Inland allein vertreibe — Monopolstellung. Jedoch gehe die Produktbeobachtungspflicht bei im EU-Ausland hergestellten Produkten nur soweit, Beschwerden zu sammeln und an den Hersteller weiterzuleiten. Beschwerden seien jedoch nicht bekannt. Als Importeur der Prothese habe die Beklagte außerdem nur eine Beobachtungspflicht für den inländischen Bereich — Deutschland — getroffen, also dort, wo sie vertrieben habe. Eine Produktbeobachtungspflicht für den US-Markt bestünde nicht. Mit seiner Ansicht steht das LG Berlin nicht allein. Der BGH hat diese Rechtsprechung in seinen Entscheidungen in NJW 1994, 517 sowie NJW 1987, 312 ff. bereits manifestiert.

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